15.11.12

Das Baby, die Hells Angels und der Streit ums Sorgerecht in Bottrop

27.08.2012 | 19:14 Uhr
Das Baby, die Hells Angels und der Streit ums Sorgerecht in Bottrop
Dieter P. will sein Baby zurück. Deshalb ging er vor dem Familiengericht gegen die Inobhutnahme des kleinen Mädchens vor. Er bekam Recht.Foto: Birgit Schweizer
 
Bottrop.   Das Jugendamt wollte das Sorgerecht für ein kleines Mädchen. Für zwei Wochen lebte es in einer Pflegefamilie. Doch sein Vater, der in die Nähe des berüchtigten Rockerclubs Hells Angels gerückt wurde, bekommt das Kind wieder zurück, so verfügt es das Familiengericht.
Hells Angels waren keine da. Nur ein Kerl wie ein Baum wartet vor dem Gericht. Neben ihm steht seine Frau. Die beiden wollen ihr Baby zurück.


Das sieben Monate alte Mädchen lebt seit fast zwei Wochen in einer Pflegefamilie. Das Jugendamt hatte seine Inobhutnahme veranlasst - nicht zum ersten Mal .


Die Behörde beantragte auch das Sorgerecht für das Kind. Doch das Mädchen kommt wieder zurück zu den Eltern. Das erstritt jetzt der Vater, der Mitglied des berüchtigten Motorradclubs gewesen sein soll. „Das Familiengericht hat dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen“, sagt der Bochumer Rechtsanwalt Wolfgang Adler, der den Schrotthändler Dieter P. vertritt. Das sei ungewöhnlich, meint der Jurist. Denn in der Regel erhalten dieses Recht die Mütter.

Die Eltern hatten Stress

Bei Hausbesuchen sollen sich Mitarbeiter des Jugendamtes in den nächsten sechs Monaten davon überzeugen, dass mit dem Kleinkind weiterhin alles in Ordnung ist, und das Paar soll sich Hilfe in einer Elternberatungsstelle holen. Drei Monate lang soll die Paartherapie gehen. Denn die Eltern hatten Streit - so sehr, dass die Frau eines Tages mit dem Kind verschwand. „Wir hatten Stress“, sagt auch Dieter P. Seine Frau und das Baby lebten danach im Frauenhaus in Bottrop. „Der Vater wusste nichts“, sagt dessen Anwalt. Dann waren da auf einmal wieder Hells Angels. Vor dem Frauenhaus sollen sie in ihren Kutten gesehen worden sein.

Heftiger Streit in der Klinik

„Die erzählten mir immer, wie gefährlich mein Mann wäre“, sagt Kerstin P. Weit weg sollte sie. „Sie haben mich und das Kind dann völlig ohne Geld in den ICE nach München gesetzt“, berichtet sie. Ein Frauenhaus in Burghausen nahm sie auf. Als sie aber mit dem Baby zurück wollte, habe das Jugendamt ihr das Kind weggenommen. Das Jugendamt hatte Zweifel, ob die Frau auch allein das Kind erziehen könne.

„Das war ein Racheakt“, empört sich dagegen noch immer sehr aufgewühlt ihr Mann. Er durfte das Kind in dessen Pflegefamilie zwar besuchen, doch nur mit Polizisten an seiner Seite. „Die hatten Angst, dass er das Kind sonst wohl einfach mitnimmt“, meint seine Ehefrau.
Das Jugendamt hatte ja das Baby schon einmal in Obhut genommen - kurz nach dessen Geburt. Es hatte einen heftigen Wortwechsel mit der Klinikleitung gegeben, weil die Frau mit ihrem neugeborenen Kind nach Hause wollte. Die Ärzte aber wollten das Baby lieber etwas länger in der Klinik beobachten. Wieder sollen die Hells Angels eine imaginäre Rolle gespielt haben. Als Drohgebärde standen sie im Klinikflur.
Ein Fax des Jugendamtes verfügte seinerzeit eine Inobhutnahme des Säuglings. „Dagegen hatten wir uns auch schon mit Erfolg gewehrt“, berichtet der Vater.

„Ich bin kein Hells Angel“

Eine Gefährdung des Kindeswohls sieht das Familiengericht auch diesmal nicht. Die Eltern würden ihr Kind daher auch lieber heute als morgen wieder zu sich holen. „Mit jedem Tag, den ein so kleines Kind bei einer anderen Familie verbringt, wird es für seine Eltern schwieriger“, meint Rechtsanwalt Adler. Das Jugendamt aber wolle ihnen ihr Kind erst am Donnerstag nach dem ohnehin vorgesehenen Besuch bei der Pflegefamilie anvertrauen, beklagt sich die Mutter. Der berüchtigte Rockerclub dürfte vorher wohl kaum anrollen, sagt der Vater des Kindes doch: „Ich bin kein Hells Angel. Ich habe nur ein paar Tätowierungen zu viel“.
Norbert Jänecke


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