Vorab
entschuldige ich mich bei Familienrichter a. D. Hans-Christian
Prestien, denn auf ihn persönlich trifft die Überschrift nicht zu. Er
hat sich aus meiner Sicht sehr wohl hauptsächlich um die Interessen der
Kinder gekümmert, was selbst in heutigen Zeiten eine Rarität
darstellt. Die Erkenntnisse des Beitrages auf WDR 5 in der Sendung
‘Redezeit’ zum Thema “Anwalt des Kindes” treffen hingegen die Schlagzeile haargenau.
Das
Resümee von Herrn Prestien ist nämlich die Feststellung (ab 13:02 min.),
das er erst heute sehen kann, was er und seine Kollegen bei Kindern
angerichtet haben. Der Staat
leiste sich Situationen, die hanebüchen sind und in einer hohen Anzahl
objektive Menschenrechtsverletzungen darstellen im Sinne von Artikel 8
Europäische Menschenrechtskonvention. Nach dieser Ausführung
habe jedes Mitglied dieser Gesellschaft Anspruch auf
Familienleben. Das bedeute, dass die Staaten sich verpflichtet
haben, dass Familienleben nicht gestört und nicht zerschnitten werden
darf.
Nichtsdestotrotz
war ich nicht nur erstaunt über die klaren Worte zum Thema
Sorgerecht, sondern auch über die Vorgehensweise des Richters in
Familiengerichtsverfahren. Er ist tatsächlich zu den in Trennung
lebenden Eltern nach Hause gegangen, um sich selber ein Bild von der
Situation vor Ort zu schaffen. Würden alle Familienrichter so
vorgehen, wie Herr Prestien es getan hat, wäre vielen Kindern großes
Leid erspart worden.
Zunächst möchte ich aber auf ein wichtiges Zitat hinweisen, dass das Dilemma bei Trennungen mit Kindern treffend beschreibt:
Diesen Satz formulierte der Richter am OLG Bamberg, Harald Schütz, am 10. Mai 1997 auf dem 49. Deutschen Anwaltstag.“In unserem Rechtsstaat kann es Menschen, weit überwiegend Vätern, widerfahren, daß gegen ihren Willen und ohne ihnen anzurechnendes schuldhaftes Verhalten ihre Ehen geschieden, ihnen ihre Kinder entzogen, der Umgang mit diesen ausgeschlossen, der Vorwurf, ihre Kinder sexuell mißbraucht zu haben erhoben und durch Gerichtsentscheid bestätigt und sie zudem durch Unterhaltszahlungen auf den Mindestselbstbehalt herabgesetzt werden. Die Dimension solchen staatlich verordneten Leides erreicht tragisches Ausmaß und sollte seinen Platz auf der Bühne, nicht in unserer Rechtswirklichkeit haben.” Hier
Anwalt des Kindes – Gespräch mit dem Familienrichter Hans-Christian Prestien. Moderation: Ralph Erdenberger © WDR 2010
Das
gemeinsame Sorgerecht sieht der Familienrichter a. D. Hans-Christian
Prestien nicht als “Recht” sondern als eine Sorgepflicht von Mutter
und Vater. Das Recht haben die Kinder – ein Recht auf Pflege und
Erziehung durch beide Elternteile. Und so hat er sich Zeit seines
Berufslebens und als Mitbegründer des Verbandes “Anwalt des Kindes”
dafür eingesetzt, bei Sorgerechtsprozessen das Kind in den
Mittelpunkt zu stellen, es behutsam einzubeziehen, die Eltern zu
beraten und zu verpflichten ihren Streit nicht auf dem Rücken der
Kinder auszutragen. Mehr und MP3
Mein
erster Gedanke nach dem hören war, dass es eigentlich eine
Selbstverständlichkeit sein müsste, das Familienrichter so handeln
wie Herr Prestien. Diese entscheiden mit ihren Urteilen über das
komplette Leben von Kindern.
Die erste
Selbsterkenntnis von Herrn Prestien war die Feststellung, dass man
Erfahrungen nicht aus Bücher beziehen kann. 1977 machte er zufällig
die Bekanntschaft von Herrn Prof. Klenner, den er um Hilfe bat. Prof.
Klenner meinte damals, dass er sich nicht vorstellen könne, als
Sachverständiger ein Gutachten über einen Menschen abgeben zu müssen,
den er gar nicht gesehen habe. Heutzutage glauben Gutachter
allerdings, dass 10 Minuten ausreichen, um sich ein Bild von akuten
Familiensituation machen zu können.
Herr
Prestien sieht die Tatsache, dass Richter betroffene Kinder wie
Erwachsene behandeln, als unmöglich an. Man spricht mit ihnen
und erhält vorgekaute Antworten, die sich auf die Urteile auswirken.
Er hat wahrgenommen, dass sich die Aussagen der Kinder stets auf das
berufen, was in ihrem Dunstkreis passiert. Letztendlich wäre das aber
nicht das, was Kinder wirklich wollen und fühlen. Der
Loyalitätskonflikt würde nicht berücksichtigt, weshalb die
Aussagen vor einem Richter nichts wert wären. Der Kinderschutzbund
habe bereits 1982 festgestellt, dass Entscheidungen gegen ein
Elternteil gerichtsförmige Gewalt wäre.
In einem
Beispiel erzählt Herr Prestien von einem Jungen, der bei einem
gemeinsamen Besuch bei der Mutter den Vater zunächst einmal
beschimpft habe. Als sich die beiden Männer verabschieden und aus dem
Raum gehen wollen, rennt der Junge seinem Vater hinterher und ruft:
Papa, Papa auf den Arm nehmen. Als Herr Prestien das gesehen hatte,
setze er nach Rücksprache mit Herrn Prof. Klenner den Eltern ein
Ultimatum. Er würde erst dann entscheiden, wenn einer den Nachweis
erbracht hätte, dass er entmündigungsreif sei. Derjenige, der nicht
in der Lage wäre, von seinen eigenen Interessen abzusehen und die
Bedürfnisse der Kinder nach Konfliktlösungen zu erkennen und auch
danach zu handeln, der habe bei ihm schlechte Karten.
Im
Übrigen hat Herr Prestien bei den meisten Kindern festgestellt, das
gravierende Unterschiede zwischen Körpersprache und Worte lagen und
diese in aller Regel nicht stimmig waren. Auf die Feststellung des
Moderators, dass das Vorgehen des ehemaligen Richters eine gewisse
Kompetenz erfordern würde, da dieser seine Beobachtungen nicht
wochenlang leisten könne, antwortete Herr Prestien sinngemäß, das er
Anfangs mit wackelnden Knien zu den Familien marschiert wäre. Im
Grunde genommen habe er die Kompetenz nicht gehabt und wusste ebenso
wenig, wie er damit umgehen solle.
Ich frage
mich bei dieser Aussage allerdings, ob Menschenverstand nicht der
wichtigere Faktor ist? Allerdings muss man diesen auch besitzen. Des
weiteren frage ich mich: bedeutet studiertes Fachwissen tatsächlich
Kompetenz? Ich sage: Nein, denn unzählige Urteile sprechen eine andere
Sprache.
Da Herr
Prestien immer wieder davon sprach, wie wichtig Konsens zwischen den
Eltern für Kinder sei, fragte der Moderator irgendwann, ob es nicht
auch Fälle gegeben habe, wo Kompromisse für ein Kind nicht zu erzielen
waren und deswegen schlecht seien. Diese lägen im Promillebereich und
wären nur bei Eltern mit entsprechendem Krankheitsbild vorhanden
gewesen. Da diese Fälle derartig gering seien, könne man diese nicht zum
Maßstab nehmen. Im übrigen sei der
Autoritätsverlust bei Zuordnung eines Kindes nur zu einem Elternteil
immens und würde leider sehr unterschätzt, das beträfe Väter und
Mütter.
Der Moderator findet nach den bisherigen Aussagen von Herrn Prestien die Scheidungssituation für Kinder völlig absurd. Die Rechte der Kinder würde man nicht sehen und deshalb fragt er nach einer Erklärung zu den seit Jahrzehnten dramatisch steigenden Scheidungszahlen. Herr
Prestien meint dazu, dass in der bisherigen politischen Landschaft
wenig Sensibilität dafür vorhanden war, mit welchen
Rahmenbedingungen Richter arbeiten müssten. Diese
würden im Grunde genommen noch nach Bedingungen aus dem letzten und
vorletzten Jahrhundert arbeiten. Er beanstandet weiter, dass ohne eine
entsprechende Ausbildung Richter auf die Menschheit losgelassen
würden und man erwarte von ihnen, das sie defizile
Befriedungsarbeit leisten müssten. Das wäre ein Ding der
Unmöglichkeit und die Richter aus Bielefeld wären nur deshalb so weit
gekommen, weil Herr Prof. Klenner diese entsprechend begleitet habe.
Was müsste
passieren, damit die für Kinder prekären Situationen nicht auftauchen,
will der Moderator wissen. Zunächst einmal macht Herr Prestien kurze
Werbung für seinen Verein und danach kommt der Teil, der mir überhaupt
nicht gefällt. Er will Sozialpädagogen, Psychologen und dgl. mehr
einbinden, weil diese seiner Ansicht nach mehr Ahnung haben. Das aber
genau diese Leute bisher dafür gesorgt haben, das viele Kindern
überhaupt in entsprechend prekären Situation sind, hat der gute Mann
anscheinend nicht mitbekommen. Er ist der Meinung, das z.B. ein
Verfahrensbeistand die Situation für Kinder besser beurteilen und
somit die Richter beraten könne. Allerdings bemängelt Herr Prestien,
das es keine Vorgaben für eine berufliche Qualifikation der
Verfahrensbeistände gäbe und sich der Staat somit aus der
Verantwortung ziehe.
Gegen Ende geht es dann noch um die Situation der unehelichen Kinder. Herr Prestien findet das Antragsmodell, sowie das Widerspruchsmodell falsch. In beiden Fällen müssten Eltern wieder um Rechte kämpfen, wo es doch eigentlich um ihre Pflichten gehen würde, die sie vom Tage der Geburt an hätten.
Mein Resümee
Zwar ist
Herrn Prestien klar, dass der Staat Familien schützen muss. Auch hat er
zwischendurch gesagt, dass heutzutage viel zu schnell ein Anwalt
konsultiert wird, statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Übersehen
hat er aber m.E. zum einen die riesige Helferindustrie, die ja an dem
Elend verdient. Bei einem Verfahrensbeistand ist ihm allerdings
bewusst, dass dieser immer das Ergebnis liefern wird, welches der
Richter wünscht, da er sonst kaum mit Folgeaufträge rechnen kann.
Zum
anderen scheint ihm nicht bewusst zu sein, welchen Anteil Staat und
Feminismus an der Familienzerstörung haben. Der Auftrag laut
Grundgesetz ist zwar der Schutz der Familien, diesem kommt die Obrigkeit
allerdings nicht nach. Das einzige, was der Staat zu schützen
versucht, ist die nacheheliche Solidarität. Dieses geschieht aber aus
purem Eigeninteresse, um Haushalte von Staat, Länder und Kommunen zu
entlasten.
Die einzig
sinnvolle Lösung für dieses Dilemma kann nur darin bestehen, das sich
der Staat weitestgehend aus Familien heraus hält. Nur in
Ausnahmefällen von schwerer Kindesmisshandlung soll er das Recht zum
eingreifen haben.
Trotz allem sehe ich das Interview als
Hoffnungsschimmer, denn das tragische Ausmaß von unendlichem
Kinderleid hat Herr Prestien zumindest erkannt. Deshalb finde ich es
lohnenswert, sich die Audio-Datei anzuhören. Foto 3: didi01 / Pixelio.de Foto 4: meltis / Pixelio.de
WikiMANNia: Sorgerecht • Vaterschaft • Trennungsväter • Alleinerziehende
WikiMANNia: Alleinerziehend • Audio und Video • Jugendamt • Kindeswohl
WikiMANNia: Helferinnenindustrie
http://femokratie.com/richter-kindermisshandlung/12-2010/
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