13.03.12

Vor Gericht: Gibt es in Gießen eine Falschgutachten-Industrie?


 

 

Gießen | – und falls es eine solche Industrie gibt: Ist sie von Gießener Richtern unerkannt, geduldet, unterhalten, eingerichtet?

Am Do., dem 15.03.2012, wird um 10:00 Uhr vor dem Landgericht Gießen, Ostanlage 15, 35390 Gießen, im Raum 107, über die Klage gegen eine in Gießen tätige psychologische Gutachterin verhandelt. Der Termin ist öffentlich und findet, nach mehreren unbegründeten Vertagungen und Kammerwechseln, höchstwahrscheinlich (und von dieser Bekanntmachung unbeeinflußt) statt.

Gegenstand der Klage ist naturgemäß nicht etwa die Gründung oder Tätigkeit in einer industriell betriebenen Anfertigung von Gefälligkeitsgutachten, sondern, viel banaler, die Feststellung, ob (bzw. daß) sich die beklagte Sachverständige Amtsanmaßungen und Schweigepflichtverletzungen erlaubt hat, die jeden gesetzlichen Rahmen weit hinter sich ließen, ein Honorar mit teils unzulässigen, teils fingierten Posten in Rechnung stellte – und vor allem: zwei Kinder einem bis heute andauernden sexuellen Mißbrauch zuführen half.

Die Gutachterin war am 01.03.2010 vom Amtsgericht Gießen beauftragt worden, zu untersuchen, ob die Kinder nur
einem der beiden geschiedenen Eltern überlassen werden sollten, ob bei letzteren „Einschränkungen in der Erziehungs- und Betreuungsfähigkeit vorliegen“, und ob die Kinder „Unterstützung (...) in Form einer psychotherapeutischen Maßnahme“ benötigen, nicht zuletzt, weil der Kindesmutter sexueller Mißbrauch der Kinder vorgeworfen wurde.
Die Sachverständige hatte ihr Gutachten bis zum 01.06.2010 abgeben sollen – was sie aber offenbar nicht weiter belastete: Bis sie der Kindesvater (der heutige Kläger) am 28.07.2010 ablehnte, hatte sie einen Urlaub gemacht, andere Aufträge angenommen und mindestens einen Teil ihrer gerichtlich festgelegten Maßnahmen unterlassen. Es ist daher zu vermuten, daß im Prozeß auch die Rolle von Justizangehörigen zur Sprache kommt. Denn die Terminüberziehungen, Kompetenzübertretungen und (vor allem) die Verstöße gegen ihr Fach sind zwar der Gutachterin seitens Angehöriger von vier (in Worten: vier) Universitäten, nicht aber vom Gericht beanstandet worden, im Gegenteil: Eine (buchstäblich „sagenhafte“) Honorar-Forderung über 9.376,75 EUR wurde mit Unterschrift und Stempel der zuständigen Richterin am 21.09.2010 für „sachlich und rechnerisch richtig“ befunden und von der Gerichtskasse beglichen. Das geschah fast 4 Monate nach Ablauf der Frist zur Vorlage des Gutachtens und 9 Monate, bevor das Gutachten (auf Drängen des Klägers) mit Stempel vom 20.06.2011 in das Amtsgericht tatsächlich einging. Noch vor der Frist-Überziehung um ein Jahr und 20 Tage hatte die Gießener Amtsrichterin bestätigt, daß das Gutachten 210.330 Zeichen umfaßte, obwohl sie es (nach eigenen Angaben) nie zu sehen bekommen hatte.

Die frühen Klagen des heutigen Klägers blieben nur scheinbar folgenlos: Am 29.06.2010 wollte die (zuvor abgetauchte) Gutachterin sich unbedingt durchs ganze Haus (inkl. fremder Räume) führen lassen. Zwei Tage später (am 01.07.2010) kam ein Trupp von ca. 10 bewaffneten Polizisten, die ohne richterlichen Befehl in denselben Räumen stundenlang nach Hinweisen auf „entzogene“ (fremde) Kinder durchsuchten – um, natürlich, nichts zu finden: Es wurden gerade in Gießen keine Kinder vermißt. Da es aber keinen Durchsuchungsbefehl gegeben hat, ist es bis heute für den Kläger schwer, Konsequenzen für diese Willkürmaßnahme zu verlangen: Die Polizei handelte auf Geheiß der Staatsanwaltschaft, diese auf Fehlinformation durch das Gericht – und letzteres hat nun mal keine Durchsuchung beim Betroffenen veranlassen wollen. Ergo gibt es nur Unschuldige und einen bedauerlicherweise Geschädigten.
Die Richterin wies am 01.09.2010 alle Beschwerden gegen ihre Gutachterin ohne lange Begründung (zumal als „unbegründet“) zurück und entschied ohne die fachliche Unterstützung, die sie zuvor zur Entscheidungsfindung vermißt hatte. Sie hatte sich ohnehin recht früh auf die Seite der Mutter gestellt und vor allzu viel Einsatz psychologischen Sachverstands bzgl. des Mißbrauchsvorwurfs gewarnt, indem sie schon in einem früheren Beschluß (vom 27.12.2007) den Kindesvater darauf hinwies, „dass weitere Verfahren (...) zu einer Verminderung der Lebensqualität“ führen.

Als die Gutachterin im Juni letzten Jahres ihr Werk vorlegen mußte, konnte man darin die Ergebnisse erfahren, die bei der Untersuchung der Kinder herausgekommen waren: Der Vater der Kinder (der heutige Kläger) sei „paranoid“. Sinnwidrig ist dabei nicht nur die Tatsache, daß hier mit scheinbarem Ernst andere untersucht und über andere befunden wird, sondern auch, daß hier eine Psychologin als Fachfremde eine psychiatrische Diagnose stellt – als würde ein Zahnarzt einen Darmkrebs diagnostizieren, zudem nicht beim Patienten selbst, sondern bei seinen Verwandten. Es sei angemerkt, dass es sich bei diesem Vorgehen der Gutachterin um keinen Einzelfall handelt (s.u.), und daß es sich in Hessen spätestens seit dem letzten Regierungswechsel 1999 als Disziplinierungsmaßnahme einer wachsenden Beliebtheit erfreut, so z.B. bei allzu gewissenhaften Bundeswehrangehörigen und Finanzbeamten (s.a. [1]).
Die Diagnose konnte noch so willkürlich und unqualifiziert sein, sie stellt dennoch (vorbehaltlich eines Widerrufs) einen Entlassungsgrund dar. Der Kläger stand somit vor der Alternative, entweder „grad’ so eben“ die fast fünfstellige Honorarsumme für den Spaß am Mißbrauch seiner Kinder und für seinen Ausstand aus dem Berufsleben zu entrichten – oder die Zivilcourage und einen vergleichbaren Betrag aufzubringen, um Spuren für die Nachwelt zu hinterlassen und Öffentlichkeit (vielleicht sogar Gerechtigkeit) herzustellen.

Erst nach einjährigen Recherchen des Klägers teilte ihm der Hessische Datenschutzbeauftragte mit Post vom 14.09.2011 mit, was ihm zuvor der Vizepräsident des Amtsgerichts Gießen auf amtliche Anfrage zur Kenntnis hatte geben müssen: Die besagte Gießener Richterin hatte an der fingierten Beschuldigung des Klägers um angeblich verschwundene Kinder mitgewirkt. Da die Richterin als betont karrierebewußt gilt und der Kläger ein ehemaliger unbequemer oppositioneller Stadtverordneter ist, bekommt die Angelegenheit einen zusätzlichen Beigeschmack; ein Zusammenhang mit dem Verfahren am 23.02.2012 vor dem Amtsgericht Gießen ist nicht auszuschließen (s.a. [2]).
Das Gericht wird sich vermutlich am 15.03.2012 mit diesen Fragen *nicht* beschäftigen – vielleicht aber mit der Tatsache, daß zwischen der Aufdeckung der o.a. Vorgänge und der Einreichung der Klage gegen die Gutachterin, eine ganze Reihe von Familien zusammenfand, die dabei waren, gegen dieselbe Sachverständige zu klagen. Denn sie sahen sich als Opfer einer unheiligen Allianz des Jugendamts und des Familiengerichts Gießen, die sich (offenbar öfter) der fachlichen „Flexibilität“ der nun beklagten Gutachterin bedienten, um mißliebige Kritiker zu disziplinieren.
Der Kontakt unter den Betroffenen war großteils über diese Online-Zeitung zustande gekommen.

Man kann sicherlich ein Lob für die Gießener Zeitung auch unter einem anderen Titel und, vor allem, kürzer fassen – nicht aber ein Lob von diesem Format und von dieser Güte!


[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-76551129.html
[2] http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/62559/verhoehnung-von-kinderrechten-verleumdung-von-dissidenten-oder-pressefreiheit/

 

 
Am 15.09.2011 berichtete CBN-News über eine für Oktober 2011 angekündigte EU-Delegation. Sie soll Menschenrechtsverletzungen durch deutsche Jugendämter untersuchen.

Die Reportage enthält u.a. Interviews mit dem hessischen MdB Klaus-Peter Willsch (CDU) und dem Gießener Psychotherapeuten Dr. Philip Churchill.
Vorgestellt wird auch ein Fall aus Südhessen (HR-Video: s.u.), der im Mai 2008 Fragen an den Gießener Magistrat ausgelöst hatte. Auf Antrag der damaligen Jamaica-Koalition hatten diese Fragen unter Ausschluß der Öffentlichkeit behandelt werden müssen.

Der englischsprachige Beitrag findet sich als Video und Volltext unter: http://tinyurl.com/6dnqqaj*

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