FALKENSEE -
Das Jugendamt im Havelland sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt:
Eine Sechsjährige soll seit 15 Monaten zu Unrecht im ASB-Kinderheim in
Falkensee untergebracht sein. Konkret geht es derzeit darum, ob das Kind
zu Hause bei seiner Mutter Weihnachten feiern darf – oder nicht.
Verhandelt wird diese Frage heute am Familiengericht Nauen.
Die Rechtsanwältin der Mutter, Isolde
Nietzschmann-Röhn, will das familiäre Weihnachtsfest dort per
einstweiliger Anordnung durchsetzen. Für ein Verbot sieht sie keine
rechtliche Grundlage. Das Jugendamt dagegen hat bereits einen früheren
Antrag abgelehnt. Basis dafür soll ein psychiatrisches Gutachten gewesen
sein, das im Zusammenhang mit dem laufenden Verfahren um das Sorgerecht
erstellt wurde.
Demnach soll die Mutter, gesundheitlich nicht in
der Lage sein, kontinuierlich für ihr Kind zu sorgen. Die heute
34-Jährige hatte kurz nach der Geburt ihrer Tochter eingewilligt, das
Sorgerecht ruhen und sich bei der Erziehung helfen zu lassen. Derzeit
ist nicht nur ihrem Kind, sondern auch ihr selbst ein Betreuer zur Seite
gestellt worden. Nach Auffassung der Anwältin hat sich der Zustand
ihrer Mandantin aber soweit stabilisiert, dass sie mit Unterstützung
einer Familienhelferin die Sorge für ihre Tochter wieder übernehmen
könnte. Das gelte erst recht für einen einzigen Tag wie das
Weihnachtsfest.
Die Sechsjährige und ihre Mutter sehen sich
momentan zweimal pro Woche für eine Stunde unter Aufsicht im Kinderheim.
Weil das Gebäude mit einer Schließanlage verschlossen wird, ist es nach
Ansicht der Anwältin ein sogenanntes geschlossenes Heim. Um das Kind in
einer solchen Einrichtung unterzubringen, sei zwingend ein
richterlicher Beschluss nötig, sagte sie. Der aber fehle. Die
Vormünderin, eine Mitarbeiterin des Jugendamts, habe das Kind seiner
Mutter demnach widerrechtlich weggenommen. Sowohl die Mitarbeiterin als
auch der Heimleiter waren auf dieser Basis wegen Freiheitsberaubung bei
der Staatsanwaltschaft angezeigt worden. Die Ermittlungen wurden aber
mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Aus der havelländischen Kreisverwaltung heißt
es, das ASB-Kinderheim sei keine geschlossene Einrichtung. Bestätigt
wird diese Aussage vom Landesjugendamt in Bernau (Barnim). Die Erklärung
der Mutter, das Sorgerecht ruhen zu lassen, sei immer noch
rechtsgültig. Die Unterbringung in einem „normalen“ Heim durch die
Vormünderin sei daher möglich. (Von Jana Einecke)
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