08.06.14

OLG Celle: Kommunikationsschwierigkeiten der Eltern oder Ablehnung durch einen Elternteil verhindern nicht die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts


Das OLG Celle hat entschieden, dass die Übertragung von Teilen des Sorgerechts auf den Kindesvater eines nichtehelichen Kindes nicht daran gehindert wird, dass die Kindeseltern Kommunikationsschwierigkeiten haben oder die Kindesmutter die gemeinsame elterliche Sorge ablehnt.

1. Sachverhalt

Die Beteiligten sind nicht mit einander verheiratet gewesen. Aus ihrer Beziehung sind zwei Kinder hervorgegangen. Die Beziehung dauerte von 1996 bis 2001. Die elterliche Sorge hatte die Kindesmutter alleine. Die Eltern bewohnen angrenzende Doppelhaushälften im gleichen Ort. Der Kindesvater beantragte im April 2012 die Miteinräumung der elterlichen Sorge der beiden Kinder sowie die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf sich allein. Die Beteiligten einigten sich auf das Wechselmodell, konnten sich aber im Hinblick auf die Wahrnehmung der Gesundheitsfürsorge der Tochter nicht einigen. Die Tochter leidet an einer Nierenerkrankung. Das Familiengericht hat zunächst entschieden die Gesundheitsfürsorge der Kindesmutter zu überlassen. Dagegen legte der Kindesvater Beschwerde beim Oberlandesgericht ein.

2. Beschluss des OLG Celle vom 16.01.2014 (10 UF 80/13)

Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde des Kindesvaters stattgegeben und ihm die Gesundheitsfürsorge für die Tochter alleine übertragen.
Nach Überzeugung des Senats entspricht die Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf den Vater dem Kindeswohl am besten.
a) Das Oberlandesgericht stellte zunächst klar, dass aufgrund der neuen gesetzlichen Regelung ein neues Leitbild im Sorgerecht entstanden sei. Grundsätzlich ginge das Gesetz davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge den Bedürfnissen des Kindes am meisten entspreche.
b)  Aufgrund des neuen Leitbildes im neuen Sorgerecht reiche die bloße Ablehnung seitens der Kindesmutter nicht aus, um die Alleinsorge bei der Mutter zu belassen. Auch die Kommunikationsschwierigkeiten sprechen nicht dafür, die Alleinsorge bei der Mutter zu belassen.
c)   Im Hinblick auf die Entscheidung über die Gesundheitsfürsorge für die Tochter wurde die Tochter selbst angehört. Hier war das Oberlandesgericht der Auffassung, dass die Eltern keine eigene konstruktive gemeinsame Entscheidungsfindung ermöglichen. Eine Einigung über das weitere Vorgehen hinsichtlich der medizinischen Behandlung der Nierenerkrankung sei hier nicht abzusehen. Die Tochter hatte dagegen eindeutig in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass und warum sie wünscht, der Vater solle zukünftig die Entscheidung in diesen Fragekreis treffen. Das Gericht war auch der Überzeugung, dass die Aussagen authentisch waren. Das Oberlandesgericht führt hierzu wie folgt aus:
“Diesen unzweideutig zum Ausdruck gebrachten Willen der Jugendlichen, der zur Überzeugung des Senats auch authentisch ist und keinen Widerspruch zum objektiven Kindeswohlinteresse erkennen lässt, kommt im vorliegenden Fall umso größere Bedeutung zu, als E (die Tochter, Anmerkungen des Verfassers) bereits das 17ten Lebensjahr vollendet hat und mit dem Umgang mit Ihrer Erkrankung nach dem Eindruck des Senats  auch altersentsprechend vertraut ist. Da sie in wenigen Monaten in Folge Ihrer eintretenden Volljährigkeit ohnehin selbst voll umfänglich entscheiden wird, vermag auch der Grundsatz der Kontinuität hier keinen Ihren Willen entgegenstehenden Entscheidung über die elterliche Sorge zu rechtfertigen.“
Daher wurde dem Kindesvater die Gesundheitsfürsorge für die Tochter alleine übertragen.
Rechtsanwalt
Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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Tel.: 0221/ 272 47 45
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