ZDF-Doku über Kinderheime in NachkriegsdeutschlandSchläge, Mobbing, Isolation – Das lange Leid der deutschen Heimkinder
Montag, 04.03.2013, 18:11 · von FOCUS-Online-Redakteurin Kinga Rustler
„Westdeutsches Fürsorgeheim“: Hinter diesem Begriff
verbargen sich Isolation, Misshandlungen und Gewalt in den Heimen der
60er-Jahre. Besonders die Kirche setzte auf Zucht. Eine ZDF-Doku zeigt,
wie die ehemaligen Heimkinder bis heute leiden.
Günther Klefens trägt Jeans und einen rostroten
Blouson. Seine Brille sitzt wie ein abwehrendes Schild vor seinen Augen.
Der 60-Jährige kam mit sechs Jahren in das Bubenhaus des hessischen
„Kalmenhofs“ bei Ickstein, das Jungs bis 16 Jahre beherbergt. 1000
Kinder und Jugendliche wurden im „Kalmenhof“ in den 60er-Jahren
weggesperrt. Günther blieb vier leidvolle Jahre. „Wenn die Wände
sprechen könnten, hätten sie was zu erzählen“, sagt er und schleicht
durch die Anlage. Hier auf dem „Kalmenhof“ war der Kontakt zwischen
Jungen und Mädchen streng verboten, sie wurden getrennt untergebracht.
Günther Klefens braucht die Wände nicht, er kann selbst von den schweren
Misshandlungen berichten. Noch immer treiben sie ihm Tränen in die
Augen. Eine Erzieherin zerkratzte ihm einmal mit ihren Fingernägeln das
Gesicht. Als ihn ein Bekannter besuchte, sagte der: „Was haben sie mit
dir gemacht? Du siehst aus wie Jesus am Kreuz.“
Sein schlimmstes Trauma erlitt Günther Klefens im Keller, in den er eingesperrt wurde. „In den Duschräumen sind große Kinder über mich hergefallen – erst so spielerisch und dann ging‘s ins Gröbste.“ Er schluchzt nicht, er weint – und behält dabei die Würde, die sie ihm damals als Kind längst genommen hatten. „Ich habe niemanden mehr an mich rangelassen, jede Umarmung habe ich abgewehrt“, sagt Klefens, „das hat mich zu dem gemacht, was ich bin: ein sexueller Krüppel.“ Wie paradox: Man möchte ihn umarmen – doch genau das würde er nicht aushalten. Die Erzieher fanden ihn damals auf dem Boden und befahlen ihm aufzustehen. Danach gingen sie zur Tagesroutine über. Heute wohnen 14 Jugendliche mit ihren Betreuern unter diesem Dach. Sie legen Wert auf die Bezeichnung Jugendgruppe, Heimkinder möchten sie nicht genannt werden. Günther sagt ihnen: „Das ist für mich eine Fantasiewelt, wie das hier so abläuft. Ich wäre froh, wenn wir das damals gehabt hätten.“
Sein schlimmstes Trauma erlitt Günther Klefens im Keller, in den er eingesperrt wurde. „In den Duschräumen sind große Kinder über mich hergefallen – erst so spielerisch und dann ging‘s ins Gröbste.“ Er schluchzt nicht, er weint – und behält dabei die Würde, die sie ihm damals als Kind längst genommen hatten. „Ich habe niemanden mehr an mich rangelassen, jede Umarmung habe ich abgewehrt“, sagt Klefens, „das hat mich zu dem gemacht, was ich bin: ein sexueller Krüppel.“ Wie paradox: Man möchte ihn umarmen – doch genau das würde er nicht aushalten. Die Erzieher fanden ihn damals auf dem Boden und befahlen ihm aufzustehen. Danach gingen sie zur Tagesroutine über. Heute wohnen 14 Jugendliche mit ihren Betreuern unter diesem Dach. Sie legen Wert auf die Bezeichnung Jugendgruppe, Heimkinder möchten sie nicht genannt werden. Günther sagt ihnen: „Das ist für mich eine Fantasiewelt, wie das hier so abläuft. Ich wäre froh, wenn wir das damals gehabt hätten.“
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