07.03.12

Jugendamt Ratzeburg - Junge Mutter kämpft vor Gericht um ihre drei Kinder


Ratzeburg - Sabina Amberg-Masczyk fühlt sich vom Ratzeburger Jugendamt in ihrer Existenz bedroht. Mittlerweile droht auch die Arge, jegliche Zahlungen an die 26-Jährige einzustellen.

„Ich weiß nicht mehr, wie es weiter gehen soll“, sagt Sabina Amberg-Masczyk verzweifelt. Am Montag vor einer Woche kamen Mitarbeiter des Ratzeburger Jugendamtes und Polizeibeamte und nahmen ihre drei Kinder, Melissa (4), Adam (3) und Maria (1) mit, um sie in eine Pflegefamilie zu geben. Der Vorwurf: häusliche Gewalt. Einen Tag zuvor war es zu einem Streit zwischen ihr und ihrem Mann Ronny Amberg gekommen mit der Konsequenz, dass sie ihn aufforderte, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Als dieser dem nicht nachkam, rief Sabinas Bruder die Polizei.
Einen Tag später tauchten die Jugendamtsmitarbeiter auf und nahmen die Kinder „in Obhut“ – „ohne einen schriftlichen Beschluss dafür zu haben. Den habe ich heute noch nicht“, schimpft Sabina Amberg- Masczyk. Sie fühlt sich vom Jugendamt „regelrecht verfolgt“, in die Enge gedrängt, als „dumme Polin abgestempelt“. Ob sie ihre Kinder zurück bekommt, wird ein Gerichtsverfahren zeigen, das morgen in Ratzeburg verhandelt wird.

Auf den ersten Blick hat sie wahrlich keinen guten Leumund. Die arbeitslose 26-Jährige hat noch keinen Berufsabschluss vorzuweisen, aber schon drei Kinder von drei verschiedenen Vätern. Mit einem vierten Mann, Ronny (46), ebenfalls arbeitslos, ist sie seit Anfang Juni verheiratet. Beim Jugendamt gilt Sabina nach eigenen Angaben als impulsiv, aufbrausend, aggressiv. Selbst ein Amoklauf werde ihr zugetraut, erzählt sie empört.

Dass es zur Wegnahme der Kinder kam, daran ist sie wohl nicht ganz unschuldig. Denn mit allzu lauten Tönen und überzogenen Vorwürfen kann man auf Amtsebene nicht immer neutral und sachlich umgehen. Auch hier arbeiten nur Menschen. Und diese sind aufgrund ihrer schwierigen Arbeit mit schwierigen Menschen manchmal recht dünnhäutig. Da könnte es schon dazu kommen, jemandem deutlich zu zeigen, wo die Grenzen liegen.

Dabei war es Sabina Amberg-Masczyk ursprünglich selbst, die die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch nehmen wollte. Denn sie befürchtete eine sexuelle Misshandlung ihrer ältesten Tochter durch deren Vater, einen Türken. Zumindestens hatte dieser ihr zu verstehen gegeben, dass er seine Tochter schon mit drei Jahren verloben und möglicherweise auch mit in sein Heimatland nehmen wollte.

Sabinas Sohn Adam stammt aus einer Beziehung mit einem Deutschen, den sie bei der Berufsqualifizierungsgesellschaft kennen gelernt hatte. Als sie schwanger wurde, habe er sich aus dem Staub gemacht. Vom Vater der jetzt 13-monatigen Tochter Maria habe sie sich getrennt, als sie herausgefunden hatte, dass dieser mit russischen Zigaretten geschmuggelt habe.

Sie selbst ist in Tarnowitz bei Kattowitz im ehemaligen Oberschlesien geboren, kam als Elfjährige mit ihrer Mutter und ihrem Bruder 1997 nach Hamburg. Die verwitwete Graszyna Libuschewski heiratete hier erneut. Mit dem Stiefvater habe sie, Sabina, zuerst einige Probleme gehabt, nach und nach aber in die Familie gefunden. „Familie wurde und wird bei uns immer groß geschrieben. Als meine Mutter mit meiner jetzt zwölfjährigen Halbschwester schwanger wurde und ins Krankenhaus musste, habe ich mehrere Wochen den Haushalt geführt, gekocht, gewaschen und auf meine Geschwister aufgepasst.“

Jetzt aber werde ihr vom Ratzeburger Jugendamt diese Fähigkeit, eine Familie zu führen, für ihre Kinder zu sorgen, rundweg abgesprochen. Ausschlaggebend war ihrer Meinung nach ein personeller Wechsel im Jugendamt. Mit dem neuen Mitarbeiter habe sie im Gegensatz zu seiner Vorgängerin nie vernünftig reden können. Allerdings wurde es diesem auch nicht leicht gemacht von Sabina Amberg-Masczyk und ihrem Mann, die sich „viermal etwas heftiger gestritten“ hätten. So heftig, dass eben auch die Polizei erscheinen musste.

„Wir stehen seit Monaten extrem unter Druck, weil das Jugendamt ständig damit droht, mir die Kinder wegzunehmen. Selbst die Arge will uns die Leistungen streichen. Da kommt es natürlich zu Diskussionen und zu Streitigkeiten“, erklärt sie. Sie selbst sei gar nicht aggressiv, sondern würde nur überreagieren, wenn es um das Wohl ihrer Kinder gehe. Oder wenn sich Männer aufdringlich benehmen würden. Mit Gewalt habe sie schon früh Bekanntschaft gemacht. Die erste Tochter sei durch eine Vergewaltigung entstanden. Ihr erster Partner habe sie eingesperrt und selbst zum Arzt nicht allein gehen lassen. Nach der Trennung habe er sie gestalkt. So habe sie gelernt, sich zu wehren.

Sabina Amberg-Masczyk ist sicherlich keine dumme Polin, wie sie vermutet, dass man so beim Jugendamt über sie spreche. Sie hat sich ins Jugendrecht und in Gesetzestexte eingelesen, um zu erkennen, wo ihr Recht oder Unrecht getan würde. „Ich träume davon, mich weiterzubilden, vielleicht auch mal zu studieren. Am liebsten würde ich Anwältin werden, um anderen Menschen und Familien helfen zu können gegen ungerechte Behandlung.“

Sie sei auch keine schlechte Mutter. „Ich kann laut werden, wenn die Kinder Blödsinn machen. Aber wenn sie einen mit ihren Kulleraugen anschauen und angrinsen, kann ich doch gar nicht böse sein.“

Sie lebt auch nicht in unzumutbaren Verhältnissen. Ihre Wohnung ist kärglich ausgestattet, aber alles ist sauber und aufgeräumt. Mit ihrer Mutter habe sie zudem jemanden, die auf die Kinder aufpassen könnte, wenn sie selbst eine Ausbildung machen würde und könnte. „Aber im Moment lässt das das Jugendamt nicht zu.“


Von Joachim Strunk

http://www.ln-online.de/lokales/lauenburg/3224100/junge-mutter-kaempft-vor-gericht-um-ihre-drei-kinder

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