Das brandenburgische Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport hat die Jugendwohngruppe in Frehne (Amt Meyenburg)
geschlossen. Hintergrund sind Vorwürfe gegen den Leiter der Einrichtung:
Er soll seine Schützlinge mehrfach misshandelt haben.
Frehne/Potsdam.
Gegen den
Vorsitzenden des Trägervereins "Kinder- und Jugendhilfe ohne Grenzen"
laufen zurzeit mehrere Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der
Mehrfachmisshandlung von Schutzbefohlenen. „Da diese Vorwürfe nicht
eindeutig aufgeklärt werden können, sieht das Ministerium keine
Möglichkeit, dass die Einrichtung in absehbarer Zeit wieder öffnen
kann", sagte am Freitag Ministeriumssprecher Stefan Breiding auf
Nachfrage. Die Betriebserlaubnis wurde deshalb zurückgezogen.
Das Ministerium als Dienstherr des
Landesjugendamtes hatte im Juni einen Belegungsstopp verhängt, der bis
September gelten sollte. Grund waren einmal mehr Vorwürfe gegen den
Erzieher und Leiter der Einrichtung, der zugleich der Vereinsvorsitzende
ist. Er soll einen in Frehne untergebrachten 15-Jährigen misshandelt
haben. Die Polizei, Vertreter des kreislichen Jugendamtes und des
Landesjugendamtes waren vor Ort gewesen, konnten aber die Vorwürfe im
Einzelnen nicht aufklären. Die jungen Insassen wurden dann vom Landkreis
Prignitz in Obhut genommen und auf andere Betreuungsstellen verteilt.
Ein Polizeibeamter hatte in dem Zusammenhang
wegen des Verdachtes, dass die Behörde ihrer Fürsorgepflicht nicht
nachkomme, auch Anzeige gegen das Landesjugendamt erstattet.
Pressesprecher Breiding hat dazu bis jetzt keinerlei Informationen: „Die
Staatsanwaltschaft hat sich weder beim Ministerium, noch beim
Landesjugendamt gemeldet.“
Von Beate Vogel
Immer wieder Vorwürfe
Die Wohngruppe Frehne wurde als ein
integriertes Wohnprojekt für Kinder und Jugendliche betrieben. In
Trägerschaft des Vereins Kinder- und Jugendhilfe ohne Grenzen aus
Schwetzingen bei Heidelberg (Baden-Württemberg) wurden dort seit Januar
2006 maximal sechs Jugendliche im alten Gutshaus nach dem
Familienprinzip mit innewohnenden Erziehern betreut. Aufgenommen wurden
Jugendliche, die einer sozialpädagogischen Hilfestellung bedürfen, zum
Beispiel solche mit einer seelischen Behinderung, belastenden
Lebenserfahrungen oder Störungen des Sozialverhaltens.
Im April 2010 wurden sechs in der Wohngruppe
Frehne lebende Jugendliche aus der Einrichtung herausgenommen. Damals
hatte es Ermittlungen seitens der Polizei gegeben, nachdem ein Mädchen
Vorwürfe wegen Misshandlungen erhoben hatte. Ein Erzieher, der auch der
Leiter der Wohngruppe und Vereinsvorsitzender war, musste auf
Veranlassung des kreislichen Jugendamtes die Einrichtung verlassen. Nach
dem Vorfall wollte er nicht mehr dort präsent sein, um deren
Fortbestand nicht zu gefährden.
Im September 2012 musste sich der damals
48-jährige Einrichtungsleiter vor dem Amtsgericht Perleberg
verantworten. Ihm wurden zwischen 2008 und 2010 Körperverletzungen in
sieben Fällen sowie eine Freiheitsberaubung vorgeworfen. Der Beklagte
hatte die Vorwürfe bestritten. Das Verfahren wurde dann eingestellt,
weil die Jugendlichen im Prozess unterschiedliche Aussagen machten.
Im März 2013 wurde die Jugendwohngruppe in
Frehne von einer siebenköpfigen Gruppe überfallen. Zwei Bewohner, ein
Betreuer und ein Angreifer wurden verletzt. Ermittlungen zur Tat führt
das Dezernat Staatsschutz unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft
Neuruppin.
Im Juni 2013 gab es erneut Vorwürfe wegen des
Verdachtes der Misshandlung Schutzbefohlener. Alle sechs zu diesem
Zeitpunkt in Frehne untergebrachten Jugendlichen nahm das kreisliche
Jugendamt in Obhut. Das Landesjugendamt sprach einen sofortigen
Belegungsstopp aus.
Wegen Falschaussage wurde im Juni dieses
Jahres ein 18-Jähriger vom Amtsgericht Perleberg verurteilt. Der
ehemalige Bewohner des Frehner Gutshauses hatte den Eigentümer belastet,
später aber seine Aussage zurückgenommen.
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