Rechtsgebiet: Familienrecht
Rechtstipp vom 13.07.2012
Rechtstipp vom 13.07.2012
Der BGH hatte mit Beschluss vom 26.10.2011, Az. XII ZB 247/11,
in einem Sorgerechtsverfahren über die Voraussetzungen der Entziehung
des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter zu entscheiden. In dem der
Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die allein sorgeberechtigte
Mutter durch massive Beeinflussung des Kindes gegen den Vater dessen
Umgang mit dem Kind vereitelt.
Das Gericht hat dazu festgestellt: „Wenn
das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein
Vermögen gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der
Lage sind, die Gefahr abzuwenden, hat das Familiengericht ... die
Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Zu
den gerichtlichen Maßnahmen gehört insbesondere ... die teilweise oder
vollständige Entziehung der elterlichen Sorge."
Grundsätzlich ist „Voraussetzung
für ein Eingreifen des Familiengerichts eine gegenwärtige, in einem
solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung
der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls
des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Als gewichtige
Gesichtspunkte des Kindeswohls hat der Senat die Erziehungseignung der
Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der
Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt".
Die vom Familiengericht zu treffende Maßnahme muss zudem „zur Abwendung der Gefahr erforderlich" sein. „Die
Erforderlichkeit der Maßnahme ist Bestandteil der Verhältnismäßigkeit
im weiteren Sinne und wird in Bezug auf Maßnahmen, mit denen eine
Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist ...
konkretisiert, dass der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch
öffentliche Hilfen, begegnet werden kann."
Das Familiengericht hat vor einer auch nur teilweisen Entziehung des Sorgerechts zu überprüfen, „ob
mildere Mittel zur Verfügung stehen, um der Gefährdung
entgegenzuwirken. Dies gebietet nicht nur das Kindeswohl und der Schutz
der Familie ..., sondern auch das ... geschützte Elternrecht, in das nur
so weit eingegriffen werden darf, als es wegen der konkreten Gefährdung
des Kindeswohls unerlässlich ist. ... Danach kann das Familiengericht
auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen, wenn
die Eltern ihre gesetzliche Pflicht, alles zu unterlassen, was das
Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder
die Erziehung erschwert (Wohlverhaltensgebot), dauerhaft oder
wiederholt erheblich verletzen.
Die Umgangspflegschaft umfasst das
Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu
verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen.
Wie sich an den Voraussetzungen der Umgangspflegschaft zeigt, ist diese
vom Gesetz vor allem für den Fall der Umgangsverweigerung durch einen
Elternteil und die damit verbundene Kindeswohlbeeinträchtigung als
geeignete Maßnahme vorgesehen. Da die Umgangspflegschaft den Eingriff
auf das zunächst erforderliche Maß begrenzt, ist sie gegenüber einem
(vollständigem) Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach ... als
milderes Mittel vorrangig.
Von ihrer Anordnung kann
demnach nur dann abgesehen werden, wenn die Umgangspflegschaft
offensichtlich keinen Erfolg verspricht."
Zudem muss die gerichtliche Entziehung des Sorgerechts ferner mit ein, „dass
die konkrete Maßnahme geeignet ist, um die Gefahr für das Kindeswohl zu
beseitigen. An der Eignung fehlt es nicht nur, wenn die Maßnahme die
Gefährdung des Kindeswohls nicht beseitigen kann. Vielmehr ist die
Maßnahme auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen
Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die
Beseitigung der festgestellten Gefahr nicht aufgewogen werden".
Das bedeutet, dass „selbst
wenn demnach die Maßnahme als solche für die Belange, in denen das
Kindeswohl gefährdet ist, die erwünschten Wirkungen entfaltet, ist sie
dennoch ungeeignet, wenn sie in anderen Belangen des Kindeswohls
wiederum eine Gefährdungslage schafft und deswegen in der
Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten
Kindes führt".
http://www.kanzlei-bussler.de/
Rechtsanwalt Bußler
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen