26.03.12

Kommentar: Konsequenzen ziehen - Fall "Spatzennest und die Wormser Prozesse" - warum bis heute keine Konsequenzen in ganz Deutschland?

WORMS

Von Reinhard Breidenbach

Der Bürgermeister Georg Büttler hat die Pflicht, Schaden abzuwenden von seiner Stadt, ihren Menschen, seinem Amt, seiner Partei und auch von sich selbst und denen, die ihm immer nahestanden. Deshalb sollte er von seinem Amt zurücktreten. Den Ausschlag gibt der Fall „Spatzennest“, eine Angelegenheit von einer Monstrosität, die auf den ersten Blick absurd erscheint.

Eltern werden des Missbrauchs beschuldigt, ihre Kinder kommen ins Heim, die Eltern werden freigesprochen, das Jugendamt lässt die Kinder im Heim, dort werden sie missbraucht.


Es gibt verschiedene Arten von Verantwortlichkeit. Es gibt Pflichtverletzungen, die auf Verschulden beruhen, auf Fahrlässigkeit oder Vorsatz, wobei letzteres im Fall Büttler natürlich ausscheidet. Auch, ob ihm im Fall „Spatzennest“ Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre, ist zumindest zweifelhaft. Allerdings gibt es nicht nur unter den betroffenen Eltern Stimmen, die anklingen lassen, das Jugendamt habe die Kinder niemals wirklich aus dem Heim holen wollen. Das Prinzip, das einen Rücktritt Büttlers fordert, heißt: politische Verantwortung.

Sie ist unabhängig davon, etwas verschuldet zu haben. Sie bedeutet, dass Politiker – anders als etwa Beamte oder Richter – für das reine Faktum eines Ergebnisses zu belangen sind. Und das Ergebnis im Fall „Spatzennest“ ist verheerend. Das Prinzip der politischen Verantwortung ist sinnvoll, heißt gerade nicht: „Irgendeinen muss man hängen, wenn etwas passiert.“ Sondern vielmehr: Wer als Politiker entscheidet, muss von Anfang an wissen, dass er für das Ergebnis geradestehen muss, unabhängig davon, ob er schuldhaft handelt oder nicht.

Das Prinzip der Gefährdungshaftung, der Haftung rein für ein Ergebnis, ist in anderen Rechtsbereichen lange etabliert. Ungerecht? Mitnichten. Die Gesellschaft ist davon abhängig, dass Politiker gut gestalten, deshalb genießen sie enorme Privilegien, müssen aber auch akzeptieren, dass ein schlechtes Resultat hart geahndet wird. Der Fall „Spatzennest“, dieses katastrophale Resultat, reichte für sich alleine aus für einen Rücktritt. Dass es am Ende einer Kette früherer Eklats steht, macht die Angelegenheit umso gravierender. Und dass Georg Büttler gerade jetzt, einmal mehr, schweigt, spricht Bände.


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