06.10.14

Prüfbericht : Yagmur: Tod wegen „Verkettung von Fehlern“

 Nachbarn und Freunde haben vor der Wohnung von Yagmurs Eltern Kerzen und Stofftiere aufgestellt.

Mit Spannung wurde der Bericht der Jugendhilfeinspektion zum gewaltsamen Tod der kleinen Yagmur erwartet. Er macht deutlich: Die Gefahr, in der sich das Mädchen befand, wurde in den zuständigen Jugendämtern trotz vieler Warnungen übersehen.


Hamburg | Leichtgläubigkeit, schlechte Übergaben und Überlastung – ein Prüfbericht sieht bei den Jugendämtern eine Mitverantwortung für den gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur aus Hamburg. „Es gibt nicht den zentralen Fehler, es war eine Verkettung von Fehlern“, sagte der Leiter der Jugendhilfeinspektion, Horst Tietjens, am Donnerstag. Eineinhalb Monate hatte es gedauert, bis die Inspekteure ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentierten - allerdings ist der überwiegende Teil mit Rücksicht auf den Sozialdatenschutz geschwärzt. Nur wenige - etwa die Abgeordneten im Familienausschuss der Bürgerschaft - kennen die ganze Version.
Deutlich wird dennoch: Immer wieder hat es Momente gegeben, in denen das traurige Schicksal des Kindes vielleicht noch hätte verhindert werden können. „Wir wollten die Stellen finden, an denen man sich hätte anders verhalten können“, erklärte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD).
Schließlich verblutete Yagmur am 18. Dezember nach einem Leberriss innerlich. An ihrem Körper fanden sich mehr als 80 Hämatome und Quetschungen. Ihr Vater soll sie misshandelt und tödlich verletzt, die Mutter nichts dagegen getan haben. Beide sitzen in Untersuchungshaft.

Es gab viele Warnhinweise, die von den Mitarbeitern in den Jugendämtern Eimsbüttel und Mitte nicht richtig bewertet wurden. Auch weil die Zuständigkeiten immer wieder wechselten, unter anderem weil das Kind umzog oder eine Mitarbeiterin erkrankte. Die Sensibilität für das Wohlergehen des Kindes sei schlicht abhandengekommen, heißt es in dem Bericht. Er bescheinigt zudem „zweifellos eine schwierige Personal- und Belastungssituation“. „Der Bericht sagt (...) ganz deutlich, dass die Überlastungssituation der Mitarbeiter so extrem ist, dass aus zeitlichen Gründen viele Dinge nicht weiterverfolgt wurden“, erklärte die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke.

Mitte 2013 fiel die folgenschwere Entscheidung, dass das Kind bei seinen leiblichen Eltern leben durfte - obwohl es schon vorher den Verdacht gab, dass das Mädchen bei Besuchen dort misshandelt wurde und deswegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft liefen. Die Leiter der zuständigen Bezirksämter wollen noch prüfen, ob das Verhalten der Mitarbeiter dienstrechtliche Konsequenzen haben wird. Yagmur war seit ihrer Geburt von verschiedenen Jugendämtern betreut worden und lebte zuerst bei einer Pflegemutter.
„Der Bericht der Jugendhilfeinspektion zeichnet ein Bild totalen Versagens und fundamentaler Fehleinschätzungen nahezu aller beteiligten Stellen, die in Yagmurs Leben eine Rolle gespielt haben“, sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries. „Neben der Rolle der Jugendämter müssen auch Staatsanwaltschaft, Familiengericht und die betreuende Kita unter die Lupe genommen werden.“ Dazu macht der Bericht der Jugendhilfeinspektion keine Aussagen.


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erstellt am 30.Jan.2014 | 17:58 Uhr 

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