Am 05.06.2012 finden um 11.15 Uhr im Amtsgericht Köln
die ersten Amtshaftungsklagen gegen ein Landesjugendamt statt. Die
beiden Klägerinnen geben an, dass sie im Kinderheim zahlreiche Verstöße
gegen die Grundrechte erleiden mussten. Sie sind der Meinung, dass die
Behörde Kenntnis hätte haben müssen – und dies auch hatte – von
zahlreichen Misshandlungen, der von den Kindern zu leistende Arbeit und
sowie von den sexuellen Übergriffen.
Gegen die Auffassung der Gegenseite (Landesjugendamt als
Aufsichtsbehörde der damaligen Heime), dass die Taten verjährt sind und
diese Frist auch nicht verlängert werden kann, wird von dem Anwalt der
Betroffenen angeführt, dass die Betroffenen unter einer Traumatisierung
bzw. Retraumatisierung litten und daher nicht in der Lage waren, ihre
Ansprüche gegen das Landesjugendamt geltend zu machen. Sie litten unter
posttraumatischen Belastungsstörungen (PBS), was zur Verdrängung der
damaligen Ereignisse führte und somit die Verjährung hemmte.
Hinzu kommt, dass die Verjährung auch dadurch gehemmt sein dürfte,
dass die Betroffenen nicht etwa in einem Einzelfall, sondern
systematisch entsprechend behandelt worden sind. Die Frage ist außerdem,
ob dadurch nicht sogar als Rechtsfolge die fehlende Verjährbarkeit
aufgrund einer Parallele zur sogenannten Radbruch’schen Formel greift.
Dies ist nach Meinung des Anwaltes deshalb notwendig, jedenfalls aber
möglich, weil das systematische Unrecht in einem Rechtsstaat geschehen
ist, nicht „lediglich“ in einem Unrechtssystem. Nach dieser Auffassung
muss der Rechtsstaat, um nicht zu einem Unrechtsstaat zu werden, genau
diese Grenze einhalten, er darf sich also nicht durch die Verjährung vor
solch einer Verantwortung in Fällen elementaren Unrechts schützen
dürfen.
Die Höhe der Forderungen sind in beiden Fällen auf 54.000 Euro
angesetzt. Sollte das Gericht den Argumenten der Klägerinnen folgen und
davon ausgehen, dass die Verjährung durch die fehlende Möglichkeit der
früheren Klageerhebung gehemmt war, müsste es ein Gutarchten in Auftrag
geben, um dies herauszufinden.
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