Zwei Mädchen kamen 2005 und 2008 in
unterschiedlichen Kinderheimen in Brandenburg ums Leben. Bislang wurde
ein Fremdverschulden ausgeschlossen. Doch nun wurden Vorwürfe über
Misshandlungen laut.
Nach Misshandlungsvorwürfen gegen Kinder- und Jugendheime
lässt die Brandenburger Landesregierung nach Informationen des
Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" jetzt die Todesumstände zweier
Jugendlicher untersuchen.
Wie das Magazin berichtete, wurde
eine 15 Jahre alte Bewohnerin im Juni 2005 an einer Schranktür erhängt
im Jugendheim Neuendorf gefunden. Im Mai 2008 starb im Kinderheim
Jessern ein 16-jähriges Mädchen nach einem Sturz aus dem Dachgeschoss.
In beiden Fällen habe die Staatsanwaltschaft damals "keine Anhaltspunkte
für ein Fremdverschulden oder Pflichtverletzungen durch Erzieher"
feststellen können.
Die Tageszeitung "taz" hatte vergangene Woche berichtet,
Bewohner der Heime in Jessern, Neuendorf in Unterspreewald
(Dahme-Spreewald) und Müncheberg (Märkisch-Oderland) seien bei Verstößen
gegen die strengen Regeln mit Gesprächsverbot und Einschlüssen bestraft
worden. Bei Fixierungen soll es zu Knochenbrüchen gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft Cottbus prüft in diesem Zusammenhang zwei Strafanzeigen. Der Betreiber, die Haasenburg GmbH, bestreitet die Vorwürfe.
Sondersitzung im Landtag
Koalition und Opposition in
Brandenburg streben eine Sondersitzung des Bildungsausschusses im
Landtag an. Zuvor hatte das Bildungsministerium angekündigt, eine
Untersuchungskommission einsetzen zu wollen. Noch in dieser Woche soll
das Gremium die Untersuchungen aufnehmen. Dabei soll es auch um die
beiden Todesfälle gehen. Zu beiden Vorkommnissen hatte die
Staatsanwaltschaft ermittelt.
Sie konnte aber laut "Spiegel"
keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass es ein Fremdverschulden
gegeben habe oder Erzieher ihren Plichten nicht nachgekommen seien. Weil
im ersten Fall ein Abschiedsbrief des 15 Jahre alten Mädchens gefunden
wurde, gingen die Ermittler von einer Selbsttötung aus. Im zweiten Fall
habe eine 16-Jährige ein Fenster ihres Zimmers im dritten Stock des
Heimes putzen sollen. Dabei habe sie unter Aufsicht eines Erziehers
gearbeitet, sei bei den Arbeiten plötzlich aus dem Fenster gesprungen
und auf dem schrägen Dach dann abgerutscht.
Heim für Kinder aus schwierigen Verhältnissen
Die Heime der Haasenburg GmbH
liegen in Müncheberg im Landkreis Märkisch-Oderland, die anderen beiden
idyllisch in Jessern und in Neuendorf im Unterspreewald direkt am See.
Doch die Kinder und Jugendlichen, die hier wohnen, sind nicht zur
Erholung dort. Sie stammen größtenteils aus schwierigen
Familienverhältnissen. Wer hierher kommt, hat meist schon die ganze
Jugendhilfe-Palette durchlaufen.
Wer hier Betreuer ist, muss
besonders viel Kompetenz mitbringen. Mittlerweile werden immer mehr
Vorwürfe laut, wenn auch anonymisiert. Dabei gerät nun auch das
Brandenburger Bildungsministerium unter Erklärungsdruck. Denn laut der
Protokolle, die der "taz" vorliegen, wusste das Brandenburger
Landesjugendamt über "Knochenfrakturen bei drei weiblichen Insassen des
Heimes" Bescheid.
Mädchen wurde der Arm gebrochen
Frühere Heimbewohner hatten
in der "taz" ohne Nennung ihrer Namen berichtet, Kinder und Jugendliche
seien bereits bei kleinen Verstößen drakonisch bestraft worden. Das
Anti-Aggressions-Training sei manchmal so brutal verlaufen, dass
Knochenbrüche entstanden. Einem Mädchen, das sich wehrte, sei der Arm
gebrochen worden. Kinder seien darüber hinaus auf Fixierliegen
angeschnallt worden, obwohl dies seit einer Auflage von 2010 verboten
sei.
In den drei Heimen in
Brandenburg werden derzeit 79 Kinder und Jugendliche ab zehn Jahre
betreut, davon 56 Kinder aus 14 Bundesländern nach der sogenannten
richterlichen "Genehmigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen", also in
geschlossener Unterbringung. Nur Schleswig-Holstein und Bremen haben
keine Jugendliche geschickt. Aus Brandenburg sind es sechs, aus Berlin
drei Kinder.
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