Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Vaters und
Antragsgegners (Prof. Dr. C2) gegen die Sachverständige Dipl.-Psych. I
wird für unbegründet erklärt.
Die Sachverständige wird gemäß §
404a
Abs. 1 ZPO angewiesen, bei den mit dem Antragsgegner durchzuführenden
Explorationsgesprächen die Anwesenheit einer von ihm mitgebrachten, sich
an den Gesprächen nicht beteiligenden Begleitperson in angemessener
Hörweite zuzulassen.
Der Hilfsantrag, die Sachverständige zu entpflichten und einen anderen Sachverständigen zu bestellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Das Ablehnungsgesuch ist gemäß §
406 ZPO i. V. m. §§
30 Abs. 1,
6
Abs. 1 S. 1 FamFG zulässig, in der Sache aber nicht gerechtfertigt.
Gründe, die geeignet sind, objektiv oder bei einer vernünftigen
Betrachtung aus Beteiligtensicht Misstrauen gegen die Unparteilichkeit
der abgelehnten Sachverständigen zu rechtfertigen (vgl. §
42 Abs. 2 ZPO i. V. m. §§
30 Abs. 1,
6 Abs. 1 S. 1 FamFG), liegen nicht vor.
Der Antragsgegner begründet sein Ablehnungsgesuch damit, dass die
Sachverständige eine Begleitung der Explorationsgespräche durch einen
Beistand und/oder eine Tonaufzeichnung der Gespräche verweigert habe.
Bedenken gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen können daraus
jedoch nicht hergeleitet werden. Denn eine eindeutige Rechtslage im
Sinne einer gefestigten oder gar höchstrichterlichen Rechtsprechung,
dass ein psychologisch oder auch medizinisch zu Begutachtender eine
Begleitung durch einen Beistand oder eine Tonaufzeichnung beanspruchen
könne, existiert bisher nicht. Soweit ersichtlich, ist bisher erst durch
zwei obergerichtliche Entscheidungen, die auch vom Antragsgegner
zitiert worden sind (OLG Zweibrücken ; LSG Rheinland-Pfalz ),
ein Anspruch auf Anwesenheit einer Begleitperson anerkannt worden. Die
weiter zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und
München betreffen dagegen bautechnische Gutachten, bei denen die
Befugnis zur Hinzuziehung einer fachkundigen Begleitperson zu
Ortsterminen ohnehin bereits allgemein anerkannt ist. Ferner hat die
Sachverständige für ihre Weigerung eine Begründung angeführt, die
erkennen lässt, dass es sich um ihre auf nachvollziehbare Gesichtspunkte
gestützte fachliche Auffassung handelt, und nicht um eine bewusste
Missachtung eines eindeutigen Verfahrensrechts eines Beteiligten.
2.
In der Sache schließt sich der Senat allerdings den beiden oben
zitierten Entscheidungen an. Ausschlaggebend ist dabei vor allem der
Gesichtspunkt, dass ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender
Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, gegenüber abstrakt immer
denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven
Rechtsschutz zu erlangen. Behauptet er nach Vorliegen des Gutachtens,
der dort wiedergegebene Hergang einer Untersuchung oder eines
Explorationsgesprächs sei in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, so
wird sich der Sachverständige in der Regel darauf berufen, den Hergang
nach seiner Überzeugung und Erinnerung richtig aufgezeichnet zu haben.
Wenn die Unrichtigkeit der Wiedergabe dann nicht ausnahmsweise durch
objektive Anhaltspunkte gestützt wird, hat der Beteiligte keine
Möglichkeit, sie zu belegen und sich damit erfolgreich gegen ein ihm
nachteiliges Gutachtenergebnis zu wenden. Die Hinzuziehung einer
Begleitperson hingegen erlaubt es ihm in diesem Fall, mit Aussicht auf
Erfolg einen Zeugenbeweis anzutreten. Gegenüber diesem wesentlichen
Verfahrensgesichtspunkt muss die Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung
des Untersuchungsganges - speziell im psychiatrischen und
psychologischen Bereich - durch die bloße Anwesenheit der Begleitperson
in einer angemessenen Hörweite hingenommen werden. Falls der
Sachverständige nach der Untersuchung zu der begründbaren Auffassung
gelangen sollte, dass eine Beeinflussung erfolgt sei und das
Untersuchungsergebnis deshalb eine geringere Aussagekraft habe als wenn
es ohne Begleitperson gewonnen worden wäre, kann er dies in seinem
Gutachten darlegen, ebenso wie er es tun müsste, wenn die Aussagekraft
durch eine gänzliche Weigerung, sich begutachten zu lassen, oder durch
sonstige fehlende Tatsachengrundlagen herabgesetzt wäre. Die Würdigung
hätte dann letztlich das Gericht vorzunehmen.
Nicht zu gestatten ist hingegen einer mitgebrachten Begleitperson,
sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter,
eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte
oder sonstige Äußerungen. Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder
psychologischen Untersuchung, anders als z. B. bei einem baurechtlichen
Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch
Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten, wohingegen die Rechte des
zu Begutachtenden in diesem Punkt durch die Möglichkeit nachträglicher
schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des
Sachverständigen im Gerichtstermin hinreichend gewahrt sind.
Deshalb hat der Senat die Sachverständige zur Zulassung einer sich am
Gespräch nicht beteiligenden Begleitperson angewiesen. Sofern sie
allerdings noch zu einem Einvernehmen mit dem Antragsgegner darüber
gelangen sollte, dass eine Tonaufzeichnung der Anwesenheit einer
Begleitperson vorzuziehen ist, weil dies zu einer noch geringeren
Beeinträchtigung des Explorationsergebnisses führt und die Begleitperson
ohnehin kein Beteiligungsrecht hat, wäre der Weisung des Senats auch
durch die Tonaufzeichnungsmöglichkeit Genüge getan.
3.
Nicht gerechtfertigt ist eine Entpflichtung der Sachverständigen und
die Einholung eines neuen Gutachtens mit der Begründung, dass bereits
jetzt feststehe, dass das erst noch zu erstattende Gutachten wegen
Verletzung der Sachverständigenpflichten ungenügend i. S. d. §
412
Abs. 1 ZPO sein werde. Denn auch wenn die Sachverständige bisher die
Auffassung vertreten hat, die Anwesenheit einer Begleitperson sei wegen
Beeinflussung der Explorationsgespräche nicht zu gestatten, ist damit
nicht gesagt, dass sie sich auch der nunmehr ergangenen gerichtlichen
Anweisung widersetzen und demzufolge ein ungenügendes Gutachten
erstatten wird.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Kommentare
Zum Glück hat die Stadt verloren.
Es steht ja offensichtlich eine ziemliche Sauerei dahinter, die man unterdrücken wollte.
Wie kann ein Landgericht so etwas unterstützen wie heisst der Bonner Richter?
Bei der letzten Demo gegen Behörden- und Justiz-Willkür in München hat mir ein sehr netter Besucher sehr glaubhaft berichtet,er sei 4 Monate in der Psychatrie gelandet, nachdem ein Journalist, mit dem er sich am Rande eines anderen öffentlichen gerichtsverfahrens über seinen Sorgerechtsfall unterhalten hatte, veröffentlich hatte, dass er den Richter am liebsten umbringen würde.
Was die gerichtlichen Versuche, Kritik am familiengerichtlichen Irrsinn zu äußern angeht, kann ich z.B. auch den ZEIT-Artikel: „Das darf nicht wahr sein!“ empfehlen. Da wurde Rainer Stadler vom Süddeutschen Zeitung Magazin die Fortsetzung eines anonymisierten Artikels über einen „besonders beklemmenden“, aufwändig recherchierten und „akribisch“ rekonstruiierten und leider in vielerlei Hinsicht außerordentlich tyischen Fall vom Landgericht Hamburg verboten.
Bitte vergleichen Sie auch den Umgang mit Meinungsfreiheit und Presserecht von Ex-GeneralbundesanwältInnen wie Monika Harms (Fall Andrej Holm) und jüngst Harald Range (netzpolitik.org). Daraus darf man schließen, dass eine solche verrohte Rechtsauffassung in der Justiz keine Seltenheit ist. Dazu können Sie sich auch meine Darstellung und Erklärung auf meiner Justiz- und Autismus-Webseite auf https://www.pinterest.com/gertrud4617/ anschauen.
nein es wurde der Informat, nicht die Journalistin und damit das schwächste Glied in der Kette in Anspruch genommen. Unsere Sicht der Dinge erfahren Sie hier http://media-kanzlei-frankfurt.de/presse
Beste Grüße
Severin Müller-Riemenschneider