Kinder aus multinationalen Ehen können in das Land des
jeweils sorgeberechtigten Elternteils ziehen. Entscheidungen
ausländischer Gerichte dürfen dabei nur nicht dem "ordre public"
widersprechen. Von Armin Dieter Schmidt, Juristische Redaktion anwalt.de
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Das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) musste in mehreren Entscheidungen
klarstellen, wann minderjährige ausländische Kinder zu einem in
Deutschland lebenden Elternteil ziehen dürfen. Behörden sind demnach für
die Ausstellung der notwendigen Papiere regelmäßig auch an
nicht-deutsche Gerichtsentscheidungen zur elterlichen Sorge gebunden.
Mindeststandards der Verfahren
In mehreren
Fällen hatten türkische Gerichte das alleinige Sorgerecht für
minderjährige Kinder auf ihre in Deutschland lebenden Väter übertragen.
Die Mütter waren damit jeweils einverstanden. Die Kinder wollten auch
tatsächlich nach Deutschland umziehen.
Allerdings lagen
die Voraussetzungen für einen Nachzug der minderjährigen Kinder gem. §
32 Abs. 3 das Aufenthaltsgesetztes (AufenthG) nach Meinung des
Auswärtigen Amtes nicht vor. Die Übertragung des Sorgerechtes sei schon
nach türkischem Recht fehlerhaft gewesen. Außerdem wäre in den Prozessen
das Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtigt worden. So verweigerten
die deutschen Behörden die Ausstellung der notwendigen Visa für die Kinder.
Keine Verletzung des "ordre public"
Das BVerwG
entschied anders. Die türkischen Entscheidungen erscheinen mit der
öffentlichen Ordnung in Deutschland vereinbar. Eine detaillierte
Überprüfung des ausländischen Verfahrens und Rechtssystems fand dabei
allerdings nicht statt.
Die Entscheidung
darf nur den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts nicht
widersprechen. In diesem Zusammenhang spricht man von "ordre public".
Sorgerechtsentscheidungen ausländischer Gerichte müssen danach
regelmäßig auch von deutschen Behörden beachtet werden.
Keine
Vereinbarkeit mit der inländischen Rechtsordnung besteht nur in
besonderen Fällen. Einmal kann die Sorgerechtsentscheidung in
untragbarem Widerspruch zum Kindeswohl stehen. Aber auch wenn das
ausländische Gerichtsverfahren zumindest grundlegenden rechtsstaatlichen
Anforderungen nicht genügt hat, muss ein Urteil nicht befolgt werden.
Kind muss angehört werden
Negativ fiel die
Entscheidung des BVerwG hingegen in einem anderen Fall aus. Dabei hatte
ein mongolisches Gericht das Sorgerecht auf den in Deutschland lebenden
Elternteil übertragen. Vor der Entscheidung allerdings hatte das Kind
keinerlei Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Das ist mit den
Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung unvereinbar.
Deswegen konnte
die mongolische Entscheidung in Deutschland nicht anerkannt werden. Vom
Berufungsgericht wird nun aber geprüft, ob unabhängig von der
ausländischen Sorgerechtsentscheidung ein anderer Rechtsgrund für den
Nachzug des Kindes nach Deutschland gefunden werden kann.
(BVerwG, Urteile vom 29. November 2012, Az.: 10 C 4.12, 10 C 5.12, 10 C 11.12 und 10 C 14.12)
Armin Dieter Schmidt
Juristische Redaktion anwalt.de
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