Ungewöhnliches Verhalten eines Gerichts-Gutachters beschäftigt die Justiz
Martin K. hat dem Grauen oft in die Seele
geblickt. Auf den Sachverstand des angesehenen Würzburger Gutachters
bauten bayernweit Richter in Prozessen, wenn sie Mörder, Vergewaltiger,
Kinderschänder beurteilen sollten: beim Winzermord in Dettelbach, im
Icedome-Fall in Schweinfurt, als eine Frau in Ochsenfurt eine Behinderte
auf einem Parkplatz überfuhr oder ein Volkacher seine Schwiegermutter
zu Tode folterte.
Doch nun wirft sein eigenes Verhalten Schatten auf die gutachterliche Tätigkeit des Psychiaters. Jetzt will man von ihm Antwort auf die Frage, die er sonst anderen stellt: Ist er normal – oder nicht mehr Herr seiner Sinne?
Bezeichnenderweise war er im November 2013 auf der Rückfahrt von einem Prozess in Aschaffenburg, als er ein merkwürdiges Verhalten zeigte: Nach Angaben von Zeugen drängte er einen zwölfjährigen Jungen auf dem Heimweg, in sein Auto zu steigen, weil er ihn „retten“ wolle – juristisch ein Versuch der Kindesentziehung. Erst der Großvater des Jungen wies den Mann in seine Schranken, nachdem der sich sogar Zugang zum Haus verschafft hatte. Als die Polizei kam, sprach der Psychiater von einem Missverständnis.
Gutachten hat er seitdem keine erstellt, er ist krankgeschrieben. Seit dem Vorfall im November ermittelte die Staatsanwaltschaft – zunächst in aller Stille. Doch seit die Aschaffenburger Zeitung „Main-Echo“ im Februar berichtete, schlagen die Wogen der Erregung hoch. Inzwischen berichten Medien bundesweit. Anwälte beginnen Listen von Fällen anzulegen, in denen das Gutachten des Psychiaters entscheidend war. Ganz Eifrige reden von alten Fällen, die neu aufgerollt werden müssten.
Leitender Oberstaatsanwalt Lothar Schmitt bemüht sich, die wachsende Erregung zu dämpfen. Den gebürtigen Oberfranken bringt öffentliche Aufregung nicht so schnell aus der Ruhe. Als ehemaliger Vorsitzender einer Strafkammer, die in Würzburg spektakuläre Morde verhandelte, hat Schmitt gelernt, mit derartigem Druck umzugehen. „Wir prüfen derzeit nicht, ob Gutachten richtig oder falsch waren“, erklärt er auf Anfrage. „Wir können nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.“
Der Beschuldigte habe die Tat ja zugegeben. Ein Gutachter müsse nun prüfen, ob K. „schuldfähig war oder nicht“. Spekulationen darüber, ob er bei Gutachten zu Fehleinschätzungen gekommen sein könnte und Fälle neu verhandelt werden müssen, hält der Chef der Staatsanwaltschaft für voreilig. „Nicht der Sachverständige hat entschieden, sondern Gerichte – wenn auch auf der Basis seiner Gutachten“, betont er. Selbst wenn eine Schuldunfähigkeit festgestellt wird, sei nicht gesagt, wie lange die zurückreiche. Mit anderen Worten: Ob dies für die Beurteilung des Psychiaters in Prozessen entscheidend war, ist nicht gesagt.
Die jetzt angeordnete Prüfung seines Zustandes richte den Blick in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit: „Sind von dem Beschuldigten weitere schwerwiegende Taten zu erwarten?“ Der Gutachter soll „möglichst schnell“ arbeiten, aber er brauche zwei, drei Monate. „Druck bringt nichts, wir brauchen Qualität.“
Doch nun wirft sein eigenes Verhalten Schatten auf die gutachterliche Tätigkeit des Psychiaters. Jetzt will man von ihm Antwort auf die Frage, die er sonst anderen stellt: Ist er normal – oder nicht mehr Herr seiner Sinne?
Bezeichnenderweise war er im November 2013 auf der Rückfahrt von einem Prozess in Aschaffenburg, als er ein merkwürdiges Verhalten zeigte: Nach Angaben von Zeugen drängte er einen zwölfjährigen Jungen auf dem Heimweg, in sein Auto zu steigen, weil er ihn „retten“ wolle – juristisch ein Versuch der Kindesentziehung. Erst der Großvater des Jungen wies den Mann in seine Schranken, nachdem der sich sogar Zugang zum Haus verschafft hatte. Als die Polizei kam, sprach der Psychiater von einem Missverständnis.
Gutachten hat er seitdem keine erstellt, er ist krankgeschrieben. Seit dem Vorfall im November ermittelte die Staatsanwaltschaft – zunächst in aller Stille. Doch seit die Aschaffenburger Zeitung „Main-Echo“ im Februar berichtete, schlagen die Wogen der Erregung hoch. Inzwischen berichten Medien bundesweit. Anwälte beginnen Listen von Fällen anzulegen, in denen das Gutachten des Psychiaters entscheidend war. Ganz Eifrige reden von alten Fällen, die neu aufgerollt werden müssten.
Schuldfähigkeit wird geprüft
Auch im Justizministerium gibt der Fall – der in der Heimatstadt des neuen Ministers Winfried Bausback spielt – Anlass zu Risiko-Abschätzungen: „Gerade hatten sich die Wogen im Fall Mollath geglättet“, hadert ein Justizvertreter. Seitdem steht die Arbeit der Gerichtsgutachter ohnehin verschärft unter Beobachtung.
Leitender Oberstaatsanwalt Lothar Schmitt bemüht sich, die wachsende Erregung zu dämpfen. Den gebürtigen Oberfranken bringt öffentliche Aufregung nicht so schnell aus der Ruhe. Als ehemaliger Vorsitzender einer Strafkammer, die in Würzburg spektakuläre Morde verhandelte, hat Schmitt gelernt, mit derartigem Druck umzugehen. „Wir prüfen derzeit nicht, ob Gutachten richtig oder falsch waren“, erklärt er auf Anfrage. „Wir können nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.“
Der Beschuldigte habe die Tat ja zugegeben. Ein Gutachter müsse nun prüfen, ob K. „schuldfähig war oder nicht“. Spekulationen darüber, ob er bei Gutachten zu Fehleinschätzungen gekommen sein könnte und Fälle neu verhandelt werden müssen, hält der Chef der Staatsanwaltschaft für voreilig. „Nicht der Sachverständige hat entschieden, sondern Gerichte – wenn auch auf der Basis seiner Gutachten“, betont er. Selbst wenn eine Schuldunfähigkeit festgestellt wird, sei nicht gesagt, wie lange die zurückreiche. Mit anderen Worten: Ob dies für die Beurteilung des Psychiaters in Prozessen entscheidend war, ist nicht gesagt.
Die jetzt angeordnete Prüfung seines Zustandes richte den Blick in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit: „Sind von dem Beschuldigten weitere schwerwiegende Taten zu erwarten?“ Der Gutachter soll „möglichst schnell“ arbeiten, aber er brauche zwei, drei Monate. „Druck bringt nichts, wir brauchen Qualität.“
Manfred Schweidler
» Über den AutorDiesen Artikel
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