Justizministerin zur Anonymität
"Der Rechtsstaat muss Internet-Pöbeleien aushalten"
Von Ole Reißmann
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Das Telemediengesetz verpflichtet Anbieter, grundsätzlich die anonyme oder pseudonyme Nutzung zu ermöglichen - sofern die technisch machtbar und zumutbar ist.
Im Gegensatz zur vollkommen anonymen Nutzung ist ein Nutzer mit Pseudonym dem Anbieter eines Webdienstes namentlich bekannt, zum Beispiel bei Ebay. Die Ministerin wies daraufhin hin, dass Betreibern in vielen Fällen eine Nutzung ohne Klarnamen zugemutet werden können, weil sie vor unkalkulierbaren Risiken geschützt seien, durch die Regelungen zur Providerhaftung im Telemediengesetz sowie zur Störerhaftung im Zivilrecht.
Ein Verbot von Anonymität und Pseudonymität hieße, "gerade die Minderheitenmeinungen verstummen zu lassen, die eine liberale, pluralistische Gesellschaft erst ausmachen". Ein Verbot wäre daher in Deutschland auch verfassungsrechtlich "hoch problematisch". Das Grundgesetz verknüpfe die Meinungs- und Redefreiheit "gerade nicht mit der Vorgabe, dies stets unter Angaben des eigenen Namens zu äußern."
Pöbeleien gebe es nicht erst, seitdem es Blogs und Foren gebe. In den Straßen, auf Marktplätzen und Foren werde "ganz anonym aus der Menge heraus krakeelt und gespottet", so die Ministerin. "Für ein Mehr an Freiheit durch das Internet" müsse man mit "gelegentlichen anonymen Entgleisungen leben können."
Streit mit dem Innenministerium um Vorratsdaten
Nicht nur beim Identitätszwang im Internet vertritt die liberale Ministerin eine andere Meinung als viele ihrer Unionskollegen. Derzeit streitet sie mit dem Innenministerium um die Speicherung von Vorratsdaten.
Die Europäische Union drängt auf ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zu Vorratsdatenspeicherung. Nachdem ein erster Anlauf vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 kassiert worden war, streitet sich die Koalition um eine Neuregelung. Vor diesem Hintergrundmüssen die Forderungen nach anonymer Netznutzung gesehen werden.
Friedrich fordert stattdessen eine verdachtsunabhängige, sechsmonatige Speicherdauer. Er will die Provider außerdem zur Speicherung von E-Mail-Kontakten verpflichten. Anbieter Anonymer Telefondienste sollen protokollieren, wann diese Dienste das erste Mal in welcher Funkzelle genutzt werden. Und er will die Geheimdienste auf all diese Daten zugreifen lassen.
Quelle: Spiegel online
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