28.03.12

PAS - "Parental Alienation Syndrome"

Definition

Dynamik der Entstehung von PAS


Aus der Sichtweise der Eltern


Aus der Sichtweise der Kinder


Symptomatik


Kategorisierung


Manipulationsformen


Ziele der Interventionen


Aufgaben der Jugendhilfe


Literaturverzeichnis

 

Leitsätze


 

- Jedes Kind hat von Geburt an ein unveräußerliches Recht auf die gelebte Beziehung zu beiden Elternteilen. (Die Eltern-Kind-Beziehung dauert ein Leben lang.)

- Mutter und Vater sind die zentralen, Arche typischen Figuren im psychischen Leben eines jeden Menschen.

- Für eine optimale kindliche Persönlichkeitsentwicklung bedarf es der emotionalen Zuwendung, Fürsorge und Förderung durch beide Elternteile, insbesondere auch nach der Trennung der Eltern.





Fazit
 
Jugendhilfe und Familiengerichte haben die vorrangige Aufgabe, mit ihren Mitteln die Erhaltung oder Wiederherstellung an gelebter Beziehung von Kindern zu beiden Elternteilen zu sichern.




Definition

Der Begriff "Parental Alienation Syndrome" wird dem Amerikaner Richard A. Gardner zugeschrieben (1992: "The Parental Alienation Syndrome, A Guide for Mental Health and Legal Professionals").

PAS lässt sich umschreiben als bewusste oder unbewusste Programmierung (Manipulation) von Kindern im Rahmen von Umgangs- und Sorgerechtskonflikten der Eltern durch einen Elternteil zum Nachteil des anderen Elternteils.

Aus Sicht der Kinder bedeutet dies die kompromisslose Zuwendung zu einem guten, geliebten Elternteil und die ebenso kompromisslose Abkehr vom anderen bösen, gehassten Elternteil. Das Kind spaltet seine Eltern in einen geliebten, guten und einen vorgeblich gehassten, bösen Elternteil.

In der Mehrzahl der Fälle sind die Mütter die Initiatorinnen der Programmierung und die Väter die Opfer, allein dadurch bedingt, dass die Mehrzahl der Trennungskinder bei ihren Müttern lebt. Der manipulierende Elternteil - in der Regel der Betreuende - beansprucht die Zuneigung des Kindes ausschließlich für sich selbst. Die Liebe des Kindes zum anderen Elternteil soll zerstört werden mit dem Ziel, ihn gänzlich aus ihrem Leben zu eliminieren.

Kodjoe und Koeppel halten die Bezeichnung "Induzierte Eltern-Kind-Entfremdung" für angemessen. Die deutsche Übersetzung "Elterliches Entfremdungssyndrom" erscheint ihnen unangebracht, zumal in Deutsch sprachigen Veröffentlichungen der Begriff auch im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Kindes gegenüber einem Elternteil gebraucht wird, von welchem es tatsächlich misshandelt wurde. Bezeichnend für die Problematik von PAS ist aber gerade, dass sich der abgelehnte Elternteil in keinster Weise so verhalten hat, dass das Verhalten des Kindes gerechtfertigt wäre. Liegt tatsächlich ein Missbrauch durch den abgelehnten Elternteil vor, trifft die Diagnose PAS nicht zu.


Dynamik der Entstehung von PAS

Leitsätze
Trennung stellt eine Lebenskrise dar. Trennung und Scheidung bedeuten für jeden beteiligten Menschen zunächst eine schmerzliche Erfahrung, die mit Trauer, Schuldgefühlen, Verlustängsten etc. einhergeht.

Aus der Sichtweise der Eltern
Die verständliche Reaktion vieler Partner ist zunächst der Wunsch nach vollkommener Distanzierung vom Ex-Partner. Sind Kinder vorhanden, ist diese Verhaltensweise im Interesse der Kinder nicht möglich. Die Paarebene muss von der Elternebene getrennt werden. Die Einbeziehung beider Elternteile im Hinblick auf die Zuwendung zum Kind und die Reorganisation des Familiensystems sind zum Wohle des Kindes unmittelbar im Trennungsprozess zu leisten. Die konstruktive Bewältigung der o. g. Gesamtproblematik stellt hohe Ansprüche an die Elternteile, denen einige in der hoch brisanten Trennungssituation nicht gerecht werden können.

Eltern, denen es nicht gelingt, die Lebenskrise Trennung zu bewältigen und die Paarebene von der Elternebene zu trennen, neigen dazu, "programmierende Elternteile" zu werden. Kodjoe und Koeppel unterscheiden bezüglich der Psychodynamik der Eltern zwei Gruppen:

- Eltern, die aus Angst handeln.

Hierbei handelt es sich in der Regel um Eltern, die von ihrem Partner verlassen wurden. Sie erleben die Trennung als existenzielle(n) Zurückweisung und Verlust. Zur Kompensation ihrer eigenen Ängste binden sie die Kinder an sich und versuchen, deren eigenständige Beziehung zum anderen Elternteil zu zerstören.

- Eltern, die nicht zur Eigenreflexion fähig sind.

Hierbei handelt es sich um Elternteile, die in der Trennungsbewältigung nicht über das Stadium der Wut heraus kommen. Das Scheitern der Beziehung wird vollkommen dem anderen Elternteil angelastet. Sie sind nicht in der Lage, ihren eigenen Anteil am Scheitern der Beziehung zu erkennen. Der andere Elternteil wird als Gesamtpersönlichkeit abgelehnt; er ist nicht nur der verantwortungslose Partner, sondern auch der verantwortungslose Elternteil (Vermischung der Paar- und Elternebene). Vor einem derart unfähigen Elternteil müssen die Kinder aus Sicht des programmierenden Elternteils beschützt werden.

Aus der Sichtweise der Kinder
Die Trennung der Eltern, verbunden mit der Erkenntnis für die Kinder, dass diese sich nicht mehr lieben, ruft in der Regel einen Loyalitätskonflikt bei den Kindern hervor. Dieser Konflikt kann nur mit aktiver Unterstützung beider Elternteile aufgehoben werden.

Beide Elternteile müssen ihrem Kind ermöglichen, den anderen Elternteil weiter lieben zu dürfen. Voraussetzung hierfür wiederum ist, dass sie in der Lage sind, zwischen Paar- und Elternebene zu differenzieren. Sie müssen dem Kind deutlich vermitteln, dass positive Gefühle und die Liebe des Kindes gegenüber dem anderen Elternteil erlaubt sind, selbst bei eigenen negativen Gefühlen.

Gelingt ihnen diese Vermittlung nicht, wird das Kind den Loyalitätskonflikt bei entsprechender Beeinflussung dadurch lösen, dass es seine Eltern in einen guten und in einen schlechten Elternteil spaltet. Hierbei spielt ebenfalls Angst die zentrale Rolle; das Kind befürchtet, die Liebe des manipulierenden Elternteils, der in der Regel auch der Betreuende ist, zu verlieren, wenn es sich nicht vollkommen diesem zuwendet und dessen Bewertungen und Einschätzungen bezüglich des anderen Elternteils übernimmt.


Symptomatik

Gardner führt acht verschiedene Symptome zur Diagnosestellung von PAS auf:

1. Verunglimpfungskampagne

Zurückweisung und Herabsetzung des anderen Elternteils mit nahezu vollständigem Ausblenden schöner, gemeinsamer Erinnerungen auch aus der Vergangenheit (Beispiel aus einem Kindergespräch: Ein Foto zeigt das Kind und seinen Vater beim gemeinsamen Indianerspiel, beide lachen. Angabe des Kindes zu dem Bild: "Da habe ich nur mitgemacht, weil Papa es so gerne wollte.").

Der abgelehnte Elternteil wird als böse, ja geradezu gefährlich eingestuft, ihm wird alles zugetraut, ohne jeglichen realen Hintergrund.

2. Schwache, leichtfertige bis absurde Begründung für die Verunglimpfung

Absurde Rationalisierungen werden herangezogen, um die Ablehnung zu begründen [selbst erlebtes Beispiel: "Bei meinem Vater gibt es immer Salat zum Essen, deswegen kann ich ihn nicht mehr besuchen." Auf die Frage, ob sein Vater denn darauf bestehe, dass er diesen auch esse, antwortete der Junge mit einem Nein. Aber das Reichen von Salat würde zeigen, dass sein Vater nicht auf die Bedürfnisse von Kindern eingehen könne (11-jähriger Junge).].

3. Fehlen von Ambivalenz

Die gesunde, natürlich gegebene Ambivalenz von Kindern gegenüber beiden Elternteilen fehlt. Der entfremdende Elternteil wird als rundum gut beschrieben, der entfremdete Elternteil als in jeder Hinsicht schlecht charakterisiert. Die Kinder können dem manipulierenden Elternteil selbst bei expliziter Nachfrage keine negativen Eigenschaften zuordnen, er wird von ihnen nahezu perfekt beschrieben. Dagegen wird der andere Elternteil nur schlecht beschrieben ohne jegliche positive Eigenschaft einschließlich dem Ausblenden von gemeinsamen, schönen Erinnerungen (siehe oben). Bei der Befragung wird der entfremdete Elternteil mit einer ganzen Auflistung sämtlicher schlechter Eigenschaften bedacht, die zum Teil wie "herunter gebetet" wirkt.

4. Das Phänomen der "eigenständigen Meinung"

Die Kinder verteidigen jede ihrer Aussagen mit dem Hinweis auf ihre "eigene Meinung". Das Kind nimmt die Einschätzung des manipulierenden Elternteils bzw. des ehemaligen Partners wahr sowie die Erwartung, dass es genauso zu empfinden hat. Aus Angst und Loyalität gegenüber dem Elternteil, mit dem es zusammenlebt, verleugnet es seine eigenen Gefühle und übernimmt dessen. Es befürchtet, sonst auch noch diesen Elternteil zu verlieren. Die Fähigkeit in die eigene Wahrnehmung und Gefühlswelt wird fundamental zerstört, das Kind ist nicht in der Lage, zwischen fremder Ansicht und eigenen Empfindungen und Bedürfnissen zu unterscheiden, zumal Kinder im Alter bis zu 10 Jahren kaum zwischen Wirklichkeit und vorgegebener Meinung unterscheiden können.

5. Reflexartige Unterstützung und Parteinahme mit dem entfremdenden Elternteil

Im Gespräch mit dem Kind fällt eine fast Reflex artige Parteinahme für den manipulierenden Elternteil auf, ohne jegliches Zögern wird er in allen Punkten verteidigt und glorifiziert. Der andere Elternteil wird dagegen herabgesetzt und für alles Negative verantwortlich gemacht. Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der Eltern begegnet das Kind in der Regel damit, dass es den entfremdeten Elternteil der Lüge bezichtigt.

6. Fehlen von Schuldgefühlen bez. des Verhaltens gegenüber dem entfremdeten Elternteil

Die Kinder empfinden es als ihr gutes Recht, den entfremdeten Elternteil permanent herabzusetzen, da er ja die "Schlechtigkeit" in Person bzw. ihr Feind ist. Sie begegnen ihm oft vollkommen respektlos, feindselig, zum Teil bewusst provozierend bis hin zu gewalttätig. Hierbei sind sie gleichgültig bezüglich des Leides, welches sie dem entfremdeten Elternteil zufügen. Einhergehend stellen die Kinder aber häufig vollkommen überzogene Forderungen bezüglich materieller Dinge, überzeugt davon, dass dies ihr gutes Recht ist.

7. Vorliegen entliehener Szenarien

Im Gespräch mit PAS-Kindern fallen häufig so genannte entliehene bzw. geborgte Szenarien auf. Wortwahl, Inhalt und Argumente sind nicht Kind gerecht. Bei Nachfrage stellt sich oft heraus, dass die Kinder teilweise gar nicht wissen, worüber sie reden. Die entliehenen Szenarien spiegeln die Bewertungen des entfremdenden Elternteils wider und stimmen nicht mit der Erlebnisweise von Kindern überein (z. B. das fast schon klassische Beispiel: "Er überschüttet mich mit Geschenken, so lerne ich nie den Wert von Dingen schätzen." Es stellt sich die Frage, welches zumindest jüngere Kind so empfindet.). Dadurch, dass die Kinder übernommene Bewertungen, gehörte Argumente und Ereignisse Schildern, stimmen die Aussagen und die dazu gezeigte Mimik und Gestik nicht überein [auch hier ein Beispiel: Das Kind schildert den letzten Besuchskontakt zum Vater, den es angeblich als sehr belastend empfunden hat (auch hier entliehene Wortwahl) und lächelt dabei verzückt.].

8. Ausweitung der Ablehnung auf die erweiterte Familie und den Freundeskreis des entfremdeten Elternteils


Es kommt zu einer fast Sippenhaft ähnlichen Ablehnung aller dem entfremdeten Elternteil nahe stehenden Personen, zum Teil mit ähnlichen Verunglimpfungskampagnen und absurden Begründungen wie gegenüber dem anderen Elternteil. Für das Kind bedeutet dies neben dem Verlust des entfremdeten Elternteils auch noch der Verlust weiterer zum Teil enger Bezugspersonen z. B. der Großeltern.












Kategorisierung

Die PAS-Kategorie ist nicht abhängig von den Anstrengungen des programmierenden Elternteils, sondern vom Ergebnis des Indoktrinationsprozesses beim Kind. Das Ausmaß der Manifestation der Symptome von PAS beim Kind bestimmt die Kategorie, nicht der Umfang und die Härte der eingesetzten Manipulationsversuche.

Gardner unterscheidet drei verschiedene Kategorien von PAS: Leichte, mittelschwere und schwere Ausprägungsform.

- Leichte Manifestation

Bei einer nur leichten Ausprägung von PAS zeigen die Kinder die vg. Symptome in einer relativ schwachen Manifestation, nicht alle Symptome sind gegeben.

Besuchskontakte zum entfremdeten Elternteil sind ohne große Probleme möglich. Schwierigkeiten gibt es - wenn überhaupt - nur im Rahmen der Übergabesituation.

Ablehnungsszenarien und Verunglimpfungen werden nur in Anwesenheit des manipulierenden Elternteils durchgeführt, um dessen Erwartungen zu erfüllen und sich dessen Liebe zu sichern.

- Mittelschwere Manifestation

Nach Gardner handelt es sich hierbei um die häufigste Form von PAS.

In der Regel sind bereits alle acht Symptome von PAS bei den Kindern zu beobachten, wenn auch zum Teil in unterschiedlicher Gewichtung.

Ablehnungsszenarien und Verunglimpfungen sind deutlich wahrnehmbar, insbesondere auch in Übergabesituationen bei Besuchskontakten.

Sind beide Elternteile gleichzeitig anwesend, wendet sich das Kind ausschließlich dem manipulierenden Elternteil zu und zeigt dem anderen Elternteil deutlich seine Abneigung. Das Kind ist nicht mehr in der Lage, vor dem programmierenden Elternteil dem anderen Elternteil seine Zuneigung zu zeigen. (In Konflikten wird der entfremdende Elternteil Reflexartig unterstützt.) Die Ablehnung gegenüber dem entfremdeten Elternteil wird bei Abwesenheit des manipulierenden Elternteils in der Regel allerdings schnell aufgehoben. Besuchskontakte sind letztendlich noch möglich, auch wenn die Kinder zunächst offen dagegen rebellieren und sich Übergabesituationen meist schwierig gestalten.

- Schwere Manifestation

Bei dieser Kategorie von PAS zeigen die Kinder in der Regel alle acht Hauptsymptome in stärkster Ausprägung. Sie verhalten sich zum Teil fanatisch, geradezu paranoid gegenüber dem entfremdeten Elternteil und sind mit dem manipulierenden Elternteil regelrecht symbiotisch verbunden.

Besuche beim abgelehnten Elternteil scheinen nicht mehr möglich, das Kind gerät bei der Vorstellung, diesen besuchen zu müssen, regelrecht in Panik. Das ablehnende Verhalten und ihre feindlichen Gefühle gegenüber dem entfremdeten Elternteil lassen auch bei längerer Abwesenheit des programmierenden Elternteils nicht nach, da die Kinder mit diesem pathologisch verbunden sind.

Kontakte zum entfremdeten Elternteil sind erst nach dem Lösen dieser symbiotischen Beziehung, in der Regel nur noch erreichbar durch Trennung des Kindes vom programmierenden Elternteil möglich.


Interventionen bei PAS

Leitsatz
Interventionsmöglichkeiten erweisen sich häufig als schwierig, da programmierende Elternteile Taktiken anwenden, um die Beziehung zum anderen Elternteil zu verändern oder zu zerstören.

Manipulationsformen

Vera Fischer unterscheidet 11 Manöver der programmierenden Eltern:

1. Manipulierende Eltern übernehmen keine Verantwortung für die Aufrechterhaltung der anderen Eltern-Kind-Beziehung, stattdessen verbünden sie sich mit dem Kind gegen den abgelehnten Partner. Dieser wird oft als rücksichtslos und unfähig bezeichnet.

2. Bezüglich gerichtlicher Beschlüsse wird eine strikte Einhaltung der Besuchszeiten gefordert. Aufgrund der fehlenden Flexibilität kann der andere Elternteil nicht beteiligt werden; diese Eltern-Kind-Beziehung verliert die Basis.

3. Kontakte zum anderen Elternteil werden als schädlich für das Kind dargelegt. Der manipulierende Elternteil versucht, diese Kontakte zu reduzieren oder auszusetzen unter dem Vorbehalt, die Stabilisierung beim Kind zu erreichen.

4. Kontaktaufnahmen des anderen Elternteiles werden als störend für die neue Familie bezeichnet. Jede Art von Beschäftigung wird als wichtiger als die Beziehung zum anderen Elternteil dargelegt.

5. Der manipulierende Elternteil vermittelt dem Kind eine gleichgültige oder ablehnende Haltung gegenüber dem anderen Elternteil.

6. Die Beziehung zum abgelehnten Elternteil muss aus Angst vor gerichtlichen Schritten weitergeführt werden.

7. Manipulierende Eltern provozieren den abgelehnten Elternteil, um dem Kind Schwächen wie z. B. bei emotionalen Ausbrüchen aufzuzeigen.

8. Der abgelehnte Elternteil wird aus dem Leben des Kindes eliminiert (Geschenke und Bilder werden zurückgegeben, Namensänderungen erfolgen).

9. Aufgrund unrealistischer Vorstellungen, z. B. befürchtete Gewalt des anderen Elternteils, wird der abgelehnte Elternteil aus dem neuen Leben heraus gehalten.

10. Versuche des abgelehnten Elternteils, den Umgang mit dem Kind aufrechtzuerhalten, werden lediglich als Durchsetzung eigener Interessen bezeichnet.

11. Aus Angst, die Kinder zu verlieren, vermittelt der manipulierende Elternteil Angst gegenüber dem abgelehnten Elternteil, die vollkommen unrealistisch ist.


Ziele der Interventionen

Leitsatz
Die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen muss stabilisiert werden. Flexibilität ist die notwendige Voraussetzung.

Interventionen müssen generell so frühzeitig wie möglich angesetzt sein, um Kindeswohlgefährdungen und Schäden in der Elternbeziehung vermeiden bzw. ausschließen zu können.

Sowohl für die Prävention als auch für die Nachbetreuung in den hoch problematischen Trennungs- und Scheidungsverfahren ist die Kooperation aller am Prozess beteiligten Institutionen und Personen notwendig. Nur bei sinnvoller Koordinierung zur Konfliktvermeidung und Konfliktlösung können diese Bemühungen erfolgreich sein.

Leitsatz
Jedes Kind braucht für seine Persönlichkeitsentwicklung die Liebe beider Elternteile; die Beziehung zu beiden Elternteilen muss erhalten bleiben.

Die Hilfe für die Kinder muss einen geschützten Rahmen bieten, in denen die Kinder eigene Bedürfnisse erkennen und die Beziehung zum anderen Elternteil wieder aufnehmen können.

Die Hilfe für die Eltern muss den Eltern Unterstützung geben, um diese vg. Prozesse beim Kind zuzulassen.

Kodjoe und Koeppel unterscheiden fünf Ebenen von Interventionen:

- Erste Ebene: Prävention

Geht man davon aus, dass in unserer Gesellschaft immer mehr Kinder die Trennung ihrer Eltern miterleben werden, erscheint es sinnvoll, durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit in der Bevölkerung eine Sensibilität für die Bedürfnisse von Kindern in dieser Lebenssituation hervorzurufen. Präventionsprogramme können in Form von Vorträgen, Diskussionen, Literatur etc. in sämtlichen Institutionen wie z. B. Schulen, Gemeinden und Betrieben mit dem Ziel der Wissensvermittlung über Lebenskrisen, Reorganisation der Elternbeziehungen insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse von Kindern in dieser Situation erfolgen.

- Zweite Ebene: Beratung für die Eltern im Sorge- und Umgangsstreit


Eltern benötigen Unterstützung in Form von Beratung zur Überwindung der Lebenskrise und der Gegnerschaft zum anderen Elternteil, um gemeinsame Elternverantwortung gegenüber dem Kind übernehmen zu können.

- Dritte Ebene: Psychologische Intervention für hochstrittige Familien

Eine Familientherapie oder evtl. eine stationäre Behandlung von Familien mit entwicklungs- und verhaltensauffälligen Kindern ist zur Wiederherstellung und Reorganisation der Eltern-Kind-Beziehungen notwendig.

- Vierte Ebene: Psychologische Intervention auf richterliche Anordnung und Einholen eines Sachverständigengutachtens

Ziel ist die Konfliktreduzierung und Unterstützung der Eltern zur Förderung der Erziehungsfähigkeit und Kooperation. Sämtliche Vorgehensweisen müssen am Kindeswohl orientiert sein, um dann einen entsprechenden Bericht an das Gericht erstellen zu können.

- Fünfte Ebene: Weitergehende Beratung und Begleitung hoch strittiger Familien über einen längeren Zeitraum


Zur Stabilisierung und Befriedigung des Gesamtfamiliensystems müssen bereits gefundene Lösungsstrategien von beiden Elternteilen in anderen problematischen Situationen übertragen werden können.

Fazit
Zur Vermeidung von PAS oder bei Intervention müssen die Bedürfnisse des Kindes im Vordergrund stehen.


Aufgaben der Jugendhilfe

Leitsatz
Die Bereitschaft der Elternteile zur Akzeptanz zwei guter oder gleichwertiger Elternbeziehungen muss gefördert werden.

Der Beratung von Müttern und Vätern im Trennungsprozess kommt unseres Erachtens eine entscheidende Bedeutung zu, um der Entstehung von PAS entgegen zu wirken oder schon im Anfangsstadium zu begegnen.

§ 17 KJHG greift diesen Grundgedanken auf, in dem die Beratung helfen soll, "im Falle der Trennung und Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen".

Zu diesen Bedingungen gehört es, dass die Eltern unter Umständen unter Einbeziehung von Fachkräften ein Konzept erarbeiten, in dem sie aus gemeinsamer Elternverantwortung das Familiensystem so reorganisieren, dass das Kind die Möglichkeit erhält, seine Beziehung zu beiden Elternteilen zu leben [in der Regel Absprachen über den Besuchsmodus, gemeinsame Absprachen über fundamentale Ziele und Inhalte der Erziehung, gemeinsame Teilnahme an für das Kind wichtigen Lebensereignissen (z. B. Einschulung), etc. pp.].

Stimmt man der Überzeugung zu, dass schon in der akuten Trennungsphase das Fundament für das weitere Beziehungsgefüge der ehemaligen Familie gelegt wird, so muss es die Aufgabe der Jugendhilfe sein, möglichst viele Paare und deren Kinder zu diesem Zeitpunkt per Beratung zu erreichen.

Dies gelingt zumindest in unserem Jugendamt zurzeit nur ansatzweise. Der Beratungsprozess wird häufig erst dann aufgegriffen, wenn familiengerichtliche Anträge auf Umgangs- oder Sorgerechtsregelung gestellt werden. Der einzelne Sozialarbeiter hat immer mehr mit hoch strittigen Fällen, die häufig mit einer schweren Form von PAS einhergehen, zu tun. Hier würden uns insbesondere Konzepte anderer Jugendämter interessieren, inwieweit diesen es gelingt, schon in der akuten Trennungsphase Mütter und Väter zu erreichen.

Bei fehlender Bereitschaft bezüglich der Fortdauer der gemeinsamen Elternverantwortung von Seiten des manipulierenden Elternteils ist dieser nicht in der Lage, Verantwortung zur Sicherung des Kindeswohles zu übernehmen. Die Interessen des Kindes müssen unbedingt gewahrt werden.

Bei drohenden Sorge- und Umgangsrechtsverfahren geraten manipulierende Elternteile unter Druck, so dass sie häufig zu Gesprächen bereit sind. Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang, dass der manipulierende Elternteil versuchen wird, den Sozialarbeiter für die Umsetzung der eigenen Ziele zu gewinnen.

Aufgabe des Sozialarbeiters ist es, in Gerichtsverfahren das Gericht darüber zu informieren, welcher Elternteil die Kooperation verweigert. Eine mögliche Kindeswohlgefährdung muss in diesem Zusammenhang in Betracht gezogen werden. Die Ausübung der alleinigen elterlichen Sorge bei manipulierenden Elternteilen muss kritisch betrachtet werden.

Es liegt in der Verantwortung des Sozialarbeiters, gegenüber dem Gericht die Kindesinteressen zu vertreten, Problemlösungen aufzuzeigen, die fehlende Elternkooperation darzulegen und geeignete Interventionen zu benennen.

Eine konstruktive Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Gericht verleiht dem Sozialarbeiter die Möglichkeit, Veränderungen zur Wahrung der Kindesinteressen zu bewirken.

Der Sozialarbeiter hat gemäß § 57 FGG - freiwillige Gerichtsbarkeit - die Möglichkeit, ein Beschwerdeverfahren gegen jede juristische Entscheidung einzuleiten, vorausgesetzt, die Empfehlungen zur Sicherung des Kindeswohls werden nicht berücksichtigt.

Literaturverzeichnis:
1. Fischer, Wera: Das Parental Alienation Syndrome (PAS) und die Interessenvertretung des Kindes; NDV Heft 10/1998, S. 306 - 310
2. Fischer, Wera: Das Parental Alienation Syndrome (PAS) und die Interessenvertretung des Kindes; NDV Heft 11/1998, S. 343 - 348
3. Fischer, Wera: The Parental Alienation Syndrome (PAS) und die Interessenvertretung des Kindes; http://www.pappa.com/recht/pas/pasfisch/html, S. 1 - 21
4. Kodjoe, Ursula: Tagungsunterlagen PAS "Parental Alienation Syndrome" vom 08.06.1999 in der Universitätsstadt Marburg
5. Kodjoe, Ursula/Koeppel, Peter: Früherkennung von PAS - Möglichkeiten psychologischer und rechtlicher Interventionen; Kind-Prax 5/98, S. 138 - 144
6. Leitner, Werner G./Schoeler, Reinhold: Maßnahmen und Empfehlungen für das Umgangsverfahren im Blickfeld einer Differentialdiagnose bei Parental Alienation Syndrome (PAS) unterschiedlicher Ausprägung in Anlehnung an Gardner (1992/1997); Der Amtsvormund November/Dezember 1998, S. 849 - 868
7. Schürmann, Marc: Wenn Mama den Papa nicht mag, will ich ihn auch nicht sehen ...; Badische Zeitung v. 22.06.1998, S. 444 - 447



Birgitta Opdenhövel-Bötel, Barbara Weber

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