Rahmenbedingungen – Überlegungen
Unsere Umgangsregelung für die drei Kinder, die Tochter (14), den älteren Sohn (12) und den jüngeren Sohn (8), die wir seit September 2007 praktizieren und die kontinuierlich weiter entwickelt und durch Mediation begleitet wurde, hat sich bewährt, wie auch im Gutachten von Prof. K. bestätigt wurde.
Die Kinder haben ihre regelmäßigen Prozessmuster des Alltags mit sicherem und intensivem Kontakt zu ihren wichtigen Bezugspersonen Vater und Mutter. Sie müssen sich nicht für einen Elternteil und gegen den anderen Elternteil entscheiden, was ihrem natürlichen Grundbedürfnis nach Vater und Mutter entspricht. Der Lebensmittelpunkt der Kinder liegt in ihnen selbst und nicht bei der Mutter oder bei dem Vater.
Die Kontinuität der Wohnumgebung, der Spielkameraden und ihrer Beschäftigungen wurde weitgehend geschützt.
Vor allem in der Anfangsphase waren begleitende Mediation und Beratung notwendig, um die Fragen der Prozessabstimmung der alltäglichen Abläufe zu lösen. In der Mediation wurde das Modell: „Die Kinder haben zwei Zuhause“ verwandt. Mittlerweile haben sich die Abläufe recht gut eingespielt.
Die Elternteile können ihren jeweiligen erzieherischen Einfluss ausüben. Dabei gibt es Bereiche, wo eine gute Akzeptanz und Übereinstimmung herrscht und Bereiche, in denen das jeweilige Ziel nicht vom anderen Elternteil unterstützt wird, was aber in jeder Familie vorkommt. Die Kinder sind bei elterlichen Konflikten nun weitestgehend ausgeschlossen und erleben die Belastung nicht mehr. Auch in nicht getrennten Familien werden Konflikte ausgetragen. Eine völlig konfliktfreie Familie gibt es nicht.
Da wir uns in verantwortlicher Weise darum bemühen, eine Umgangsweise zu finden, die dem Kindeswohl in der Trennungssituation am besten entspricht, möchte ich mich, auf der Grundlage meines fachlichen Hintergrundes als Psychologischer Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche, dabei auch daran orientieren, was die aktuelle Forschung zu dieser Thematik ergeben hat.
In der führenden Fachzeitschrift „Journal of Family Psychology“ der American Psychological Association wurde 2002 eine Überblicksstudie zu 33 wissenschaftlichen Studien zum Doppelresidenz-Modell veröffentlicht, in der der aktuelle Stand der Forschung zusammengefasst wurde.
Dabei konnten u. a. folgende Erkenntnisse festgestellt werden:
- „ Kinder in Doppelresidenz oder gemeinsamen Sorgerecht waren besser angepasst als Kinder in einer Ein-Elternteil-Regelung, aber nicht anders als die in ungetrennten Familien.“
- „Die positivere Anpassung von Doppelresidenz- und Gemeinsames-Sorgerecht-Kindern bestätigen sich für einzelne Vergleiche von allgemeiner Anpassung, Familienbeziehungen, Selbstschätzung, emotionaler und Verhaltensanpassung und Anpassungen, die spezifisch für Scheidungen gelten.“
- “Doppelresidenz-Kinder zeigen eine bessere Anpassung in den Eltern-Beziehungen und verbrachten signifikant mehr Zeit mit dem Vater, was mehr Gelegenheiten für eine Respekt fördernde Erziehung ermöglichte..“
- „Die hier überprüften Forschungen unterstützen nicht die Behauptungen von Kritikern der Doppelresidenz, die Doppelresidenz-Kinder würden öfter höheren Ausmaßen von Konflikten ausgesetzt werden oder einem höheren Risiko hinsichtlich Anpassungsproblemen ausgesetzt sein, weil sie sich an zwei Haushalte anpassen müssen oder sich “zerrissen” fühlen zwischen ihren Eltern.“
- „Doppelresidenz- und gemeinsames Sorgerecht-Regelungen erweisen sich im Durchschnitt nicht als schädlich für Aspekte des Wohlseins der Kinder und können in Wirklichkeit vorteilhaft sein. Dieses weist darauf hin, dass Gerichte Eltern nicht entmutigen sollen, eine Doppelresidenz zu versuchen.“
Die Kinder nehmen eine gute schulische Entwicklung und entdecken und entfalten ihre sonstigen Begabungen in der Betreuung durch beide Elternteile. Sie gehören zu den Klassenbesten in Grundschule und Gymnasium. Die Fortführung dieser Betreuung entspricht dem Interesse und dem Wohl der Kinder und erfordert die Aufrechterhaltung der Bedingungen und ihre finanzielle Ausstattung.
Die finanzielle Ausstattung
In der gerichtlichen Auseinandersetzung geht es um die finanzielle Ausstattung dieser am Kindeswohl orientierten Umgangsregelung.
Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss vom 22.03.2011 unter Punkt 2cc festgestellt:
„Das Gericht berücksichtigt „im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine weiteren Abzüge für den Umgang des barunterhaltspflichtigen Antragsstellers mit den Kindern, deren Schwerpunktaufenthalt ist bei der Mutter. …..Umstritten ist auch die Ausstattung mit Kleidung und Spielzeug. Auch hier sind eventuelle freiwillige Anschaffungen des Antragstellers nicht zu berücksichtigen.“
Im Folgenden möchte ich nun darstellen, dass der Umgang mit den Kindern in dem hier vorliegenden Umfang natürlich Aufwendungen für Förderung, Spielzeug, Kleidung, etc. erfordert, da es nicht denkbar ist, dass diese in der Hälfte der Ferien und von donnerstags bis samstags, bzw. sonntags keinerlei Räume, Einrichtung, Spielzeug, Förderung, etc. benötigen.
Daher ist eine Aufteilung des für die Kinder zur Verfügung stehenden Budgets in deren Interesse. In den „Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), der Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken, Stand 1.1.2010, heißt es dazu in Abschnitt 15.2:
„Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, kann im Einzelfall ein Betreuungsbonus angesetzt werden.“
Um meine durch Art.6 Abs. 1,2 Grundgesetz geschützte Lebens – und Erziehungsgemeinschaft ausüben zu können, muss sichergestellt sein, dass den Kindern auch während des Aufenthaltes bei mir ausreichender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung steht. Auch wenn das Sozialrecht sich vom Familienrecht unterscheidet, so wird doch in der dort getroffenen Definition der Leistungspflicht des Staates gegenüber dem Bürger aus einer grundrechtlichen und kindeswohlorientierten Perspektive eine Orientierung gegeben.
So wurden z.B. beim Sozialgerichtsurteil (SG Kassel S 10 AS 53/09) einem Empfänger von SGB II – Leistungen für den Umgang mit einem Kind an drei Wochenenden im Monat, also in deutlich geringerem Umfang als in unserem Fall, 15 qm weiterer Wohnraum zugestanden und entsprechende Kosten erstattet. Dieser Entscheidung folgend gehe ich bei den folgenden Berechnungen von einem Bedarf von je 15 qm für ein Kind, also in der Summe von 45 qm Wohnraum aus.
Mein Lösungsvorschlag ist, dass ein Modus Vivendi auch im Bereich der finanziellen Ausstattung gefunden wird, durch den die Gestaltung des Umgangs sowohl bei der Mutter als auch beim Vater zum Wohle der Kinder in gleicher Weise fortgesetzt werden kann.
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