24.10.12

Jugendamt - Eltern haben ihre Tochter Cheyenne zurück

Friedberg (lk). »Wir haben zeitweise nicht mehr daran geglaubt, dass wir sie wiederkriegen«, sagt Susanne Schlangen, während sich Töchterchen Cheyenne über das Knistern eines Stücks Plastikfolie freut, das ihr Vater Markus Schneider in den Händen hält. Vier Monate war Cheyenne in einer Pflegefamilie untergebracht.



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Cheyenne ist zurück bei Mama Susanne Schlangen und Papa Markus Schneider. (Foto: lk)
Grund der Inobhutnahme: »Hochgradiger Verdacht auf Kindesmisshandlung« durch den Vater. Nun entschied das Büdinger Familiengericht, dass die in Friedberg lebende Mutter die elterliche Sorge für das inzwischen acht Monate alte Mädchen wieder uneingeschränkt ausüben darf. Allerdings unter Auflagen. Das Jugendamt hat Bedenken.

Cheyenne, eine Frühgeburt, sei nach einer Sechsfach-Impfung sehr weinerlich und schlapp gewesen, weshalb sie mit ihr eine Kinderärztin aufgesucht hätten, schildern die Eltern, was kurz vor der Inobhutnahme passiert sei. Doch Blut- und Urinwerte hätten keinen Befund ergeben, der Urinbeutel habe allerdings rote Flecken im Intimbereich des Mädchens hinterlassen. Die Flecken seien blau geworden. Darum sei sie mit der Kleinen – nach Absprache mit ihrer Hebamme – Anfang April in die Hanauer Kinderklinik gefahren, berichtet Susanne Schlangen. Von den Medizinern habe sie den Grund für die Flecken erfahren wollen. 

Die stellten bei einer Blutuntersuchung hohe Leberwerte fest. Die behandelnde Ärztin zog aus dem schlechten Gesundheitszustand des Kindes den Schluss: »Verdacht auf Kindesmisshandlung«. Nachdem die Klinik den Verdacht weitergegeben hatte, schalteten sich die Jugendämter Hanau und Friedberg ein; das Amtsgericht Friedberg ordnete an, dass Cheyenne bei Pflegeeltern untergebracht wird.

Für ihre Erklärungsversuche oder Vermutungen, was mit dem Kind los sei, hätten sich die Ärzte nicht interessiert, sagt Schlangen, die einen Impfschaden, einen Gendefekt oder eine Blutungsneigung als Auslöser für die Leberwerte und Hämatome annahm. Stattdessen hätten sich die Mediziner nur »für meine Psyche und meine Vorgeschichte« interessiert, meint Schlangen, die aktuell im siebten Monat schwanger ist. Ihr viertes Kind wird es sein. Neben Cheyenne hat sie bereits zwei ältere Kinder. 

Beide wurden in Obhut genommen, leben bei der Mutter der 29-Jährigen. Das Kinderzimmer in Susanne Schlangens Wohnung blieb leer. Die Eltern kämpften um ihre Tochter, suchten nach einem Rechtsbeistand, fanden gleich zwei Anwälte, gaben ein medizinisches Gutachten bei einem Impfspezialisten in Auftrag. Ein Gutachten hatte auch das Friedberger Familiengericht beantragt, kurz bevor das Verfahren ans Büdinger Familiengericht abgegeben wurde, da dort das Scheidungsverfahren von Susanne Schlangen anhängig war.

Mutter: Falsche Diagnose

Der Meinung der 29-Jährigen nach bestätigen beide Gutachten »genau den Verdacht, den ich damals geäußert habe: dass das Krankenhaus falsch diagnostiziert und nicht alle Möglichkeiten ausgeschlossen hat«. Susanne Schlangens Anwalt, Heinrich Michael Roth, erklärt: »Es gab zwei Verdachtsfälle: Das eine waren die Hämatome, und das andere war der erhöhte Leberwert.« In seinem Gutachten komme der Impfexperte zu dem Schluss, dass Impfkomplikationen als mögliche Ursache für die Blutungen diskutiert werden müssten. Das andere Gutachten, eingeholt vom Familiengericht am Gießener Institut für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin des Uniklinikums, bestätige, dass die Ursachen für erhöhte Leberwerte ganz vielfältig sein könnten, sagt Roth.

»Nachdem dieses Gutachten eingegangen war, kam die Entscheidung vom Familiengericht, dass Cheyenne zurück kann«, ergänzt seine Kollegin, Rechtsanwältin Marion Schöfer. Ein Blick ins Gutachten aus Gießen, wo Cheyenne Ende April untersucht worden war, verrät: Die Ursachen für ihre Leberwerterhöhung können vielfältig sein. Allerdings bestätigt das Gutachten nicht die von den Eltern als mögliche Ursache für die blauen Flecken angenommene Gerinnungsstörung. Die Ärztin, die das Gutachten über Cheyenne verfasst hat, äußert aber auch: »Ob der schlechte Gesundheitszustand und die sichtbaren Hämatome ... ursächlich mit Gewalteinwendung in Verbindung zu bringen sind, lässt sich Wochen später medizinisch nicht feststellen.«

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