24.08.2012
„Mehr Männer in Kitas“
Wickeln soll der Praktikant bitte nicht
Von Rainer Hein, Darmstadt
An den Zahlen gemessen, trägt das
2010 gestartete bundesweite Projekt „Mehr Männer in Kitas“ auch in den
600 Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau
(EKHN) erste Früchte. So hat sich seit 2009 der Anteil männlicher
Fachkräfte unter den 5500 Kita-Mitarbeitern von 2,3 Prozent auf drei
Prozent erhöht. Auf der „Zwischenkonferenz“ der EKHN am Donnerstag
standen diese zarten Erfolge des noch bis Ende 2013 laufenden
Modellprojekts aber nicht im Fokus. Vielmehr diskutierten die rund 80
Teilnehmer in der Evangelischen Hochschule über ein Phänomen, das erst
langsam ins allgemeine Bewusstsein tritt: Generelle und meist diffuse
Vorbehalte gegenüber Männern, die manchen Erzieherinnen, Müttern und
Einrichtungsträgern als „Risikofaktor“ in Kindertagesstätten erscheinen.
Der „Generalverdacht“, Männer neigten zu grenzverletzenden Handlungsweisen und womöglich zu sexuellen Übergriffen, ist für Projektleiterin Sabine Herrenbrück ein so „brisantes Thema“, dass ihm die gesamte Konferenz gewidmet wurde. Wie die Referentin für Gleichstellung bei der EKHN, Carmen Prasse, zu Beginn sagte, hat es dazu keinen konkreten Anlass gegeben. Seit Start des Projekts sei kein einziger „Verdachtsfall“ bekanntgeworden. Dafür aber war die Projektleitung in den vergangenen Monaten immer wieder mit Fragen und Verhaltensweisen konfrontiert, die Ausdruck von Ängsten, Befürchtungen und Vorbehalte sind. Da gibt es, wie Herrenbrück erzählte, etwa die Forderung einer Mutter, dass der Praktikant in der Kita ihr Kind bitte nicht wickle. Oder die Frage einer Erzieherin, ob der junge Kollege die Mädchen zum Trösten auf den Schoß nehmen dürfe.
Auf die leichte Schulter nehmen will die EKHN den Generalverdacht jedenfalls nicht. Sie sieht darin einen Akt der Diskriminierung, und sie befürchtet, dass dadurch die ganze Kampagne für „Männer in Kitas“ Schaden nimmt, zu der auch der Wunsch gehört, Väter, Großväter und männliche Ehrenamtliche mehr einzubeziehen. Der Rede vom „Risikofaktor Mann“ setzt die Projektleitung den Grundsatz „Professionalität kennt kein Geschlecht“ entgegen. Dass gelebte Gleichberechtigung in Kitas eine Voraussetzung ist, damit das perspektivische Ziel von zumindest 20 Prozent Männeranteil in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden kann, zeigen aktuell bekanntgewordene Reaktionen betroffener Erzieher. An ihnen lässt sich erkennen, welche nachteilige Wirkung pauschale Männerkritik auf die Entscheidung für den Erzieherberuf oder auf die Ausübung haben kann. Krabel berichtete auf der Konferenz von einem langjährigen Kita-Beschäftigten, der ihm gestand, er halte sich im normalen Umgang mit Kindern schon immer zurück wegen seiner Kolleginnen.
Der „Generalverdacht“, Männer neigten zu grenzverletzenden Handlungsweisen und womöglich zu sexuellen Übergriffen, ist für Projektleiterin Sabine Herrenbrück ein so „brisantes Thema“, dass ihm die gesamte Konferenz gewidmet wurde. Wie die Referentin für Gleichstellung bei der EKHN, Carmen Prasse, zu Beginn sagte, hat es dazu keinen konkreten Anlass gegeben. Seit Start des Projekts sei kein einziger „Verdachtsfall“ bekanntgeworden. Dafür aber war die Projektleitung in den vergangenen Monaten immer wieder mit Fragen und Verhaltensweisen konfrontiert, die Ausdruck von Ängsten, Befürchtungen und Vorbehalte sind. Da gibt es, wie Herrenbrück erzählte, etwa die Forderung einer Mutter, dass der Praktikant in der Kita ihr Kind bitte nicht wickle. Oder die Frage einer Erzieherin, ob der junge Kollege die Mädchen zum Trösten auf den Schoß nehmen dürfe.
„Risikofaktor Mann“
Der Politologe Jens Krabel von der Projekt-Koordinationsstelle in Berlin hat im Rahmen einer Studie auf Basis einer repräsentativen Befragung ermittelt, dass 40 Prozent der Eltern, 34 Prozent der Kita-Leitungen und 48 Prozent der Trägerverantwortlichen zumindest schon einmal an die Gefahr eines Missbrauchs durch Erzieher gedacht haben. Gleichzeitig sprachen sich die befragten Gruppen in der überwiegenden Mehrheit grundsätzlich für männliche Fachkräfte in Kitas aus - für Krabel ein „paradoxer“ Befund.Auf die leichte Schulter nehmen will die EKHN den Generalverdacht jedenfalls nicht. Sie sieht darin einen Akt der Diskriminierung, und sie befürchtet, dass dadurch die ganze Kampagne für „Männer in Kitas“ Schaden nimmt, zu der auch der Wunsch gehört, Väter, Großväter und männliche Ehrenamtliche mehr einzubeziehen. Der Rede vom „Risikofaktor Mann“ setzt die Projektleitung den Grundsatz „Professionalität kennt kein Geschlecht“ entgegen. Dass gelebte Gleichberechtigung in Kitas eine Voraussetzung ist, damit das perspektivische Ziel von zumindest 20 Prozent Männeranteil in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden kann, zeigen aktuell bekanntgewordene Reaktionen betroffener Erzieher. An ihnen lässt sich erkennen, welche nachteilige Wirkung pauschale Männerkritik auf die Entscheidung für den Erzieherberuf oder auf die Ausübung haben kann. Krabel berichtete auf der Konferenz von einem langjährigen Kita-Beschäftigten, der ihm gestand, er halte sich im normalen Umgang mit Kindern schon immer zurück wegen seiner Kolleginnen.
„Professionalität kennt kein Geschlecht“
Wie geht man in Kitas mit solchen unkonkreten und pauschalen Mutmaßungen um? Herrenbrück räumte ein, dass beim Schutz von Mitarbeitern vor falschen Verdächtigungen „wir uns auf ein noch weitgehend unbearbeitetes Feld begeben“. Erste Anregungen dazu hat die EKHN am Donnerstag in einer Broschüre unter dem Titel „Professionalität kennt kein Geschlecht“ vorgestellt. Eine der Empfehlungen wurde auf der Konferenz sogleich verwirklicht, nämlich offensiv die Auseinandersetzung um das Thema zu suchen. Eine andere Lösungsvariante deutete Herrenbrück mit dem Hinweis an, die größten Vorurteile gegen Männer gebe es in jenen Kitas, wo keine arbeiteten.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa
Bildmaterial: dpa
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