27.06.12

Schwere Vorwürfe gegen das Jugendamt Polizei stellte das Todesdrama nach


  • Möckernschen Straße

    Verdursteter Junge Polizei stellt Todesdrama nach

    In diesem Haus in der Möckernschen Straße (Gohlis) geschah die Tragödie
    Foto: Silvio Bürger
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26.06.2012


Zurück am Ort des Dramas

Leipzig – Montag stellten Beamte der Spurensicherung mit einer lebensgroßen Puppe nach, was sich hinter der Tür jener Leipzig-Gohliser Erdgeschosswohnung abgespielt haben könnten, die seit Tagen das Jugendamt immer mehr in Bedrängnis bringt.
Es ist die Wohnung, in der am Sonntag vor eine Woche Yvonne F. (†26) und ihr kleiner Sohn Marcel (†2) tot aufgefunden wurden. Denn bisher ist nur klar: als die Drogensüchtige hinter jener Haustür starb, lebte ihr Kind noch mehrere Tage weiter. Bis der Kleine schließlich verdurstete.
Und während gestern die Polizei die „Auffindesituation rekonstruiert“, so ein Sprecher, trafen sich in der Stadtverwaltung Jugendamt, Gesundheitsamt, Drogenhilfe und Allgemeiner Sozialdienst (ASD) zur Krisensitzung.

Vor allem sucht man nach Erklärungen, warum die drogensüchtige Mutter mit ihrem Kleinkind am 10. April zum letzten Mal besucht wurde – und das Jugendamt dann acht (!) Wochen keinen Kontakt mehr zu ihr aufnahm.

Während die Verantwortlichen gestern schwiegen, meldete sich ein Jugendamtsmitarbeiter bei BILD. Er erzählt: „Schuld ist die Umstrukturierung des Betreuungssystems. Früher kannte jeder Streetworker seine Problemfälle, war mindestens alle 14 Tage in der Wohnung.
Dann wurden die Sozialbezirke verändert. Die Mitarbeiter werden ständig umgesetzt, können keine Beziehungen zum Klienten aufbauen“, sagt der Mitarbeiter, der lieber anonym bleiben möchte. „Statt vor Ort zu sein, müssen die Sozialarbeiter im Büro sitzen. Die Akten sind immer in anderen Händen. 

Heute gibt es die Eingangsmanagerin, den Fallmanager, den Sozialbezirksleiter, den Streetworker. Ich vermute, die junge Mutter wurde mindestens von fünf verschiedenen Mitarbeitern betreut.“
Und weiter: „Mit Sicherheit haben die Nachbarn die Schreie des Kindes gemeldet. Wenn jedoch jedes Mal ein anderer Mitarbeiter den Fall aufnimmt, wirkt das nicht dramatisch.“

Am Mittwoch will sich das Jugendamt erneut vor der Presse äußern. Die Grünen haben das Thema inzwischen in die nächste Stadtratssitzung (18. Juli) gehoben.


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