07.03.12

Elternrecht ad absurdum - und keiner merkt's

Das Grundgesetz ist 60 geworden. Artikel 6 stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der Gemeinschaft. Wurde damit nur die finanzielle Berücksichtigung vorgesehen? Welche Bedeutung hat dieser Artikel noch? Was ist davon übrig?

Von je her werden bei Säugetier und Mensch Kinder von Eltern erzogen und auf das Leben vorbereitet. Das Wort für diese Aufgabe ist „Education“, das sich im Deutschen nur über die beiden Begriffe „Erziehung“ und „Bildung“ wiedergeben lässt. Wenn wir heute von Erziehung reden, ist in Wahrheit nur institutionelle Erziehung in Krippe, Hort oder Kindergarten gemeint. Wenn wir über Bildung reden, ist ausschließlich die Verbesserung des Schulsystems gemeint.

Daniel Goeudeverd, Literat und Automanager in verschiedenen Aufsichtsräten, beteiligt sich heute aktiv in der Diskussion über die Bildungsmisere - speziell in Deutschland. Schon in seinem Buch „Der Horizont hat Flügel“ schrieb er: „Bei all dem Wehgeschrei über den Zustand der Bildung wird ein Bildungsort, vielleicht der wichtigste überhaupt, häufig vergessen oder nur gestreift: Die Familie“. Die bedeutende Funktion intakter Familien für die Gesellschaft und ihr Gesamtwohl kommt in der öffentlichen Debatte gar nicht mehr vor. Leichtfertig haben wir vergessen: ohne Bindung keine Bildung! Auch Lernen läuft über Beziehungen. Damit ist zum Glück nicht Vitamin B gemeint, sondern innige, gewachsene Herzensverbindungen. Erinnern Sie sich an Ihre Kindheit. Am meisten, neben Ihrer Mutter und Ihrem Vater selbstverständlich, hat Sie die Erzieherin, die Lehrerin weitergebracht, die Sie so mochte und die auch Sie so gern hatten. Schon der Dichter und Denker Goethe bezeugte: „Man lernt nur von dem, den man liebt“. Das wahre Axiom der Bildung ist also Bindung. Nähe in jeder Beziehung. Nahe am Herzen und nahe am Leben. Deshalb ist die Familie bei der Bildung so wichtig und bleibt unersetzlich.

Eltern und die nach Art. 6 unseres Grundgesetzes „zuförderst ihnen obliegende Pflicht“ der Erziehung werden im Hinblick auf Kleinfamilien mit möglicherweise getrennten Eltern nicht ernst genommen. Scheinbar fürsorglich und oft mit gespieltem Mitleid werden hilfsbedürftige Familien medial zur Schau gestellt und politisch zur Norm erhoben. Sofort und unisono schwingen die Politiker aller Fraktionen mit, weil es etwas zu regeln gibt, und bringen die nächsten Gesetzentwürfe auf den Weg. Muss denn der Staat da nicht einspringen? Es geht doch um Chancengleichheit, nämlich für die Kinder aus solchen Verhältnissen. Endlich darf der Staat sich kümmern. Ist doch nachvollziehbar. Auch die Mehrheit der Eltern wurde bereits erfolgreich dazu gebracht, ihr Elternrecht (und ihre natürliche Pflicht) der Erziehung bereitwillig der Allgemeinheit abzutreten. Nur leider ist das nicht, was das allseits geschätzte Grundgesetz zum Schutz der Familien, die die Säulen jeder Gesellschaft sind, vorsieht. Niemals wird der Staat auf künstliche, d.h. auf professionelle Art und Weise das ersetzen können, was die Natur für eine funktionierende Gesellschaft vorgesehen hat. Schon aus finanziellen Gründen nicht. Mit der Ökonomisierung von Betreuung kann Qualität nur leiden. Es geht also nicht darum, den Eltern alles abzunehmen, wenn sie ihre Aufgaben nicht allein bewältigen. Stattdessen kann es nur darum gehen, diesen Klein- und Kleinstfamilien finanziell, ermunternd und über entsprechende Angebote zu helfen, ihren familiären Aufgaben selbst nachkommen zu können.

Eine funktionierende Familie kann durch nichts ersetzt werden, auch wenn es hier und da und immer wieder versucht wird. Oft und manchmal regelrecht zu Werbezwecken wird Familie imitiert und ihre Funktion missbraucht: „Hier fühlen sich Ihre Kinder wie in einer richtigen Familie“ oder „In unserer Einrichtung lernen Kinder in einer familiären Struktur“ so können Eltern lesen.  Statt die Funktion der Familie an ihrem natürlichen Ort zu  respektieren, dort zu unterstützen und staatlich zu pflegen wird versucht, sie auszuhöhlen. Statt dort, wo sie ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden kann, sie wieder herzustellen und aufzubauen, wird sie der Not und Statistik gehorchend im Stich gelassen, ja gerne sogar verachtet, wo versucht wird, ein intaktes Modell zu leben.

Neben der gewaltigen Anmaßung, es im globalen Dorf, in der Allgemeinheit und durch Institutionen, aber unter Wegfall der natürlichen Aufgaben der Familie besser machen zu können, gibt es auch andere Einwände zu diesen Bestrebungen. Erziehung und Bildung in staatlicher Hand ergeben nämlich ganz nebenbei einige „Vorteile“, die die leidgeprüften Väter und Mütter unserer Republik mit den heute 60 Jahre bewährten Schutzrechten eigentlich zu verhindern gedachten.  Das staatliche Monopol oder zumindest die „Oberaufsicht“ für Erziehung und Bildung birgt alle Macht und Kontrolle über die Nation. Sie versteckt sich (noch) hinter vermeintlich wichtigen staatlichen Zielen wie Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Wirtschaftswachstum oder Integration. Etwas negativerer Begriffe wären Sozialismus, Anpassung, Nationalismus, Konformität oder Assimilierung. Von der Hand zu weisen, aber theoretisch möglich wären Lenkbarkeit,  Gleichschaltung, Neuorientierung, Gehirnwäsche. Wenn nun geschickte Politik dabei die verfassungsgegebene Macht der Eltern zurückdrängen kann oder die „gefürchteten“ Eltern gar in ihrem Willen gleich mit in die Ziele der schönen neuen Welt integriert werden können, kann die Welt reibungslos „verbessert“ werden, wie die offizielle Sprachregelung es bezeichnet. Der Traum vom weltweiten Frieden in Sicherheit und absoluter Gerechtigkeit hat eine nicht mehr ganz so leicht durchschaubare Agenda: Ein internationales, möglichst globales Erziehungs- und Bildungssystem in vollständig staatlicher Kontrolle. Die Puzzleteile dazu sind bewährt: Betreuung ab 0 Jahre, Kinderbildungsgesetz, Pflichtkindergartenjahr, Lokale Bündnisse für Familie, Antischulverweigererprogramme, Datenaustausch und enge Kooperation von Schulämtern, Jugendämtern, Sozialämtern, Justiz und Polizei, Ganztagsprogramme (tendenziell zur Pflicht), Zentrale Lehrpläne und Anforderungen für Abschlüsse, zentrale Schülerdatei, regierungskontrollierte Internetsperrlisten oder erleichterte familiengerichtliche Maßnahmen, um nur einige zu nennen. Immer scheint es gute Gründe für jedes neue Gesetz in dieser ungeschriebenen Agenda zu geben. Meist muss vermeintlich bessere Bildung herhalten, manchmal ist es aber auch offen gesagt der Wirtschaftsbedarf, die beängstigende Terror- oder Amokgefahr, schlimmste, und in die Medien gezogene Vernachlässigung einzelner Kinder oder auch „Migrationsprobleme“.

In Wirklichkeit maßt sich der Staat zum Zwecke einer vermeintlich "Schönen neuen Welt" die vollständige Kontrolle über Lebensentwürfe und Karrieren seiner Bürger an. Auch wenn er beschwört, dass er das niemals ausnützen würde. Aldous Huxley hatte bereits 1975 davor gewarnt  und George Orwells 1984 wird heute (lieber?) schon gar nicht mehr gelesen. Das Buch „Brave New Schools“ von der in den USA lebenden Norwegerin Berit Kjos aus dem Jahre 1994 wurde kürzlich ins Deutsche übersetzt und dokumentiert all diese Zusammenhänge bis in spezielle Details deutscher Entwicklungen, von denen sie damals noch gar nichts wissen konnte. Zugegebenermaßen wirkt auch dieses Buch etwas hysterisch und es berichtet aus einseitig, christlicher Sicht.

Das alles ist nicht zufällig so gekommen. Seit Jahren und Jahrzehnten folgt die Entwicklung der Agenda bestimmter Weltverbesserer, die in eine neue, friedliche Weltordnung führen wollen und deshalb international verständigt und aus sehr naheliegendem Grund bei der Erziehung und Bildung ansetzen.

Fazit: Die staatliche Institutionalisierung und fortschreitende Professionalisierung im Bereich der Erziehung (und Bildung) treten die grundgesetzlich verankerten Aufgaben der Eltern, der Familie mit Füßen und damit unser Grundgesetz selbst. Das natürliche Erziehungsrecht in Art. 6, das nur bei elterlichem Versagen zu staatlichem Einschreiten ermächtigt, ist bereits ausgehöhlt und es bleibt nichts mehr übrig, wenn der Staat alles um Erziehung und Bildung regelt und dadurch zunehmend zu seinem eigenen Metier macht.

Halten Sie diese Entwicklung auf und wählen Sie Ihren Politiker nur für eine Politik wieder, die Familien Familien sein lässt. Noch gibt es eine Mehrheit von Eltern.

Jan Edel 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen