27.02.15

Nidderau Nur noch Tränen und ein Foto

 Von Jochen Dietz

 

 
Jessica und Sascha Krohe aus Ostheim wissen immer noch nicht, wohin das Jugendamt ihre drei Monate alte Tochter Leonie verbracht hat, nachdem es sie dem Ehepaar am 21. Januar mit Polizeibegleitung weggenommen hatte. Begründung: Akute Gefährdung des Kindeswohls.
Die Eltern sind verzweifelt. „Es gibt doch ganz andere, neue Lebensumstände. Wir sind weder alkohol-, noch drogenabhängig“, versichert der 37 Jahre alte Vater, Kfz-Meister und Rettungsassistent. Er kämpft mit den Tränen, Leonie ist sein erstes Kind. 

Das Amt berufe sich auf Probleme, die Jessica Krohe vor Jahren mit ihrem damaligen, drogenabhängigen und gewalttätigen Lebensgefährten und Vater ihrer älteren, heute fünfjährigen Tochter hatte. Schon dieses Kind war ihr damals, wie sie meint, unrechtmäßig entzogen worden. Es lebe bei einer Pflegemutter in Birstein. Dort vermuten die beiden nun auch die kleine Leonie. „Das Amt beruft sich immer nur stur auf diesen alten Fall“, berichtet der Vater verzweifelt.
Für völlig absurd und „übergriffig“ hält auch der evangelische, Ostheimer Pfarrer Lukas Ohly das Vorgehen des Jugendamts. Er hatte sich dem Amt gegenüber als Vermittler angeboten, um alle an einen Tisch zu bekommen. Doch bislang habe es keinerlei Reaktion darauf gegeben. Er habe kein Verständnis für ein derart auf Eskalation ausgerichtetes Vorgehen.
„Das Jugendhilfegesetz ist doch vom Geist getragen, dass Familie und Staat als Partner für das gemeinsame Ziel des Kindeswohls im familiennahen Kontext wirken. Hierzu hat das Jugendamt die Verpflichtung zur Aufklärung und zur Beratung, etwa zur möglichen Familienhilfe.“ Während im Strafrecht eine Unschuldsvermutung bestehe, sei in diesem Fall ein Verdacht ausreichend, um ein Kind seinen Eltern wegzunehmen.
„Wir brauchen eine öffentliche Diskussion nicht nur darüber, wie Jugendämter effektiver das Kindeswohl schützen, sondern auch darüber, wie Familien vor dem umgekehrten Reflex eines übergriffigen Aktionismus geschützt werden“, sagt Ohly. Auch eine von ihm vorgeschlagene erfahrene Familienhelferin sei von Amtswegen ignoriert worden. Begründung hier: Sie arbeite für keinen Träger. 


Fall soll erneut geprüft werden

 

Sozialdezernent und Kreisbeigeordnete Matthias Zach (Grüne): „Wir können dazu wegen des Datenschutzes keine Stellung nehmen. Eine Inobhutnahme wird sofort nachdem sie erfolgt ist, gerichtlich bewertet.“ Widerspreche das Familiengericht der Entscheidung des Jugendamts, komme das Kind zurück in die Familie. Ansonsten bleibe es vorerst bei Pflegeeltern, so Zach.
Das Gericht habe aber in diesem Fall das Jugendamt bestätigt, wogegen die Krohes Widerspruch eingelegt hätten. Daher werde der Fall erneut geprüft und richterlich entschieden. Das hätte schon vergangene Woche passieren sollen, doch der Termin sei geplatzt – das Jugendamt war erschienen, die Vertreter der Familie aber nicht.
Dem widerspricht Krohe-Anwältin Marion Schöfer: „Die beiden sind aufgrund ihrer psychischen Situation nicht verhandlungsfähig“. Der Termin sei zunächst vom Gericht verschoben worden, dann doch nicht. Mit dem Ergebnis, dass er auch für sie als Rechtsbeistand des Ehepaars Krohe geplatzt war. Sie spricht von einem „Missverständnis“ zwischen ihr und dem Gericht.
Schöfer bereite nun einen Eilantrag ans Familiengericht auf Herausgabe des Kindes sowie an das Bundesverfassungsgericht wegen „komplett rechtswidriger Inobhutnahme eines Kindes“ vor, erklärte sie gestern gegenüber der Frankfurter Rundschau.
Sie verfüge zudem Erklärungen beider Großeltern des Kindes, der betreuenden Hebamme sowie des Kinderarztes, dass es der kleinen Leonie bei ihren Eltern gut gegangen sei. Doch von ihr bleiben Jessica und Sascha Krohe derzeit nur ein Foto und Hoffnung. 


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