20.07.12

Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Teil des Sorgerechts) wegen Vereitelung des Umgangs

 
 
Rechtsgebiet: Familienrecht
Rechtstipp vom 13.07.2012
Der BGH hatte mit Beschluss vom 26.10.2011, Az. XII ZB 247/11, in einem Sorgerechtsverfahren über die Voraussetzungen der Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter zu entscheiden. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die allein sorgeberechtigte Mutter durch massive Beeinflussung des Kindes gegen den Vater dessen Umgang mit dem Kind vereitelt.

Das Gericht hat dazu festgestellt: „Wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, hat das Familiengericht ... die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Zu den gerichtlichen Maßnahmen gehört insbesondere ... die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge."
Grundsätzlich ist „Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls hat der Senat die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt".

Die vom Familiengericht zu treffende Maßnahme muss zudem „zur Abwendung der Gefahr erforderlich" sein. „Die Erforderlichkeit der Maßnahme ist Bestandteil der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne und wird in Bezug auf Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist ... konkretisiert, dass der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann."
Das Familiengericht hat vor einer auch nur teilweisen Entziehung des Sorgerechts zu überprüfen, „ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, um der Gefährdung entgegenzuwirken. Dies gebietet nicht nur das Kindeswohl und der Schutz der Familie ..., sondern auch das ... geschützte Elternrecht, in das nur so weit eingegriffen werden darf, als es wegen der konkreten Gefährdung des Kindeswohls unerlässlich ist. ... Danach kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen, wenn die Eltern ihre gesetzliche Pflicht, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert (Wohlverhaltensgebot), dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzen. 

Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Wie sich an den Voraussetzungen der Umgangspflegschaft zeigt, ist diese vom Gesetz vor allem für den Fall der Umgangsverweigerung durch einen Elternteil und die damit verbundene Kindeswohlbeeinträchtigung als geeignete Maßnahme vorgesehen. Da die Umgangspflegschaft den Eingriff auf das zunächst erforderliche Maß begrenzt, ist sie gegenüber einem (vollständigem) Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach ... als milderes Mittel vorrangig.

Von ihrer Anordnung kann demnach nur dann abgesehen werden, wenn die Umgangspflegschaft offensichtlich keinen Erfolg verspricht."
Zudem muss die gerichtliche Entziehung des Sorgerechts ferner mit ein, „dass die konkrete Maßnahme geeignet ist, um die Gefahr für das Kindeswohl zu beseitigen. An der Eignung fehlt es nicht nur, wenn die Maßnahme die Gefährdung des Kindeswohls nicht beseitigen kann. Vielmehr ist die Maßnahme auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr nicht aufgewogen werden".
Das bedeutet, dass „selbst wenn demnach die Maßnahme als solche für die Belange, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, die erwünschten Wirkungen entfaltet, ist sie dennoch ungeeignet, wenn sie in anderen Belangen des Kindeswohls wiederum eine Gefährdungslage schafft und deswegen in der Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt".

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Rechtsanwalt Bußler

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