30.04.12
Sign this petition! Ask United Nations to Recognize Parental Alienation As Violence And Abuse Against Children
Professionals in different disciplines identified and defined Parental Alienation as the pervasive practice of one divorcing parent against the other parent to destroy the relationship of the targeted parent with his or hers children. This is usually done with intent to gain financial benefits in court.
Since 1989, the year that The Convention on the Child entered in force, a more pernicious form of Parental Alienation has permeated global societies. In order to comply with the yearly resolutions suggested by NGOs to the Committee on the Rights of the Child, States and their governments initiated, developed and sustain a persecution of parents to separate them from their children. Those resolutions are never contested by Nations and are accepted blindfolded.
Children welfare agencies are heartlessly taken children away from their homes and parents, grandparents and family under the most unreasonable and heinous excuses to give them away to foster and adoption places.
This absurd cruelty and brutality has to stop now!
GERMAN
Worum geht es?
Eltern-Kind-Entfremdung (englisch Parental Alienation Syndrome PAS)wird von Experten in unterschiedlichen Disziplinen als fortgesetzte Handlungen eines Elternteils zur Zerstörung der Beziehung des Kindeszum anderen Elternteils definiert. PAS tritt typischerweise imZusammenhang mit gerichtlichen Auseinandersetzungen auf und ist oftdurch die finanziellen Auswirkungen von Scheidungen begründet.
Die Kinderrechtskonvention ist 1989 in Kraft getreten und seit damalsverbreitet sich eine fortgeschrittene, noch schädlichere Form von PAS in den Vertragsstaaten.
Die von Nichtregierungsorganisationen (non governmental organizations NGOs) erstellen Zielvorgaben desKinderrechtsausschusses führen zum planmässigen Vorgehen staatlicherStellen gegen die natürlichen Eltern vieler Kinder und zur Trennung der Kinder von ihren Eltern. Diese Zielvorgaben wurden bisher weder auf staatlicher noch auf internationaler Ebene kritisch hinterfragt.
Einrichtungen der Jugendwohlfahrt/Jugendamt entfernen Kinder rücksichtslos aus ihren Wohnungen und trennen sie unter fadenscheinigen Vorwänden von ihren Eltern, Grosseltern und der gesamten Familie, damit sie für Adoptionen und Fremdunterbringung verfügbar werden.
Dieses brutale und widersinnige Vorgehen muss aufhören!
http://www.change.org/petitions/ask-united-nations-to-recognize-parental-alienation-as-violence-and-abuse-against-children?utm_medium=facebook&utm_source=share_petition&utm_term=friends_wall
JUGENDÄMTER - Eltern in vier Stunden
Von Brandt, Andrea
Sie hat es geschafft, zu Hause diese
Fotos wieder aufzuhängen. Eine Kinderhand ist darauf zu sehen, eine
blonde Zweijährige, die mit ihrer Puppenküche spielt. Daneben dasselbe
Mädchen im Kindergartenalter, strahlend, die Wangen mit Lippenstift
bemalt. "Das war unser letzter Ausflug", sagt die Mutter.
Martina S., 36, wird ihre Tochter nur noch auf Fotos sehen. Die fünfjährige Talea starb am 18. März in der Obhut einer behördlich geprüften Pflegefamilie in Wuppertal. Das Jugendamt hatte sie dorthin gebracht, damit es ihr besser gehe als zu Hause. Ihre alleinerziehende Mutter sollte Zeit für einen Alkoholentzug bekommen.
Es kam dramatisch anders. In dieser Woche beginnt vor dem Landgericht Wuppertal der Prozess gegen Taleas 38-jährige Pflegemutter. Sie soll das Kind, das mit teils faustgroßen Blutergüssen übersät war, laut Anklageschrift durch "Ersticken mit der Hand oder einem unbekannten Gegenstand" getötet haben. Taleas kleiner Körper sei zudem "massiv" unterkühlt gewesen, da die Pflegemutter sie in eine Badewanne mit kaltem Wasser gelegt habe. Die Beschuldigte habe die Tat in einer ersten Vernehmung bestritten, so ihr Verteidiger Michael Kaps. Angeklagt gehört aus Sicht der leiblichen Eltern nicht nur eine einzelne Frau, sondern ein ganzes System. Die Mutter und Taleas Vater André R. fordern eine bessere Auswahl und mehr Kontrolle von Pflegefamilien. Taleas Tod müsse "alle aufrütteln, die in Deutschland für Pflegekinder verantwortlich sind", sagt Martina S.
Der Ruf nach mehr Schutz für Kinder, die der Staat etwa nach Drogenproblemen, Gewalt oder Vernachlässigung im Elternhaus in eine Pflegefamilie gibt, wird immer lauter. Im Mai wurde am Landgericht Braunschweig ein Sozialpädagoge aus Wernigerode zu mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er nach Überzeugung der Richter zwei Pflegetöchter und einen Pflegesohn jahrelang sexuell missbraucht hatte. Seit dem Frühjahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Ravensburg gegen ein Pflegeeltern-Paar wegen des Verdachts auf schwere Misshandlungen ihres dreijährigen Schützlings. Im vergangenen November verurteilte ein Schöffengericht in Dortmund eine Pflegemutter zu zwei Jahren auf Bewährung und Berufsverbot. Sie soll Pflegekinder mit Mullbinden ans Bett gefesselt und ihnen Brandwunden zugefügt haben.
Schon im Oktober 2004 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, Jugendämter müssten künftig intensiver prüfen, wie Familien mit ihren Pflegekindern umgehen. Zuvor war in Stuttgart ein Kind in einer Pflegefamilie verhungert. Doch passiert ist seitdem zu wenig.
Dabei gibt es meist Hinweise, von Nachbarn, Ärzten oder aus Kindergärten. Auch in Taleas Fall hatten Jugendamtsmitarbeiter von Verletzungen des Mädchens erfahren, aber sie forschten nicht gründlich nach, machten keine Fotos, brachten es nicht zum Arzt. Zwar konnte ihnen in zwei inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren strafrechtlich keine Mitschuld an Taleas Tod nachgewiesen werden. Aber für den ermittelnden Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt ist das "ganz sicher kein Freibrief, dass alle richtig gehandelt haben".
Auch viele unbescholtene Pflegeeltern fordern inzwischen mehr Einsatz von den Jugendämtern im Kampf gegen Mängel im System. "Der Staat versagt bei der Betreuung von Pflegekindern und ihren Familien", klagt Ines Kurek-Bender, Vorsitzende der Landesgruppe Hessen des Bundesverbands der Pflege- und Adoptivfamilien (Pfad). Taleas Vermittlung in ihre Wuppertaler Pflegefamilie sei "eine einzige Katastrophe" gewesen. Eine, die sich so oder ähnlich auch in anderen deutschen Städten abspielen könnte.
So kam Talea eigentlich nur zur kurzzeitigen Pflege in eine sogenannte Bereitschaftspflegefamilie, blieb aber deutlich länger als vorgesehen. Solche Verlängerungen setzten die Familien oft extrem unter Stress, würden von den Jugendämtern jedoch häufig eingeplant, kritisiert Kurek-Bender. Für die besonders anspruchsvolle Bereitschaftspflege, bei der Kinder meist als Notfall aufgenommen werden, dürften zudem nur erfahrene oder sehr qualifizierte Pflegeeltern ausgewählt werden. Taleas Pflegemutter, die zuletzt als Sekretärin in einer Wirtschaftskanzlei arbeitete, hatte aber noch nie ein Pflegekind betreut.
In der Familie, in der Talea starb, lebten neben der Pflegemutter und ihrem zweiten Ehemann noch eine eineinhalbjährige gemeinsame Tochter und ein neunjähriger Sohn aus erster Ehe der Frau. Ein Windelkind braucht viel Aufmerksamkeit. Deshalb sei es ein Unding, einer Familie mit einem so kleinen Kind zusätzlich ein Pflegekind zu vermitteln, argumentiert Expertin Kurek-Bender. Der Wuppertaler Jugendamtsleiter Dieter Verst verteidigt die Entscheidung seiner Mitarbeiter. Es gebe dazu keine verbindlichen Vorschriften.
"Wir brauchen mehr bundesweit einheitliche Standards für den Umgang mit Pflegekindern", fordert auch Elisabeth Helming, Soziologin und Pflegekind-Fachfrau beim Deutschen Jugendinstitut in München. Bislang mache jede Kommune weitgehend, was sie wolle. Und das ist allzu oft unzureichend - bei der Auswahl, aber auch bei der Begleitung von Pflegefamilien durch Fachleute.
Elke und Matthias Fritzsche aus der Nähe von Hamburg wurden 2006 im Schnellverfahren zu Pflegeeltern. Sie hätten sich zu einem vierstündigen Vorbereitungskurs angemeldet, "weil wir helfen wollten", so die Eltern von drei Kindern zwischen 10 und 19 Jahren. Kurz nach Abschluss des "völlig oberflächlichen" Seminars seien ihnen dann telefonisch zwei Pflegekinder angeboten worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie nach eigenen Angaben noch nicht einmal einen Fragebogen zu persönlichen Verhältnissen und Einkommen ausgefüllt.
"Total blauäugig", sagt Elke Fritzsche, habe sie zugesagt, 14 Tage später seien die Kinder da gewesen: zwei Geschwister im Alter von neun Monaten und zwei Jahren. Es begann ein Familienexperiment, das die Sprachlehrerin heute als "Kette aus Überforderung, Missverständnissen und Alleingelassenwerden" beschreibt. Von gestressten Jugendamtsmitarbeitern habe sie keine fachliche Hilfe bekommen. Nicht, als das ältere Pflegekind begonnen habe, sich selbst und das Jüngere zu verletzen. Nicht, als es die Tochter der Familie gewürgt habe. Seit dem Frühjahr leben die Kinder in einer heilpädagogischen Einrichtung. Ein Sprecher des zuständigen Landkreises Herzogtum Lauenburg beteuert, die "sehr schnelle Vermittlung in die Pflegefamilie" sei ein "absoluter Einzelfall" gewesen.
Elke Fritzsche ("Wenn wir nicht die Notbremse gezogen hätten, wäre unsere eigene Familie zerbrochen") fordert eine einjährige Ausbildung für Pflegeeltern, dazu mehr Hilfen und Kontrollen von Jugendämtern. Als sie ihre Hündin vom Tierschutzverein bekommen habe, hätten zweimal unangemeldet die Vermittler vor der Haustür gestanden. Bei den Pflegekindern habe niemand ohne Termin nach dem Rechten geschaut. "Wer einen Hund aus dem Tierheim holt, wird in Deutschland besser kontrolliert als eine Pflegefamilie", empört sie sich.
Natürlich gibt es auch viele Jugendamtsmitarbeiter, die sich mit Sachkenntnis und persönlichem Einsatz um Pflegekinder und Pflegeeltern kümmern. Aber deren Arbeit wird nach Ansicht von Experten durch mehrere Entwicklungen erschwert:
* Immer mehr ältere Pflegekinder mit starken Entwicklungsstörungen und Traumatisierungen sollen vermittelt werden. Denn staatliche Stellen setzen heute bei Problemfamilien mehr und länger auf ambulante Hilfen, bevor sie die Kinder wegnehmen;
* da ein Platz in einem Heim für die Kommunen etwa vier- bis fünfmal teurer ist als eine Unterbringung in einer Pflegefamilie mit Kosten zwischen 600 und 1000 Euro im Monat, ist der finanzielle Druck groß, auch schwer gestörte Kinder in Pflegefamilien zu geben. "Die Gefahr wächst, dass blind vermittelt wird", warnt Henrike Hopp, Gründungsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien (Kiap);
* etliche Kommunen haben ihre Pflegekinderdienste abgeschafft, zum Beispiel der Landkreis Verden in Niedersachsen. Pflegeeltern und -kinder werden dann beispielsweise vom Allgemeinen Sozialen Dienst mitversorgt. "Das ist, als ob man mit einem Innenohrtumor nicht zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, sondern zum Hausarzt geschickt wird", kritisiert Kiap-Krisenhelferin Birgit Nabert.
Norma Ritzerfeld, 34, Pflegemutter von zwei Kleinkindern in Rostock, berichtet, sie sei in weniger als drei Jahren von sieben verschiedenen Jugendamtsmitarbeitern betreut worden. Etliche hätten wenige oder gar keine Fachkenntnisse gehabt und vorher zum Beispiel nur mit Scheidungskindern gearbeitet. Zudem seien Supervisionen und Fortbildungen für Pflegeeltern gestrichen worden.
Zweimal, sagt Ritzerfeld, habe ihre fünfjährige Pflegetochter versucht, die jüngere Schwester zu töten. Sie erzählt von "nächtelangen, verzweifelten Gesprächen mit Psychologen", zu denen sie auf eigene Initiative Kontakt aufgenommen habe. Vom Jugendamt seien nur lapidare Tipps gekommen: "Die sagten, ich solle die Kinder halt öfter trennen." Ein Sprecher der Stadt Rostock wies die Vorwürfe zurück, räumte aber ein, dass die "bislang sehr individuelle Betreuung von Pflegeeltern durch Spezialkräfte" nach Umstrukturierungen "so nicht mehr möglich" sei.
"Traumatisierte Kinder treffen in vielen Fällen auf überforderte, schlecht begleitete Pflegeeltern", beschreibt der Erziehungswissenschaftler Jürgen Blandow die Lage. Im neugegründeten Kompetenz-Zentrum Pflegekinder in Berlin will er künftig mit Forscherkollegen und Fachdiensten wie "Pfiff" aus Hamburg bundesweit Langzeit-Qualifizierungen für Jugendamtsmitarbeiter und Beratung für Kommunen anbieten: "Da stehen wir noch ganz am Anfang."
Wie gut ein Pflegekind in Deutschland betreut wird, hängt bislang offenbar stark davon ab, wo es wohnt. Nach einer Studie des Instituts für Sozialpädagogische Forschung in Mainz vom März war im Jahr 2005 eine Vollzeitkraft im Pflegekinderdienst im Landkreis Trier-Saarburg für 151 Pflegekinder zuständig, im Kreis Bad Dürkheim für 107 und in Ludwigshafen für 29. Wissenschaftler empfehlen 25 Kinder pro Mitarbeiter.
Kommunen mit Negativrekorden versichern, inzwischen hätten sich die Fall-Zahlen pro Fachkraft deutlich verringert.
Mit der aktuellen Quote von 76 Pflegekindern auf eine Vollzeitstelle ließen sich die gesetzlichen Aufgaben "gut erfüllen", behauptet Claus Potje, Sozialdezernent des Landkreises Bad Dürkheim.
Johannes Rupp bezweifelt das. Der Pfad-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz sagt, er kenne Pflegekinder, für die der zuständige Jugendamtsmitarbeiter "drei bis fünf Jahre lang" nicht einmal den Hilfeplan erstellt habe, mit dem mindestens alle zwölf Monate die Entwicklung des Kindes kontrolliert werden soll: "Man kann nur beten, dass zufällig nichts Schlimmes passiert." ANDREA BRANDT 2008 Spiegel
Martina S., 36, wird ihre Tochter nur noch auf Fotos sehen. Die fünfjährige Talea starb am 18. März in der Obhut einer behördlich geprüften Pflegefamilie in Wuppertal. Das Jugendamt hatte sie dorthin gebracht, damit es ihr besser gehe als zu Hause. Ihre alleinerziehende Mutter sollte Zeit für einen Alkoholentzug bekommen.
Es kam dramatisch anders. In dieser Woche beginnt vor dem Landgericht Wuppertal der Prozess gegen Taleas 38-jährige Pflegemutter. Sie soll das Kind, das mit teils faustgroßen Blutergüssen übersät war, laut Anklageschrift durch "Ersticken mit der Hand oder einem unbekannten Gegenstand" getötet haben. Taleas kleiner Körper sei zudem "massiv" unterkühlt gewesen, da die Pflegemutter sie in eine Badewanne mit kaltem Wasser gelegt habe. Die Beschuldigte habe die Tat in einer ersten Vernehmung bestritten, so ihr Verteidiger Michael Kaps. Angeklagt gehört aus Sicht der leiblichen Eltern nicht nur eine einzelne Frau, sondern ein ganzes System. Die Mutter und Taleas Vater André R. fordern eine bessere Auswahl und mehr Kontrolle von Pflegefamilien. Taleas Tod müsse "alle aufrütteln, die in Deutschland für Pflegekinder verantwortlich sind", sagt Martina S.
Der Ruf nach mehr Schutz für Kinder, die der Staat etwa nach Drogenproblemen, Gewalt oder Vernachlässigung im Elternhaus in eine Pflegefamilie gibt, wird immer lauter. Im Mai wurde am Landgericht Braunschweig ein Sozialpädagoge aus Wernigerode zu mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er nach Überzeugung der Richter zwei Pflegetöchter und einen Pflegesohn jahrelang sexuell missbraucht hatte. Seit dem Frühjahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Ravensburg gegen ein Pflegeeltern-Paar wegen des Verdachts auf schwere Misshandlungen ihres dreijährigen Schützlings. Im vergangenen November verurteilte ein Schöffengericht in Dortmund eine Pflegemutter zu zwei Jahren auf Bewährung und Berufsverbot. Sie soll Pflegekinder mit Mullbinden ans Bett gefesselt und ihnen Brandwunden zugefügt haben.
Schon im Oktober 2004 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, Jugendämter müssten künftig intensiver prüfen, wie Familien mit ihren Pflegekindern umgehen. Zuvor war in Stuttgart ein Kind in einer Pflegefamilie verhungert. Doch passiert ist seitdem zu wenig.
Dabei gibt es meist Hinweise, von Nachbarn, Ärzten oder aus Kindergärten. Auch in Taleas Fall hatten Jugendamtsmitarbeiter von Verletzungen des Mädchens erfahren, aber sie forschten nicht gründlich nach, machten keine Fotos, brachten es nicht zum Arzt. Zwar konnte ihnen in zwei inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren strafrechtlich keine Mitschuld an Taleas Tod nachgewiesen werden. Aber für den ermittelnden Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt ist das "ganz sicher kein Freibrief, dass alle richtig gehandelt haben".
Auch viele unbescholtene Pflegeeltern fordern inzwischen mehr Einsatz von den Jugendämtern im Kampf gegen Mängel im System. "Der Staat versagt bei der Betreuung von Pflegekindern und ihren Familien", klagt Ines Kurek-Bender, Vorsitzende der Landesgruppe Hessen des Bundesverbands der Pflege- und Adoptivfamilien (Pfad). Taleas Vermittlung in ihre Wuppertaler Pflegefamilie sei "eine einzige Katastrophe" gewesen. Eine, die sich so oder ähnlich auch in anderen deutschen Städten abspielen könnte.
So kam Talea eigentlich nur zur kurzzeitigen Pflege in eine sogenannte Bereitschaftspflegefamilie, blieb aber deutlich länger als vorgesehen. Solche Verlängerungen setzten die Familien oft extrem unter Stress, würden von den Jugendämtern jedoch häufig eingeplant, kritisiert Kurek-Bender. Für die besonders anspruchsvolle Bereitschaftspflege, bei der Kinder meist als Notfall aufgenommen werden, dürften zudem nur erfahrene oder sehr qualifizierte Pflegeeltern ausgewählt werden. Taleas Pflegemutter, die zuletzt als Sekretärin in einer Wirtschaftskanzlei arbeitete, hatte aber noch nie ein Pflegekind betreut.
In der Familie, in der Talea starb, lebten neben der Pflegemutter und ihrem zweiten Ehemann noch eine eineinhalbjährige gemeinsame Tochter und ein neunjähriger Sohn aus erster Ehe der Frau. Ein Windelkind braucht viel Aufmerksamkeit. Deshalb sei es ein Unding, einer Familie mit einem so kleinen Kind zusätzlich ein Pflegekind zu vermitteln, argumentiert Expertin Kurek-Bender. Der Wuppertaler Jugendamtsleiter Dieter Verst verteidigt die Entscheidung seiner Mitarbeiter. Es gebe dazu keine verbindlichen Vorschriften.
"Wir brauchen mehr bundesweit einheitliche Standards für den Umgang mit Pflegekindern", fordert auch Elisabeth Helming, Soziologin und Pflegekind-Fachfrau beim Deutschen Jugendinstitut in München. Bislang mache jede Kommune weitgehend, was sie wolle. Und das ist allzu oft unzureichend - bei der Auswahl, aber auch bei der Begleitung von Pflegefamilien durch Fachleute.
Elke und Matthias Fritzsche aus der Nähe von Hamburg wurden 2006 im Schnellverfahren zu Pflegeeltern. Sie hätten sich zu einem vierstündigen Vorbereitungskurs angemeldet, "weil wir helfen wollten", so die Eltern von drei Kindern zwischen 10 und 19 Jahren. Kurz nach Abschluss des "völlig oberflächlichen" Seminars seien ihnen dann telefonisch zwei Pflegekinder angeboten worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie nach eigenen Angaben noch nicht einmal einen Fragebogen zu persönlichen Verhältnissen und Einkommen ausgefüllt.
"Total blauäugig", sagt Elke Fritzsche, habe sie zugesagt, 14 Tage später seien die Kinder da gewesen: zwei Geschwister im Alter von neun Monaten und zwei Jahren. Es begann ein Familienexperiment, das die Sprachlehrerin heute als "Kette aus Überforderung, Missverständnissen und Alleingelassenwerden" beschreibt. Von gestressten Jugendamtsmitarbeitern habe sie keine fachliche Hilfe bekommen. Nicht, als das ältere Pflegekind begonnen habe, sich selbst und das Jüngere zu verletzen. Nicht, als es die Tochter der Familie gewürgt habe. Seit dem Frühjahr leben die Kinder in einer heilpädagogischen Einrichtung. Ein Sprecher des zuständigen Landkreises Herzogtum Lauenburg beteuert, die "sehr schnelle Vermittlung in die Pflegefamilie" sei ein "absoluter Einzelfall" gewesen.
Elke Fritzsche ("Wenn wir nicht die Notbremse gezogen hätten, wäre unsere eigene Familie zerbrochen") fordert eine einjährige Ausbildung für Pflegeeltern, dazu mehr Hilfen und Kontrollen von Jugendämtern. Als sie ihre Hündin vom Tierschutzverein bekommen habe, hätten zweimal unangemeldet die Vermittler vor der Haustür gestanden. Bei den Pflegekindern habe niemand ohne Termin nach dem Rechten geschaut. "Wer einen Hund aus dem Tierheim holt, wird in Deutschland besser kontrolliert als eine Pflegefamilie", empört sie sich.
Natürlich gibt es auch viele Jugendamtsmitarbeiter, die sich mit Sachkenntnis und persönlichem Einsatz um Pflegekinder und Pflegeeltern kümmern. Aber deren Arbeit wird nach Ansicht von Experten durch mehrere Entwicklungen erschwert:
* Immer mehr ältere Pflegekinder mit starken Entwicklungsstörungen und Traumatisierungen sollen vermittelt werden. Denn staatliche Stellen setzen heute bei Problemfamilien mehr und länger auf ambulante Hilfen, bevor sie die Kinder wegnehmen;
* da ein Platz in einem Heim für die Kommunen etwa vier- bis fünfmal teurer ist als eine Unterbringung in einer Pflegefamilie mit Kosten zwischen 600 und 1000 Euro im Monat, ist der finanzielle Druck groß, auch schwer gestörte Kinder in Pflegefamilien zu geben. "Die Gefahr wächst, dass blind vermittelt wird", warnt Henrike Hopp, Gründungsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien (Kiap);
* etliche Kommunen haben ihre Pflegekinderdienste abgeschafft, zum Beispiel der Landkreis Verden in Niedersachsen. Pflegeeltern und -kinder werden dann beispielsweise vom Allgemeinen Sozialen Dienst mitversorgt. "Das ist, als ob man mit einem Innenohrtumor nicht zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, sondern zum Hausarzt geschickt wird", kritisiert Kiap-Krisenhelferin Birgit Nabert.
Norma Ritzerfeld, 34, Pflegemutter von zwei Kleinkindern in Rostock, berichtet, sie sei in weniger als drei Jahren von sieben verschiedenen Jugendamtsmitarbeitern betreut worden. Etliche hätten wenige oder gar keine Fachkenntnisse gehabt und vorher zum Beispiel nur mit Scheidungskindern gearbeitet. Zudem seien Supervisionen und Fortbildungen für Pflegeeltern gestrichen worden.
Zweimal, sagt Ritzerfeld, habe ihre fünfjährige Pflegetochter versucht, die jüngere Schwester zu töten. Sie erzählt von "nächtelangen, verzweifelten Gesprächen mit Psychologen", zu denen sie auf eigene Initiative Kontakt aufgenommen habe. Vom Jugendamt seien nur lapidare Tipps gekommen: "Die sagten, ich solle die Kinder halt öfter trennen." Ein Sprecher der Stadt Rostock wies die Vorwürfe zurück, räumte aber ein, dass die "bislang sehr individuelle Betreuung von Pflegeeltern durch Spezialkräfte" nach Umstrukturierungen "so nicht mehr möglich" sei.
"Traumatisierte Kinder treffen in vielen Fällen auf überforderte, schlecht begleitete Pflegeeltern", beschreibt der Erziehungswissenschaftler Jürgen Blandow die Lage. Im neugegründeten Kompetenz-Zentrum Pflegekinder in Berlin will er künftig mit Forscherkollegen und Fachdiensten wie "Pfiff" aus Hamburg bundesweit Langzeit-Qualifizierungen für Jugendamtsmitarbeiter und Beratung für Kommunen anbieten: "Da stehen wir noch ganz am Anfang."
Wie gut ein Pflegekind in Deutschland betreut wird, hängt bislang offenbar stark davon ab, wo es wohnt. Nach einer Studie des Instituts für Sozialpädagogische Forschung in Mainz vom März war im Jahr 2005 eine Vollzeitkraft im Pflegekinderdienst im Landkreis Trier-Saarburg für 151 Pflegekinder zuständig, im Kreis Bad Dürkheim für 107 und in Ludwigshafen für 29. Wissenschaftler empfehlen 25 Kinder pro Mitarbeiter.
Kommunen mit Negativrekorden versichern, inzwischen hätten sich die Fall-Zahlen pro Fachkraft deutlich verringert.
Mit der aktuellen Quote von 76 Pflegekindern auf eine Vollzeitstelle ließen sich die gesetzlichen Aufgaben "gut erfüllen", behauptet Claus Potje, Sozialdezernent des Landkreises Bad Dürkheim.
Johannes Rupp bezweifelt das. Der Pfad-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz sagt, er kenne Pflegekinder, für die der zuständige Jugendamtsmitarbeiter "drei bis fünf Jahre lang" nicht einmal den Hilfeplan erstellt habe, mit dem mindestens alle zwölf Monate die Entwicklung des Kindes kontrolliert werden soll: "Man kann nur beten, dass zufällig nichts Schlimmes passiert." ANDREA BRANDT 2008 Spiegel
29.04.12
Prof. Paul Watzlawick - Wenn die Lösung das Problem ist
Warum finden Probleme, auf deren Lösung
Menschen ihre ganze Kraft konzentrieren, dennoch keine Lösung? Anhand
vieler anschaulicher Beispiele vermittelt der Psychoanalytiker und C.G.
Jung-Schüler Paul Watzlawick in diesem Vortrag seine Thesen, die heute
wie vor 20 Jahren sehr bedenkenswert sind.
In den Achtziger Jahren wurde Professor Dr. Paul Watzlawick durch zahlreiche Bücher wie „Anleitung zum Unglücklichsein", „Irrwege und Umwege", „Vom Schlechten des Guten" oder „Wie wirklich ist die Wirklichkeit" berühmt.
Zur Person Watzlawick:
Paul Watzlawick, geboren 1921, studierte in Venedig Psychologie und Fremdsprachen und promovierte 1949 zum Dr. phil. Von 1951 bis 1954 absolvierte er am am C.-G.-Jung-Institut in Zürich eine Ausbildung zum Psychotherapeuten und Analytiker. 1957 übernahm er einen Lehrstuhl für Psychotherapie in El Salvador.
1960 holt ihn der amerikanische Schizophrenie-Experte Donald Jackson an das Mental Research Institute in Palo Alto/Kalifornien, wo er seither als Forschungsbeauftragter und Psychotherapeut tätig ist.
Ab 1976 lehrte er außerdem als Professor an der Stanford University, an der er heute noch als Emeritus liest. Professor Watzlawicks wissenschaftliche Arbeit gilt vor allem der Erforschung der menschlichen Kommunikation und ihrer Störungen. Als Vertreter des „Radikalen Konstruktivismus" vertritt Watzlawick eine wissenschaftstheoretische Position, die menschliches Wissen um die „Wirklichkeit" mehr oder weniger in Frage stellt.
Ausgewählte Veröffentlichungen Watzlawicks:
- (zus. mit John H. Weakland, und Richard Fisch) Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Handelns. Huber Verlag, Bern, 1974
- Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen. Piper Verlag, München, 1976
- Die Möglichkeit des Andersseins. Zur Technik der therapeutischen Kommunikation. Huber Verlag, Bern, 1977
- Gebrauchsanweisung für Amerika. Piper Verlag, München, 1978
- Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Piper Verlag, München, 1981
- Anleitung zum Unglücklichsein. Vom Schlechten des Guten. Piper Verlag, München, 1983
- Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen. Piper Verlag, München, 1986
- Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns. Picus-Verlag, Wien, 1992
- Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen : über das Glück und die Konstruktion der Wirklichkeit. Piper Verlag, München, 2006
Der Vortrag wurde am 25.02.2007 vom swr ausgestrahlt.
In den Achtziger Jahren wurde Professor Dr. Paul Watzlawick durch zahlreiche Bücher wie „Anleitung zum Unglücklichsein", „Irrwege und Umwege", „Vom Schlechten des Guten" oder „Wie wirklich ist die Wirklichkeit" berühmt.
Zur Person Watzlawick:
Paul Watzlawick, geboren 1921, studierte in Venedig Psychologie und Fremdsprachen und promovierte 1949 zum Dr. phil. Von 1951 bis 1954 absolvierte er am am C.-G.-Jung-Institut in Zürich eine Ausbildung zum Psychotherapeuten und Analytiker. 1957 übernahm er einen Lehrstuhl für Psychotherapie in El Salvador.
1960 holt ihn der amerikanische Schizophrenie-Experte Donald Jackson an das Mental Research Institute in Palo Alto/Kalifornien, wo er seither als Forschungsbeauftragter und Psychotherapeut tätig ist.
Ab 1976 lehrte er außerdem als Professor an der Stanford University, an der er heute noch als Emeritus liest. Professor Watzlawicks wissenschaftliche Arbeit gilt vor allem der Erforschung der menschlichen Kommunikation und ihrer Störungen. Als Vertreter des „Radikalen Konstruktivismus" vertritt Watzlawick eine wissenschaftstheoretische Position, die menschliches Wissen um die „Wirklichkeit" mehr oder weniger in Frage stellt.
Ausgewählte Veröffentlichungen Watzlawicks:
- (zus. mit John H. Weakland, und Richard Fisch) Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Handelns. Huber Verlag, Bern, 1974
- Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen. Piper Verlag, München, 1976
- Die Möglichkeit des Andersseins. Zur Technik der therapeutischen Kommunikation. Huber Verlag, Bern, 1977
- Gebrauchsanweisung für Amerika. Piper Verlag, München, 1978
- Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Piper Verlag, München, 1981
- Anleitung zum Unglücklichsein. Vom Schlechten des Guten. Piper Verlag, München, 1983
- Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen. Piper Verlag, München, 1986
- Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns. Picus-Verlag, Wien, 1992
- Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen : über das Glück und die Konstruktion der Wirklichkeit. Piper Verlag, München, 2006
Der Vortrag wurde am 25.02.2007 vom swr ausgestrahlt.
Kategorie:
Wezwanie (o pomoc) do Ministra Sprawiedliwosci RP
Niemcy 2012. Polska 2012. Europa 2012.
Skandal z Katarzyną R./ Niemieckie dobro dziecka:
Tylko dlatego, że matka jest obcokrajowcem (Polką) niemieckie urzędy konstruują niebezpieczeństwo uprowadzenia dziecka. Polskie dziecko ma pozostać w Niemczech (w niemieckich rękach), dlatego polskiej matce konsekwentnie odmawia się jakiegokolwiek konaktu z dzieckiem. Nawet kontaktu pod nadzorem, mimo że Polka złożyła wniosek w tej sprawie.
Po 2 latach urzędowej blokady kontaktów z dzieckiem przez instytucje niemieckiego państwa, dnia 19.04.2012 Sąd Rodzinny w Mönchengladbach (żeby nadać rabunkowi polskiego dziecka pozór legalności) chce zabrać Polce władzę rodzicielską.
28.04.12
Trennungskinder - Wir pendeln 280 km zwischen Mama & Papa
Wenn sich Eltern trennen, leiden Kinder am meisten – viele werden sogar zu Scheidungs-Nomaden. Nämlich dann, wenn Vater und Mutter in verschiedenen Städten leben.
Für sie gibt es „Kids on Tour“, ein Hilfsangebot der Bahnhofsmission in Kooperation mit der Deutschen Bahn. Ehrenamtliche begleiten die Kinder auf den Zugreisen quer durch Deutschland. BILD fuhr zwischen Berlin und Hamburg mit.
LEILA (9)
Mama sehe ich nur alle zwei Wochen
Seit drei Jahren pendelt Leila vom Vater in Berlin zu Mama Nayive (40) in Hamburg. Eine halbe Stunde vor Abfahrt hat ihr Papa sie an die Mitarbeiter der Bahnhofsmission übergeben.
„Ich habe im Zug schon eine Freundin gefunden“, erzählt Leila. „Wir fahren öfters zusammen.“
Heute bleibt Leila für sich, drückt auf die Knöpfe ihrer Nintendo-Konsole und kämpft im Spiel „Alice im Wunderland“ gegen Bösewichte.
ALEXANDER (9)
Ein neuer Job brachte Papa weit weg
Alexander ist Profi-Pendler. Er fährt seit zwei Jahren einmal im Monat freitags und sonntags mit „Kids on Tour“ von Berlin nach Hamburg.
Dort hat sein Vater Roland (31) einen neuen Job und eine neue Lebensgefährtin.
Alexander gelassen: „Ich mag die Fahrten, häufig kenne ich schon die anderen Kinder.“
Bei seinem Papa wartet auf ihn auch Halbschwester Lisa (2). „Es ist schön, dass sie da ist“, sagt er.
„Dass ich meinen Papa nur alle vier Wochen sehe, ist nicht schlimm. Hauptsache, ich sehe ihn regelmäßig.“
BOB (13) und SANDY (7)
Papa gibt’s nur in unseren Ferien
Ihre Eltern trennten sich vor zwei Jahren. Die Kinder leben bei Mutter Birgit (46) in Berlin, fahren in den Ferien nach Hamburg zu ihrem Vater Andreas (40).
Sandy: „Immer wenn ich bei Mama bin, vermisse ich Papa. Und immer wenn ich bei Papa bin, vermisse ich Mama.“
Die weint beim Abschied, das macht auch die Kinder traurig. Im Zug setzt Bob Kopfhörer auf, schaut zum Fenster raus, gibt sich cool: „Mir macht es nicht viel aus. Papa ist ja nicht weg.“ Papa ist Feuerwehrmann. „Das möchte ich auch werden“, sagt Bob.
Am Hamburger Hauptbahnhof wartet der Vater überpünktlich am Gleis: „Ich sehe meine Kinder so wenig, da möchte ich jede Sekunde mit ihnen verbringen.“
Für sie gibt es „Kids on Tour“, ein Hilfsangebot der Bahnhofsmission in Kooperation mit der Deutschen Bahn. Ehrenamtliche begleiten die Kinder auf den Zugreisen quer durch Deutschland. BILD fuhr zwischen Berlin und Hamburg mit.
LEILA (9)
Mama sehe ich nur alle zwei Wochen
Seit drei Jahren pendelt Leila vom Vater in Berlin zu Mama Nayive (40) in Hamburg. Eine halbe Stunde vor Abfahrt hat ihr Papa sie an die Mitarbeiter der Bahnhofsmission übergeben.
„Ich habe im Zug schon eine Freundin gefunden“, erzählt Leila. „Wir fahren öfters zusammen.“
Heute bleibt Leila für sich, drückt auf die Knöpfe ihrer Nintendo-Konsole und kämpft im Spiel „Alice im Wunderland“ gegen Bösewichte.
ALEXANDER (9)
Ein neuer Job brachte Papa weit weg
Alexander ist Profi-Pendler. Er fährt seit zwei Jahren einmal im Monat freitags und sonntags mit „Kids on Tour“ von Berlin nach Hamburg.
Dort hat sein Vater Roland (31) einen neuen Job und eine neue Lebensgefährtin.
Alexander gelassen: „Ich mag die Fahrten, häufig kenne ich schon die anderen Kinder.“
Bei seinem Papa wartet auf ihn auch Halbschwester Lisa (2). „Es ist schön, dass sie da ist“, sagt er.
„Dass ich meinen Papa nur alle vier Wochen sehe, ist nicht schlimm. Hauptsache, ich sehe ihn regelmäßig.“
BOB (13) und SANDY (7)
Papa gibt’s nur in unseren Ferien
Ihre Eltern trennten sich vor zwei Jahren. Die Kinder leben bei Mutter Birgit (46) in Berlin, fahren in den Ferien nach Hamburg zu ihrem Vater Andreas (40).
Sandy: „Immer wenn ich bei Mama bin, vermisse ich Papa. Und immer wenn ich bei Papa bin, vermisse ich Mama.“
Die weint beim Abschied, das macht auch die Kinder traurig. Im Zug setzt Bob Kopfhörer auf, schaut zum Fenster raus, gibt sich cool: „Mir macht es nicht viel aus. Papa ist ja nicht weg.“ Papa ist Feuerwehrmann. „Das möchte ich auch werden“, sagt Bob.
Am Hamburger Hauptbahnhof wartet der Vater überpünktlich am Gleis: „Ich sehe meine Kinder so wenig, da möchte ich jede Sekunde mit ihnen verbringen.“
Bild.de 02/2012
Heimkinder Siehe Website:
Ein Video über Heimkinder nach dem Krieg.Ich bin selber ein ehemaliges Heimkind 1948-1963 man muss nach neusten Erkenntnissen die Jugendämter also den Staat verklagen. Den sie waren die Träger meistens von den Heimen wo die Patern, Priester, Nonnen, Diakonen, sich an uns Kinder nach Herzens Lust auslassen konnten.
27.04.12
KINDERKLAU Planetarium Präsentiert Wenn auch Ihr in diesem Video mit eurer Webseite, Bilder, erscheinen möchtet ...
Wenn auch Ihr in diesem Video mit eurer Webseite, Bilder, erscheinen möchtet um auf die Intoleranz und Behördenwillkür von Seiten der Jugendämter aufmerksam machen wollt, dann schreibt bitte an Planetarium@hotmail.de
Wir organisieren Demonstrationen und suchen Betroffene die uns unterstützen und bei der Organisation mithelfen.
Zivilcourage
Zivilcourage, wörtlich Bürgermut, setzt sich aus den beiden Wörtern zivil (lateinisch civilis, 1. bürgerlich – nicht militärisch, 2. anständig, annehmbar) und courage (französisch „Mut“) zusammen.
Nach Gerd Meyer ist „Zivilcourage" (oder gleichbedeutend sozialer Mut) ein bestimmter Typus sozial verantwortlichen Handelns, keine Eigenschaft einer Person. Zivilcouragiertes Handeln geschieht in Situationen, in denen zentrale Wertüberzeugungen und soziale Normen (z.B. Menschenwürde, Menschenrechte, Gerechtigkeit, friedlicher Konfliktaustrag unter Bürgern) oder die physische oder psychische Integrität einer Person verletzt werden.
Zivilcouragiert handelt, wer bereit ist, trotz drohender Nachteile für die eigene Person, als Einzelner (seltener als Mitglied einer Gruppe) einzutreten für die Wahrung humaner und demokratischer Werte, für die Integrität und die legitimen, kollektiven, primär nicht-materiellen Interessen vor allem anderer Personen, aber auch des Handelnden selbst. Zivilcourage wird oft mit Hilfe gleichgesetzt. Hilfe ist zwar meist in Zivilcourage enthalten aber nicht notwendig umgekehrt. Vier zentrale Merkmale unterscheiden Zivilcourage von Hilfe, Altruismus oder Solidarität, von Mut oder Tapferkeit allgemein:
1) Es gibt einen latenten oder manifesten Konflikt zwischen denen, die diese Werte und Normen verletzen und denen, die sich für ihre Bewahrung einsetzen.
(2) Es gibt nicht immer leicht bestimmbare Risiken, das heißt der Erfolg zivilcouragierten Handelns ist meist unsicher, und der Handelnde ist bereit, Nachteile in Kauf zu nehmen.
3) Zivilcouragiertes Handeln ist öffentlich, d.h. in der Regel sind mehr als zwei Personen anwesend.
(4) Es gibt ein reales oder subjektiv wahrgenommenes Machtungleichgewicht zuungunsten dessen, der mutig handeln will, etwa weil er sich in einer Minderheits-/Mehrheitssituation in Gruppen oder in einem Verhältnis der Über-/Unterordnung bzw. einer Abhängigkeit befindet (die oft mit Anpassungsdruck verbunden sind).
Gerd Meyer unterscheidet drei Arten des Handelns mit Zivilcourage:
(1) Eingreifen zugunsten anderer, meist in unvorhergesehenen Situationen, in denen man schnell entscheiden muss, was man tut.
(2) Sich-Einsetzen – meist ohne akuten Handlungsdruck – für allgemeine Werte, für das Recht oder die legitimen Interessen anderer, vor allem in organisierten Kontexten und Institutionen, wie z.B. in der Schule oder am Arbeitsplatz.
(3) Sich-Wehren z.B. gegen körperliche Angriffe, Mobbing oder Ungerechtigkeit; zu sich und seinen Überzeugungen stehen, standhalten, sich behaupten; widerstehen, nein sagen, 'aus guten Gründen' den Gehorsam verweigern." Gerd Meyer et. al: Zivilcourage lernen 2. Aufl. 2007, überarb. 2011) Dies erfordert Mut, da derjenige, der Zivilcourage zeigt, möglicherweise mit Sanktionen durch Autoritäten, Vertreter der herrschenden Meinung oder sein soziales Umfeld (z.B. einer Gruppenmehrheit) zu rechnen hat. Als zivilcouragiert gelten auch Whistleblower, die illegale Handlungen oder sozialethisches Fehlverhalten zum Schaden der Allgemeinheit innerhalb von Institutionen, insbesondere Unternehmen und Verwaltungen, aufdecken.
26.04.12
KInderheim: „Wir wurden alle vergewaltigt und verkauft. Alle.“
Nach 40 Jahren sprechen zwei Schwestern erstmals über ihre Zeit in einem Kinderheim der Stadt Wien. Ein jahrelanges Martyrium, das sie nicht vergessen können
21.04.2012
Julia K. und Eva L.
Zwei Frauen brechen ihr Schweigen. Vor
40 Jahren kamen sie in das Kinderheim der Stadt Wien im Schloss
Wilhelminenberg. Was die beiden Schwestern, damals sechs und acht Jahre
alt, dort erlebten, erzählen sie in einem erschütternd offenen
Interview, das der KURIER in zwei Teilen bringt. Eva L., 49, und Julia
K., 47, (beide Namen von der Redaktion geändert, Anm.) geben ein
schockierendes Zeugnis der Zustände in öffentlichen Heimen in den
1970er-Jahren. Psychoterror, Gewalt in ungeahntem Ausmaß und jahrelange
sexuelle Misshandlungen.
KURIER: In einem Vorgespräch sprachen Sie über sexuellen Missbrauch im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg ...
Eva L.: Sie haben uns auch gezwungen, dass wir uns nackt ausziehen und ans Fenster stellen oder auf die Terrasse. Da durften wir nichts bedecken. Vielleicht sind wir fotografiert worden, ich weiß es nicht. Die Erzieherinnen haben uns dazu gezwungen. Das waren Waltraud, die Linda ... das war öfters.
Waltraud und Linda waren Erzieherinnen?
Eva L.: Ja.
Julia K.: Und auf einmal waren Männer da, die uns vergewaltigt haben. Wir haben da so eine Wiese gehabt, wir haben dazu gesagt „Schlangenwiese“. Und da hat man dann immer in der Nacht die Taschenlampen gesehen. So Lichter. Ich weiß nicht, ob das ein Zeichen war mit den Schwestern, ob sich die was ausgemacht haben, denn die Männer waren auf einmal bei uns im Zimmer und haben uns dann eben vergewaltigt.
Wie viele Männer waren das?
Eva L.: Es waren mehrere Männer und mehrere Mädchen. Im Zimmer waren 20 Mädchen. Da ist jede drangekommen. Wir haben darüber nie im Heim gesprochen, weil die Scham so groß war und die Schmerzen, diese unerträglichen Schmerzen (weint), was uns die angetan haben.
Julia K.: Es waren mehrere. Vielleicht sechs oder sieben. Wir haben uns versteckt, die haben uns dann rausgezogen.
Gibt es Namen?
Julia K.: Gar nichts, gar nichts. Ich habe sie nicht gekannt.
Eva L.: Das waren fremde Männer, die wir nicht kannten. Die haben Taschenlampen gehabt und müssen irgendwo reingelassen worden sein. Im Flur habe ich mehrere Männer mit Taschenlampen gesehen. Aber gekannt habe ich niemanden. Ich habe, ehrlich gesagt, so eine Angst gekriegt, weil ich ja nicht gewusst hab’, was da überhaupt passiert. Vielleicht waren es Hausarbeiter oder Gärtner oder Männer von außerhalb.
KURIER: In einem Vorgespräch sprachen Sie über sexuellen Missbrauch im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg ...
Eva L.: Sie haben uns auch gezwungen, dass wir uns nackt ausziehen und ans Fenster stellen oder auf die Terrasse. Da durften wir nichts bedecken. Vielleicht sind wir fotografiert worden, ich weiß es nicht. Die Erzieherinnen haben uns dazu gezwungen. Das waren Waltraud, die Linda ... das war öfters.
Waltraud und Linda waren Erzieherinnen?
Eva L.: Ja.
Julia K.: Und auf einmal waren Männer da, die uns vergewaltigt haben. Wir haben da so eine Wiese gehabt, wir haben dazu gesagt „Schlangenwiese“. Und da hat man dann immer in der Nacht die Taschenlampen gesehen. So Lichter. Ich weiß nicht, ob das ein Zeichen war mit den Schwestern, ob sich die was ausgemacht haben, denn die Männer waren auf einmal bei uns im Zimmer und haben uns dann eben vergewaltigt.
Wie viele Männer waren das?
Eva L.: Es waren mehrere Männer und mehrere Mädchen. Im Zimmer waren 20 Mädchen. Da ist jede drangekommen. Wir haben darüber nie im Heim gesprochen, weil die Scham so groß war und die Schmerzen, diese unerträglichen Schmerzen (weint), was uns die angetan haben.
Julia K.: Es waren mehrere. Vielleicht sechs oder sieben. Wir haben uns versteckt, die haben uns dann rausgezogen.
Gibt es Namen?
Julia K.: Gar nichts, gar nichts. Ich habe sie nicht gekannt.
Eva L.: Das waren fremde Männer, die wir nicht kannten. Die haben Taschenlampen gehabt und müssen irgendwo reingelassen worden sein. Im Flur habe ich mehrere Männer mit Taschenlampen gesehen. Aber gekannt habe ich niemanden. Ich habe, ehrlich gesagt, so eine Angst gekriegt, weil ich ja nicht gewusst hab’, was da überhaupt passiert. Vielleicht waren es Hausarbeiter oder Gärtner oder Männer von außerhalb.
Das war im Schlafsaal?
Julia K.: Ja, bei den Hasen. Die Gruppen hatten alle solche Namen. Wir waren in der Hasengruppe. Die Männer sind zu uns reingekommen. Wir wurden alle vergewaltigt. Alle.
20 Mädchen?
Julia K.: Ja.
Wie oft sind Sie vergewaltigt worden?
Eva L.: Manchmal täglich und dann war ein, zwei Wochen Ruhe.
Julia K.: Über Jahre. Und es hat ja mehrere Mädchengruppen gegeben.
Eva L.: Es war auch so, wir waren im Schlafsaal in so Stockbetten untergebracht. Dann ist die Türe aufgegangen und wir haben geglaubt, es ist halt jetzt wieder so weit, dass wir geschlagen werden oder knien müssen. Dann sind wir aus dem Bett gezerrt worden und in einen Raum gebracht worden. Welcher Raum das war, weiß ich nicht. Wer es war, weiß ich auch nicht. Geholt hat uns der Jochen, den ich an der Stimme erkannt habe. Er hat gesagt „Nix sagen“. Oder war es der Brian? (Die „Herr Jochen“ – mittlerweile gestorben – und „Herr Brian“ – Identität ungeklärt– genannten Männer waren Erzieher, Anm.)
In dem Zimmer sind Sie auch vergewaltigt worden?
Eva L.: Ja.
Julia K.: Ich hab’ gehört, wie meine Schwester geschrien hat, weil da ein Mann dabei war, der sie dann herausgezerrt hat an den Haaren und sie vergewaltigt hat. War das der Herr Jochen oder der Herr Brian, oder war das ein anderer Erzieher? Ich sehe die Gesichter vor mir, weiß aber den Namen nicht mehr.
Julia K.: Ja, bei den Hasen. Die Gruppen hatten alle solche Namen. Wir waren in der Hasengruppe. Die Männer sind zu uns reingekommen. Wir wurden alle vergewaltigt. Alle.
20 Mädchen?
Julia K.: Ja.
Wie oft sind Sie vergewaltigt worden?
Eva L.: Manchmal täglich und dann war ein, zwei Wochen Ruhe.
Julia K.: Über Jahre. Und es hat ja mehrere Mädchengruppen gegeben.
Eva L.: Es war auch so, wir waren im Schlafsaal in so Stockbetten untergebracht. Dann ist die Türe aufgegangen und wir haben geglaubt, es ist halt jetzt wieder so weit, dass wir geschlagen werden oder knien müssen. Dann sind wir aus dem Bett gezerrt worden und in einen Raum gebracht worden. Welcher Raum das war, weiß ich nicht. Wer es war, weiß ich auch nicht. Geholt hat uns der Jochen, den ich an der Stimme erkannt habe. Er hat gesagt „Nix sagen“. Oder war es der Brian? (Die „Herr Jochen“ – mittlerweile gestorben – und „Herr Brian“ – Identität ungeklärt– genannten Männer waren Erzieher, Anm.)
In dem Zimmer sind Sie auch vergewaltigt worden?
Eva L.: Ja.
Julia K.: Ich hab’ gehört, wie meine Schwester geschrien hat, weil da ein Mann dabei war, der sie dann herausgezerrt hat an den Haaren und sie vergewaltigt hat. War das der Herr Jochen oder der Herr Brian, oder war das ein anderer Erzieher? Ich sehe die Gesichter vor mir, weiß aber den Namen nicht mehr.
Sie wurden von fremden Männern und von Erziehern vergewaltigt?
Julia K.: Ja. Wir wurden zu der Heinzelmännchen-Gruppe gebracht. Da war der Herr Jochen. Wir haben zu ihm immer Onkel oder Bruder gesagt. Da waren auch der Herr Brian und zwei andere Erzieher, nur kann ich mich an die Namen nicht mehr erinnern. Es waren mehrere und es waren auch Burschen im Schloss Wilhelminenberg. Da kommt dann der Herr Brian zu mir und hat mich in sein Zimmer geholt, hat einmal mit mir gesprochen und ... dann hat er ... eben angefangen, mich zu streicheln und eben gesagt, wir wollen ein bisschen was spielen und so. „Du brauchst keine Angst haben.“ Ich wollte nicht, dass er mich angreift. Aber das war ihm total egal. Er hat mich gezwungen, dass ich bei ihm Sachen mache und er hat das dann auch bei mir gemacht und dann hat er mich vergewaltigt. Und dann hat er zu mir gesagt: „Das war ja eh nicht so schlimm, das war ja eh ein schönes Spiel für uns beide.“ „Julia“, hat er gesagt, „das werden wir öfters machen.“
Das wurde dann auch öfter gemacht?
Julia K.: Ja. Ja.
Nur von dem einen Mann?
Julia K.: Nein, es war auch der andere Erzieher, der Herr Jochen, und dann waren noch zwei andere dabei. Die waren dann einmal alle ... darunter war auch ein anderes Mädchen. Es war immer irgendwie ... ich weiß nicht, wurde das mit den Schwestern abgesprochen, dass das eigentlich auch so gehen hat können? Es müssen bestimmt auch viele Mädchen von dort von den Erziehern sexuell missbraucht worden sein, weil bei meiner Schwester war das ja auch der Fall. Ich habe gesehen, wie der Herr Jochen oder der Herr Brian gekommen ist und sie mit ihm in ein Zimmer gegangen ist.
Eva L.: Ein Mal war es so schlimm, dass ich auf die Krankenabteilung gegangen bin, heimlich, weil ich so stark geblutet hab. Und der Arzt hat mich dort aufs Brutalste berührt und gefragt, was ich da will und hat gelacht und hat gesagt: „Du bist keine Jungfrau mehr.“ Ich hab’ mich nicht ausgekannt, was das ist. Die größeren Mädchen von der anderen Gruppe haben uns dann ein paar so Sachen erzählt, aber wir haben damit nicht viel anfangen können.
Wie alt waren Sie, als die Vergewaltigungen zum ersten Mal passiert sind?
Julia K.: Sechs oder vielleicht sechseinhalb. Ich kann es wirklich nicht sagen.
Eva L.: Wie oft ich vergewaltigt wurde, kann ich nicht sagen. Es war sehr, sehr oft und ist über viele Jahre gegangen. Ich war ja noch selbst ein kleines Kind. Es hat angefangen, da war ich acht. Gleich im ersten Jahr. Nicht bis zum Schluss, weil die Erzieher dann weg waren, weil auch die Buben weggekommen sind. Ich war genau 13, wie das das letzte Mal von Männern passiert ist.
Julia K.: Ja. Wir wurden zu der Heinzelmännchen-Gruppe gebracht. Da war der Herr Jochen. Wir haben zu ihm immer Onkel oder Bruder gesagt. Da waren auch der Herr Brian und zwei andere Erzieher, nur kann ich mich an die Namen nicht mehr erinnern. Es waren mehrere und es waren auch Burschen im Schloss Wilhelminenberg. Da kommt dann der Herr Brian zu mir und hat mich in sein Zimmer geholt, hat einmal mit mir gesprochen und ... dann hat er ... eben angefangen, mich zu streicheln und eben gesagt, wir wollen ein bisschen was spielen und so. „Du brauchst keine Angst haben.“ Ich wollte nicht, dass er mich angreift. Aber das war ihm total egal. Er hat mich gezwungen, dass ich bei ihm Sachen mache und er hat das dann auch bei mir gemacht und dann hat er mich vergewaltigt. Und dann hat er zu mir gesagt: „Das war ja eh nicht so schlimm, das war ja eh ein schönes Spiel für uns beide.“ „Julia“, hat er gesagt, „das werden wir öfters machen.“
Das wurde dann auch öfter gemacht?
Julia K.: Ja. Ja.
Nur von dem einen Mann?
Julia K.: Nein, es war auch der andere Erzieher, der Herr Jochen, und dann waren noch zwei andere dabei. Die waren dann einmal alle ... darunter war auch ein anderes Mädchen. Es war immer irgendwie ... ich weiß nicht, wurde das mit den Schwestern abgesprochen, dass das eigentlich auch so gehen hat können? Es müssen bestimmt auch viele Mädchen von dort von den Erziehern sexuell missbraucht worden sein, weil bei meiner Schwester war das ja auch der Fall. Ich habe gesehen, wie der Herr Jochen oder der Herr Brian gekommen ist und sie mit ihm in ein Zimmer gegangen ist.
Eva L.: Ein Mal war es so schlimm, dass ich auf die Krankenabteilung gegangen bin, heimlich, weil ich so stark geblutet hab. Und der Arzt hat mich dort aufs Brutalste berührt und gefragt, was ich da will und hat gelacht und hat gesagt: „Du bist keine Jungfrau mehr.“ Ich hab’ mich nicht ausgekannt, was das ist. Die größeren Mädchen von der anderen Gruppe haben uns dann ein paar so Sachen erzählt, aber wir haben damit nicht viel anfangen können.
Wie alt waren Sie, als die Vergewaltigungen zum ersten Mal passiert sind?
Julia K.: Sechs oder vielleicht sechseinhalb. Ich kann es wirklich nicht sagen.
Eva L.: Wie oft ich vergewaltigt wurde, kann ich nicht sagen. Es war sehr, sehr oft und ist über viele Jahre gegangen. Ich war ja noch selbst ein kleines Kind. Es hat angefangen, da war ich acht. Gleich im ersten Jahr. Nicht bis zum Schluss, weil die Erzieher dann weg waren, weil auch die Buben weggekommen sind. Ich war genau 13, wie das das letzte Mal von Männern passiert ist.
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Hauptartikel
» Richter kannten Vorwürfe aus Kinderheimen -
Hintergrund
» Dankbarkeit und demütigende Rituale - » „Ich bin nicht gewillt, als Lügnerin dazustehen“
- » Opferanwalt fordert bundesweite Untersuchung
- » Schläge und Strafen in SOS-Kinderdorf?
- » „Wir wurden alle vergewaltigt und verkauft. Alle.“
- » Missbrauch: Kinder mit KZ-Filmen eingeschüchtert
Glauben Sie, dass in dem Zusammenhang Geld geflossen ist?
Eva L: Im Nachhinein kommt es mir so vor, dass jemand für uns bezahlt wurde. Weil sie uns immer zurechtgemacht haben. Wir mussten Strumpfbandgürtel anziehen und durften uns nicht die Haare schneiden lassen.
Strumpfbandgürtel?
Eva L.: Ja, wir haben Strümpfe bekommen und Strumpfbandgürtel, was ich gar nicht gekannt hab’. Daheim habe ich nur eine Strumpfhose angehabt. Wir sind von den Schwestern richtig herausgeputzt worden. Ich habe mir nicht die Namen von allen Schwestern gemerkt. Aber die Schlimmste, die Linda, hat auf jeden Fall davon gewusst. Waltraud, Gabriele, die B. ... auf jeden Fall, die waren zu uns auch sehr brutal.
Wurde der Verdacht der Kinderprostitution schon bestätigt?
Eva L.: Ja, vom Weissen Ring (Opferschutzorganisation, Anm.) sind wir heuer zu einer Anwältin geschickt worden. Ich habe ihr erzählt, was passiert ist. Und sie hat gesagt: „Ja, eindeutig, ich weiß, ihr seid verkauft worden.“ Die Erzieherinnen wollten uns dann auch zu so etwas zwingen, vor allem die Schwester Lydia war da ganz arg.
Wozu wollten die Sie zwingen?
Eva L.: Dass wir bei ihnen im Bett übernachten. Das war auch schon früher der Fall. Mit 14 bin ich dann aus dem Heim ausgerissen.
Julia K.: Da hat es auch Mädchen gegeben, die haben gesagt, sie fliehen und gehen zur Polizei und sagen das, was hier alles passiert. Und diese Mädchen haben wir nie mehr wiedergesehen.
Eva L.: Die Erzieherinnen haben uns einmal auf die Terrasse rausgezwungen und alles beleuchtet. Da hab’ ich gesehen, dass der Erzieher Jochen ein Mädchen, den Namen weiß ich nicht ... Das Mädchen lag am Boden und hat geschrien. Er hat so einen Tannenzapfen in den Unterleib eingeführt. Sie hat ganz stark geblutet und hat geschrien. Er hat zu uns gesagt: „Trauts euch ja nicht ausreißen, sonst passiert dasselbe mit euch.“ Wir sind fast verrückt geworden vor Angst.
Wissen Sie, wie das Mädchen geheißen hat?
Julia K.: Sie war in einer anderen Gruppe, ich weiß leider ihren Namen nicht. Das war ein großes Mädchen. Sie war bei den Sternenkindern oben.
Haben Sie das Mädchen später wiedergesehen?
Julia K.: Nein, dieses Mädchen haben wir überhaupt nie wieder gesehen.
Eva L.: Das Mädchen ist verschwunden. Wir haben uns damals gedacht: „Die haben sie umgebracht.“ Das ist auch bei vielen anderen passiert, dass die weggekommen sind, wenn sie schwer verletzt worden sind. Wir haben die nie wiedergesehen.
Julia K.: Sie haben gesagt, dass passiert uns auch, wenn wir davonlaufen und was erzählen. Es war Psychoterror. Heute denk’ ich, dass diese Schwester oder die anderen Schwestern gesagt haben, „Die g’hört ja umgebracht.“ Ob die das nicht wirklich gemacht haben? Warum ist im Jahr 1977 dieses Schloss Wilhelminenberg geschlossen worden? So abrupt, wissen Sie? Ich habe gemerkt, auch die Heimleiterin war nervös zu dieser Zeit.
Eva L: Im Nachhinein kommt es mir so vor, dass jemand für uns bezahlt wurde. Weil sie uns immer zurechtgemacht haben. Wir mussten Strumpfbandgürtel anziehen und durften uns nicht die Haare schneiden lassen.
Strumpfbandgürtel?
Eva L.: Ja, wir haben Strümpfe bekommen und Strumpfbandgürtel, was ich gar nicht gekannt hab’. Daheim habe ich nur eine Strumpfhose angehabt. Wir sind von den Schwestern richtig herausgeputzt worden. Ich habe mir nicht die Namen von allen Schwestern gemerkt. Aber die Schlimmste, die Linda, hat auf jeden Fall davon gewusst. Waltraud, Gabriele, die B. ... auf jeden Fall, die waren zu uns auch sehr brutal.
Wurde der Verdacht der Kinderprostitution schon bestätigt?
Eva L.: Ja, vom Weissen Ring (Opferschutzorganisation, Anm.) sind wir heuer zu einer Anwältin geschickt worden. Ich habe ihr erzählt, was passiert ist. Und sie hat gesagt: „Ja, eindeutig, ich weiß, ihr seid verkauft worden.“ Die Erzieherinnen wollten uns dann auch zu so etwas zwingen, vor allem die Schwester Lydia war da ganz arg.
Wozu wollten die Sie zwingen?
Eva L.: Dass wir bei ihnen im Bett übernachten. Das war auch schon früher der Fall. Mit 14 bin ich dann aus dem Heim ausgerissen.
Julia K.: Da hat es auch Mädchen gegeben, die haben gesagt, sie fliehen und gehen zur Polizei und sagen das, was hier alles passiert. Und diese Mädchen haben wir nie mehr wiedergesehen.
Eva L.: Die Erzieherinnen haben uns einmal auf die Terrasse rausgezwungen und alles beleuchtet. Da hab’ ich gesehen, dass der Erzieher Jochen ein Mädchen, den Namen weiß ich nicht ... Das Mädchen lag am Boden und hat geschrien. Er hat so einen Tannenzapfen in den Unterleib eingeführt. Sie hat ganz stark geblutet und hat geschrien. Er hat zu uns gesagt: „Trauts euch ja nicht ausreißen, sonst passiert dasselbe mit euch.“ Wir sind fast verrückt geworden vor Angst.
Wissen Sie, wie das Mädchen geheißen hat?
Julia K.: Sie war in einer anderen Gruppe, ich weiß leider ihren Namen nicht. Das war ein großes Mädchen. Sie war bei den Sternenkindern oben.
Haben Sie das Mädchen später wiedergesehen?
Julia K.: Nein, dieses Mädchen haben wir überhaupt nie wieder gesehen.
Eva L.: Das Mädchen ist verschwunden. Wir haben uns damals gedacht: „Die haben sie umgebracht.“ Das ist auch bei vielen anderen passiert, dass die weggekommen sind, wenn sie schwer verletzt worden sind. Wir haben die nie wiedergesehen.
Julia K.: Sie haben gesagt, dass passiert uns auch, wenn wir davonlaufen und was erzählen. Es war Psychoterror. Heute denk’ ich, dass diese Schwester oder die anderen Schwestern gesagt haben, „Die g’hört ja umgebracht.“ Ob die das nicht wirklich gemacht haben? Warum ist im Jahr 1977 dieses Schloss Wilhelminenberg geschlossen worden? So abrupt, wissen Sie? Ich habe gemerkt, auch die Heimleiterin war nervös zu dieser Zeit.
Richter kannten Vorwürfe aus Kinderheimen Eine ehemalige Mitarbeiterin des Jugendgerichts glaubt, dass Vorwürfe gegen Erzieher seit Jahrzehnten aktenkundig sind.
Richter kannten Vorwürfe aus Kinderheimen
Eine ehemalige Mitarbeiterin des Jugendgerichts glaubt, dass Vorwürfe gegen Erzieher seit Jahrzehnten aktenkundig sind.
Letztes Update am
21.04.2012
Schloss für Kinder:
Im ehemaligen Heim am Wilhelminenberg ist mittlerweile ein Hotel untergebracht.
Eine Welle der Empörung löste am 16. Oktober 2011 das KURIER-Interview
mit zwei ehemaligen Zöglingen des Kinderheimes am Wiener
Wilhelminenberg aus. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist es Zeit für eine
erste Bilanz. Und wieder kommen neue Vorwürfe ans Tageslicht. „Rotziger
Bua, verrecken sollst auf an Strohsack in Stein.“ Dieses Zitat soll von
einem Richter des Wiener Jugendgerichtshofs (JGH) stammen. Maria D.,
63, war in den 1960er- und 70er-Jahren am JGH als Schriftführerin tätig.
Und sie erinnert sich an menschenverachtenden Umgang mit jungen
Straftätern.
Nicht geglaubt
„Ich sehe den Gerichtshof noch vor mir: All den Kindern wurde nicht geglaubt“, sagt D. Die Jugendlichen, die vor Gericht standen, seien „bei Gott keine Waserln“ gewesen. Viele waren Heimkinder. „Schon damals haben die Kinder von brutalen Erzieherinnen und Erziehern erzählt.“ Die Vorwürfe gegen die Heime seien von den Richtern durchwegs als Lügen abgetan worden. „Vor allem das Heim Hohe Warte hatte einen Ruf, der ein Skandal war“, sagt D. Es stimme also nicht, erklärt D., dass niemand über Vorfälle in Heimen Bescheid gewusst habe.Noch heute könnten die Aussagen der jungen Leute leicht nachvollzogen und aufgearbeitet werden. „Das steht ja alles in den Gerichtsprotokollen. Ich habe es ja selbst stenografiert.“ Vorwürfe, die Vergewaltigung betreffen, seien ihr keine bekannt. „Das wundert mich nicht. Welcher Pubertierende soll vor einem 19-jährigen Mädel, wie ich eines war, erklären, dass er missbraucht worden ist?“
Auch dem Präsidenten der Opferschutz-Organisation Weisser Ring, Udo Jesionek, ab 1982 selbst Vorsitzender des JGH, waren harte Jugendrichter bekannt. „Da gab es einige, deren Ruf war regelrecht legendär.“ Heute würde man sensibler mit Jugendlichen umgehen. Gelandet sind die jungen Straftäter wieder in Erziehungsanstalten. Die Mädchen in Wiener Neudorf, die Burschen in Kaiserebersdorf. „Das war schlimmer als für Erwachsene in Stein. Kinder wurden im Keller eingesperrt und mit Essensentzug bestraft“, behauptet D. Jugendliche hätten bis Mitte der 1970er-Jahre für gleiche Delikte wesentlich längeren Freiheitsentzug als Erwachsene gehabt. Denn zusätzlich zur Strafe wurden sie in Kaiserebersdorf anschließend zur „Erziehung“ behalten. „Kaiserebersdorf war ein Albtraum“, sagt auch Jesionek. Noch gebe es aber für dessen Zöglinge keine Entschädigungen. Das zuständige Justizministerium legte sich bisher nicht auf die Zahlungsmodalitäten fest.
Weisser Ring: Seit Oktober 682 Opfer
Zwischenbilanz Seit 2010 haben sich 1025 Menschen bei der Opferschutzorganisation Weisser Ring gemeldet. 682 davon meldeten sich nach der Berichterstattung über den Heimskandal im Kinderheim am Wiener Wilhelminenberg. 592 Fälle wurden bereits in Sitzungen des Weissen Rings behandelt. 426 Opfer wurden entschädigt, 311 haben eine Psychotherapie in Anspruch genommen. In 44 Prozent der Fälle stellte der Weisse Ring „sexualisierte Gewalt“ fest. 59 Prozent der Opfer sind männlich , 41 demnach weiblich. 77 Meldungen betreffen das Kinderheim in Eggenburg, 71 die Hohe Warte, 66 fallen auf das Heim am Wilhelminenberg 59 auf das in Hütteldorf. .25.04.12
Guerra González, Jorge Sorgefall Familienrecht Ursachen und Folgen grundgesetzwidriger Praxis auf der Basis regelmäßigen Missbrauchs des Kindeswohlbegriffs
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Unter der Überschrift "Petitionen gegen Jugendämter" berichtet die Frankfurter Allgemeine , dass das EU-Parlament massive Verstösse gegen Menschenrechte getrennter Eltern (und Kinder) in Deutschland festgestellt hat, an denen vor allem die Jugendämter Schuld tragen
Unter der Überschrift "Petitionen gegen Jugendämter" berichtet die Frankfurter Allgemeine , dass das EU-Parlament massive Verstösse gegen Menschenrechte getrennter Eltern (und Kinder) in Deutschland festgestellt hat, an denen vor allem die Jugendämter Schuld tragen:
"Eine Delegation des Europaparlamentes wird an diesem Donnerstag in Berlin Vertretern aus Familien- und Justizministerium eine Liste von Petitionen übergeben, in denen Fälle von Fehlverhalten deutscher Jugendämter angeprangert werden. Der Vorwurf richtet sich dagegen, dass Müttern und Vätern, die getrennt von ihren Kindern leben, das Recht verwehrt werde, Kontakt mit ihren Kindern pflegen zu dürfen.
Der Petitionsausschuss des Europaparlaments ist deshalb der Auffassung, dass Deutschland die Menschenrechte im Umgang mit Müttern und Vätern missachtet habe." Der Leiter der mit den Jugendämtern befaßten Arbeitsgruppe im EU-Parlament, Philippe Boulland erklärte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen, er finde es "schockierend", dass niemand in Deutschland diesem Problem "wirklich zu Leibe rücken möchte". Weiter berichtet die Zeitung:
"Der Petitionsausschuss des Parlaments wirft den deutschen Behörden insbesondere vor, Eltern einen fairen Prozess verweigert zu haben, mit dem sie sich wieder Kontakt zu ihren Kindern verschaffen wollten. Es gebe Fälle, in denen Väter oder Mütter ihre Kinder fünf oder zehn Jahre lang nicht gesehen hätten, obwohl sie alles versucht hätten, um mit ihnen in Kontakt zu treten."
Die deutschen Jugendämter hätten nach Auffassung der Delegation aus Brüssel sich "in vielen Fällen über Anweisungen von Familienrichtern hinweggesetzt" und "agierten in vielen Fällen unkontrolliert [...]. Deutschland werden deshalb Verstöße gegen die Europäische Menschrechtskonvention, die UN-Kinderrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorgeworfen." Auf eine ähnliche Aktion des EU-Parlamentes vor vier Jahren habe Deutschland einfach nicht reagiert.
tarek am 24. November 2011
http://jugendamtwatch.blogspot.de/2012/04/petitionen-eu-parlament-jugendamt.html
Das traumatisierte Kind * Wie Beziehungsdramen Kinder lebenslang traumatisieren
Scheidungsdramen, Beziehungskriege, Vernachlässigung
und Gewalt – die Wege zum kindlichen Trauma sind vielfältig. Die
Auswege nicht. Die Folgen dramatisch: Kindliche Traumata wirken ein
Leben lang nach – psychisch wie physisch.
Denn kindliche Traumata vergehen nicht, selbst wenn sich keine unmittelbaren Auswirkungen feststellen lassen. Sie beeinflussen das spätere Beziehungsleben. Sie können nach Jahrzehnten noch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen auslösen. Sie können somatisch wirken und physische Krankheiten verursachen. Selbst Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben ihren Keim unter Umständen in der Kindheit. Ein Warnhinweis: Frühkindliche Traumata verkürzen Ihr Leben.
Und dazu bedarf es beileibe keiner dramatischen Kindesentführung (übrigens keine Seltenheit: derzeit sind in Österreich 25 ähnliche Fälle amtsbekannt) oder Gewalt- und Missbrauchserfahrungen. Der Wiener Kinderpsychotherapeut Helmuth Figdor erklärt: „Es hängt natürlich davon ab, wie man Trauma definiert. Aber im Grunde können auch weitgehend konfliktfreie Familien betroffen sein, in denen die Eltern mit ihren Kindern auf eine Art umgehen, die in einem strukturellen Sinn traumatisierend wirkt – etwa wenn sie einen depressiven Vater haben, der immer wieder über lange Strecken beziehungsunfähig ist, oder eine Mutter, die bei Auseinandersetzungen zwar nie die Hand gegen sie erheben würde, aber immer zutiefst gekränkt und enttäuscht ist und sich vielleicht tagelang von ihnen abwendet. Da ist die Watschen gesünder. Und ich sage nicht, dass die Watsche gesund ist.“
Ein typischer Fall: Vor zwei Jahren suchte der heute 46-jährige Steirer Dietmar M.* einen Therapeuten auf, um die psychosomatische Seite eines hartnäckigen, in Gelenken und Gliedmaßen auftretenden Schmerzsyndroms behandeln zu lassen. Die Therapie förderte ein kindliches Trauma zutage, das nicht nur die Schmerzen, sondern auch M.s jahrzehntelange Beziehungsprobleme und -ängste erklären konnte. Seine Mutter war eine durch Kriegswirren entwurzelte Frau, die zwischen längeren liebevollen und kurzen dramatischen Phasen des Rückzugs
und der Gesprächsverweigerung schwankte. Etwa alle zwei Monate brach sie einen wilden Streit mit ihrem Ehemann vom Zaun, an dessen Ende sie sich, begleitet von wiederholten Selbstmorddrohungen und Migräneanfällen, über Tage in ihrem Zimmer einschloss. Als kleines Kind suchte M. die Ursache für die zeitweilige mütterliche Abwesenheit und Gesprächsverweigerung bei sich selbst, entwickelte Schuldgefühle, litt selber unter Kopfschmerzattacken, dazu an Hautproblemen. Als Erwachsener hatte er extreme Bindungsängste, bis die Therapie schließlich sein verborgenes Trauma aufdeckte und damit seine Beziehungsprobleme nachhaltig verbesserte.
In zahlreichen wissenschaftlichen Studien wurden die gesundheitlichen Langzeitfolgen traumatischer Kindheitserlebnisse bereits zweifelsfrei nachgewiesen. Ein Forscherteam der Rutgers University in New Jersey kam beim Vergleich von 2800 Patientengeschichten zu dem Ergebnis, dass die Erfahrung körperlicher Gewalt im Kindesalter mit einer ganzen Palette an Folgeerkrankungen einhergeht. Die Gesundheitsdaten jener Patienten, die von physischem Missbrauch während ihrer Kindheit berichtet hatten, zeigten ein um 22 Prozent erhöhtes Risiko somatischer Beschwerden, eine um 24 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit von Depressionen und Angsterkrankungen. Symptome und Krankheiten wie Allergien, Rheuma, Asthma, Bronchitis, Kreislauf- und Blutdruckprobleme, Herz- und Leberbeschwerden waren zwischen 34 und 167 Prozent höher als bei der Vergleichsgruppe. Wie gesagt: Eine traumatische Kindheit kann Ihr Leben verkürzen.
Jüngst wurde auch eine zellbiologische Wurzel dieser drastischen Folgen identifiziert. Es handelt sich um die Telomere, DNA-Teilstücke, denen eine wesentliche Aufgabe bei der Zellteilung zukommt. Diese Gensequenzen werden bei jeder Teilung kürzer, weshalb ihre Ausgangslänge die „Lebenserwartung“ einer Zelle bestimmt. Es konnte nachgewiesen werden, dass psychosozialer Stress, und hier vor allem frühkindlicher Stress, die Telomere verkürzt, was sich unter anderem in den beschriebenen Symptomen äußern kann. Eine Forschergruppe der Brown University kam in einer 2010 publizierten Studie zu dem Ergebnis, dass Menschen mit einer Vorgeschichte kindlicher Misshandlung oder Vernachlässigung signifikant kürzere Telomere besitzen. Die Autoren wiesen übrigens explizit darauf hin, dass ihr Befund sowohl bei körperlichen als auch bei seelischen Gewalterfahrungen gilt.
Wenn Nathalie F.*, 13, an ihre jüngere Schwester denkt, kommen ihr unweigerlich die Tränen. Seit Nathalie wieder bei ihrem Vater lebt, hat sie die kleine Mira* kaum gesehen. Zuletzt besuchte sie die kleine Schwester geheim im Kindergarten. Nicht dass die Jahre davor einfacher gewesen wären. Ihre Eltern trennten sich, als Nathalie sechs Jahre alt war. Die vielen Streitereien, die diese Trennung begleiteten, hinterließen bei Nathalie ein Gefühl, als würde sie „ein zu enges Korsett tragen“. Manchmal, wenn der Vater nachts mit dem Hund nach draußen ging, wurde er von der Mutter ausgesperrt. Heimlich mussten ihn die Kinder dann wieder in die Wohnung lassen. Nathalie hasste es, wenn sich ihre Eltern stritten: „Ich habe einmal gesagt, dass ich aus dem Fenster springe, wenn sie nicht aufhören.“ Nach der Scheidung beantragte die Mutter das alleinige Sorgerecht und beharrte darauf, dass Nathalie keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater haben sollte – gegen ihren ausdrücklichen Willen. Es blieb trotzdem dabei, auch nach unzähligen Gerichtsterminen, Psychologenbesuchen und Gutachtergesprächen. Als ihr Vater einmal von der Polizei der ehemaligen gemeinsamen Wohnung verwiesen wurde, wurde es Nathalie zu viel. „Ich ertrug das alles nicht mehr, ich wollte vor ein Auto laufen. Ein Polizist hat mich aufgehalten.“
Es sind Fälle wie dieser, die Helga Staffa, Abteilungsleiterin im Wiener Jugendamt, meint, wenn sie sagt: „Eine Scheidung ist oft nur das Tüpfelchen auf dem i. Oft braucht es sie gar nicht, damit das Kindeswohl gefährdet ist.“ Exakt 10.518 Meldungen gingen im Vorjahr bei der Wiener Jugendwohlfahrt ein, mehr als die Hälfte davon betrafen den Verdacht der Vernachlässigung, etwa ein Drittel den der psychischen Gewalt, 15 Prozent körperliche und zwei Prozent sexuelle Gewalt. „Das ist allerdings die Gruppe mit der höchsten Dunkelziffer“, meint Staffa. Das legt auch eine Umfrage nahe, die die Kinderschutzorganisation Möwe in der Vorwoche präsentierte. Derzufolge hatten 25 Prozent aller Befragten, die schon einmal den Verdacht auf sexuellen Kindesmissbrauch hegten, nach eigenen Angaben nichts weiter unternommen. 29 Prozent hatten die Polizei verständigt, 21 Prozent das Jugendamt informiert.
Von den in Wien anno 2011 gemeldeten Verdachtsfällen wurde bei zwei Dritteln keine Gefährdung des Kindeswohls festgestellt, bei 28 Prozent eine so genannte „Unterstützung der Erziehung“ vereinbart (eine Begleitung der Familie durch Sozialarbeiter und Psychologen) und in sieben Prozent eine „volle Erziehung“ eingeleitet, also die Unterbringung in betreuten Wohngemeinschaften oder bei Pflegefamilien. Derzeit genießen in Wien etwa 3500 Kinder diese „volle Erziehung“, etwas mehr als 1000 wurden im Vorjahr vorübergehend in Krisenzentren oder bei Krisenpflegefamilien untergebracht.
Österreich zählt in puncto Kinderschutz übrigens zu den internationalen Vorreitern: Mit dem Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz 1989 verankerte es als viertes Land weltweit (nach Schweden, Finnland, Norwegen) das absolute Gewaltverbot in der Erziehung. Das „Züchtigungsrecht“ der Eltern war schon 1977 abgeschafft worden. Ob die Jugendwohlfahrt aber auch wirklich in jedem Fall das Kindeswohl erzielt, lässt sich diskutieren.
Der Kinder- und Jugendtherapeut Helmuth Figdor hat seine Zweifel: „Ich sehe ein Problem darin, dass sehr viele Vertreter der Jugendwohlfahrt nicht erkennen, dass sie mit ihrer Intervention die Kinder unter Umständen auch traumatisieren.
Oft ist es ja so, dass Kinder sechs Wochen ins Krisenzentrum kommen, und wenn in dieser Zeit keine Lösung gefunden wird, geloben die Eltern Besserung, das Kind kehrt zurück, und alles ist wieder so, wie es war. Nur hat de facto eine zusätzliche Traumatisierung stattgefunden – durch die Entfernung von den Eltern. Ich erinnere mich an den Fall eines Zweieinhalbjährigen, der aufgrund einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen den Eltern sofort ins Krisenzentrum gekommen ist und seine Eltern acht Wochen nicht gesehen hat. Was das bedeutet, können Sie sich vorstellen. Dieser Junge hat seine Eltern verloren. Solche Dinge kommen nicht mehr in Ordnung. Und das Jugendamt ist der Meinung, das Kind gerettet zu haben.“
In Beziehungskrisen wie Scheidungsfällen gilt die traurige Faustregel: Eine schlechte Lösung ist besser als die schlechteste. Ein Kind – mit sozialpsychologischer Unterstützung – in problematischen Familienverhältnissen zu belassen kann besser sein, als es völlig aus diesen herauszureißen. Denn damit realisiert sich ein klassischer Traumabegriff. Figdor: „Trauma bedeutet in diesem Fall, dass die Heranwachsenden in eine Situation versetzt werden, in der alle ihre bisherigen praktischen und emotionalen Strategien zusammenbrechen. Es ist nichts mehr, wie es vorher war. Diese Diskontinuität der Lebensverhältnisse nimmt einem das, was man als innere Heimat bezeichnen könnte. So etwas braucht jeder Mensch. In diesem Sinne ist auch jede Trennung tendenziell traumatisch.“
Denn Kinder erleben eine Scheidung der Eltern in erster Linie als Trennung eines Elternteils von sich selbst. Figdor: „Eine Neunjährige hat mir erzählt, dass es schon gut sei, dass sich ihre Eltern scheiden lassen. Deren Streiterei sei ja nicht mehr auszuhalten gewesen. Aber was sie nicht verstehen könne: Warum zieht der Papa aus? Er hätte doch zu ihr ins Kinderzimmer ziehen können, das sei groß genug. Dass dem Vater der Streit mit der Mutter wichtiger ist als die Liebe zum Kind, kann dieses oft nicht nachvollziehen.“
Selbstverständlich müssen Streitereien zwischen den Eltern nicht immer zu einer Traumatisierung der Kinder führen. Kinder sind unterschiedlich sensibel und daher auch unterschiedlich empfänglich für Spannungen und Streitereien in der Familie. Sie sind auch psychisch unterschiedlich robust, wenn es um die Verarbeitung von traumatischen Belastungen geht. Es kommt ganz wesentlich darauf an, ob die Eltern einen Weg der Trennung finden, der nicht zugleich eine totale emotionale Trennung eines Elternteils von den Kindern bedeutet. Zudem können andere Bezugspersonen in der Familie oder im Freundeskreis und natürlich frühe professionelle Intervention das drohende Trauma abfangen.
Die ersten Symptome für die kindliche Traumatisierung sind bei Kleinkindern etwa Regressionsphänomene: Sie fallen in der Entwicklung zurück, zeigen depressive Verhaltensweisen, werden von nächtlichen Angstattacken geplagt, schreien im Schlaf auf, weinen und sind nicht zu beruhigen. Bei Kindern im Volksschulalter zeigen sich Furchtsamkeit, Verlust- und Trennungsängste, Schlafstörungen, Angst vor Aggressionen und Konflikten, Trauer, Schuld- und Einsamkeitsgefühle. Bei Jugendlichen sind es häufig Selbstwertstörungen oder die so genannte Parentifizierung: Die Kinder übernehmen die Verantwortung für die Eltern, fühlen sich für deren Glück und Unglück verantwortlich, zeigen einen Leistungsabfall und Gefühlsschwankungen zwischen Wut, Aggression und Trauer, Schmerz, Rückzug, Depression – bis hin zu psychotischen Reaktionen. Manchmal können auch massive Essstörungen die Folge von Traumatisierung aufgrund familiärer Konflikte sein.
Manche Menschen entwickeln ein Opfersyndrom und neigen dazu, sich mit Aggressoren zu identifizieren. Die Spuren, die diese Traumatisierung hinterlässt, führen oft zu einer so genannten „transgenerationalen Problematik“, wie es die Psychotherapeuten nennen. Das heißt, dass sich die Beziehungsmuster der Eltern im Erwachsenenleben der Kinder wiederholen.
Helmuth Figdor bezeichnet Trennungsdramen nicht umsonst als „Lebensschicksal“ und warnt davor, unauffällige Kinder als psychologisch unbelastet anzusehen. Eltern wie Experten machten gerne den Fehler zu glauben, das Auftreten von Symptomen sei gleichbedeutend mit einer psychischen Belastung. Tatsächlich können Kinder in psychischen Stresssituationen äußerlich sogar ruhiger und ausgeglichener wirken, während gleichzeitig ihre inneren Konflikte zunehmen. Auch die Entwicklungspsychologin Pia Deimann, Professorin am Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien, betont: „Nicht jedes Trauma zeigt beobachtbare Symptome.“
Ein paar allgemeingültige Erkenntnisse gibt es dennoch. Der klinische Psychologe Harald Werneck erklärt: „Kurzfristig wirkt sich eine Scheidung altersspezifisch unterschiedlich aus, mittelfristig gibt es Befunde, die besagen, dass insbesondere bei den Mädchen erstaunlich wenig Konsequenzen nachgewiesen werden können.“ Das liege allerdings daran, dass gerade Mädchen zu internalisierten Störungen neigen, also zu depressiven oder ängstlichen Reaktionen. Burschen reagieren offensichtlicher, etwa mit einem Leistungsabfall in der Schule oder Aggressionen. „Da ist dann ganz offenkundig auch nach außen hin ein Handlungsbedarf da. Interessanterweise hat man aber auch herausgefunden, dass sich langfristig gerade bei jungen Frauen ganz deutliche und klare Folgewirkungen einer Scheidung nachweisen lassen – in dem Sinn, dass sie in ihren eigenen Beziehungen anders reagieren als Mädchen oder junge Frauen, die in ihrer Kindheit keine Scheidung der Eltern miterlebt haben.
Mit anderen Worten: Scheidung vererbt sich. Der statistische Befund ist eindeutig. Der Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich geht für Wien von einer 60-Prozent-Rate aus, mit der die Ehen ehemaliger Scheidungskinder innerhalb der ersten zehn Jahre geschieden werden – deutlich mehr als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung: Im Jahr 2010 wurden in Österreich 17.442 Ehen geschieden, was einer Gesamtscheidungsrate von 43 Prozent entspricht. Wie viele der insgesamt 19.574 Kinder, die im Jahr 2010 von der Scheidung ihrer Eltern betroffen waren, einen Rosenkrieg erleben mussten, ist statistisch nicht in Zahlen zu fassen, da auch einvernehmliche Obsorgeregelungen keine Garantie für innerfamiliäre Harmonie darstellen, wie die Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits weiß: „Oft eskaliert die Lage bei Gelegenheiten wie Weihnachten, wenn die Eltern sich nicht einigen können, bei wem das Kind die Feiertage verbringt. Oder ein Elternteil beginnt eine neue Partnerschaft, was bei dem anderen die alten Wunden aufreißt.“ Max Friedrich formuliert die Problematik so: „Eine harmonische Scheidung gibt es nicht. Man lässt sich schließlich scheiden, weil die Harmonie nicht mehr stimmt. Wer etwas anderes behauptet, redet Unsinn. Und die Winterreifen und das Hochglanzstahlgeschirr sind ja noch relativ leicht zu teilen. Da kann man den Wert berechnen und halbe-halbe machen. Beim Kind gibt es kein halbe-halbe.“
Scheiden tut weh. Vor allem den Kindern. Nicht selten ein ganzes Leben lang.
Mitarbeit: Jochen Stadler
profil.at
24.04.12
Missbrauch vom Vater? Amt nimmt Mutter Kind weg
Missbrauch vom Vater? Amt nimmt Mutter Kind weg
09.09.2011 Franziska Coesfeld
Eigentlich wollte Katja
Schulz ihren Jungen vor Misshandlungen des Vaters schützen. Stattdessen
entzog ihr das Jugendamt das Kind.
Jakob lebt in einem Hamburger Kinderschutzhaus. Seit fast sieben Monaten. Nur einmal pro Woche darf Katja Schulz ihren Sohn sehen. Jeden Dienstag steigt sie um 14 Uhr in ihr Auto. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt zum Kinderschutzhaus am anderen Ende der Stadt. "Aber einmal bin ich fast zu spät gekommen - deshalb plane ich jetzt immer eine gute Stunde ein." Damit sie keine Minute mit ihrem Sohn verpasst, wenn sie um punkt 15 Uhr zu ihm darf. Und nach 60 Minuten wieder wegmuss. "Die Abschiede brechen mir jedes Mal das Herz", sagt sie. Doch weinen will sie vor Jakob nicht, sie will stark sein. Die Tränen fließen meistens erst hinterher. Und wenn sie an den 16. Februar dieses Jahres denkt.
Es ist kurz vor 13 Uhr, als es an ihrer Tür klingelt. "Ich habe gerade Spaghetti mit Tomatensoße gekocht", sagt die 41-Jährige, stockt und knetet sich nervös die Hände. Dann berichtet sie von der Mitarbeiterin des Wandsbeker Jugendamts, die vor der Tür steht. Vier Polizisten, eine Gerichtsvollzieherin und zwei weitere Frauen vom Jugendamt begleiten sie. Sie haben einen Gerichtsbeschluss dabei. Darin steht, dass Jakob nicht bei seiner Mutter bleiben darf. Dass sie jetzt die Sachen für ihren Sohn packen muss. Begründung: Katja Schulz sei "bindungsintolerant" dem Vater gegenüber, "paranoid akzentuiert" und "hypochondrisch". Die Behörde glaubt, dass sie sich und ihrem Kind etwas antun könnte. So steht es in einem Gutachten einer Psychologin.
Aus Sicht des Jugendamts wurde der Junge gerettet. Für Rudolf von Bracken, Fachanwalt für Familienrecht, handelt es sich um den größten Hamburger Behördenskandal der vergangenen Jahre. "Das Vorgehen des Jugendamts ist eine Katastrophe. Wenn Jakob nicht innerhalb kürzester Zeit zurück zu seiner Mutter darf, wird er zugrunde gehen", sagt von Bracken, der die Mutter seit März vertritt. "Wenn dieses staatliche Vorgehen einreißt, wäre davor niemand sicher." Dass einer Mutter das Kind weggenommen wird, ist der schwerwiegendste Eingriff, den eine Behörde vornehmen kann. Es geschieht, wenn eine massive Kindeswohlgefährdung vorliegt: wenn Eltern ihr Kind vernachlässigen, ihm nicht genug zu essen geben, es schlagen. Katja Schulz hat nichts von alledem getan. "Eine Kindeswohlgefährdung lag nicht ansatzweise vor", sagt der Anwalt.
Katja Schulz darf ihren Sohn jetzt nur in Begleitung einer Mitarbeiterin der Miko Kinder- und Jugendhilfe GmbH sehen. Dort hat man eine klare Meinung zu dem Fall. Eine Miko-Mitarbeiterin schreibt in einem Brief an das Jugendamt von einer "Gefahr von Leib und Seele" für Jakob - wenn er nicht schnell zu seiner Mutter zurückkommt. Das Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, ist datiert vom 28. Juni. Doch der Junge muss noch immer im Kinderschutzhaus bleiben. Der einzige Erfolg: Seine Mutter darf ihn jetzt zweimal wöchentlich besuchen. "Ich fühle mich wie in einem Albtraum, aus dem ich nicht erwache", sagt Schulz. "Ich wollte mein Kind doch nur schützen."
Rückblick: Es ist im Februar 2009, als sich Katja Schulz erstmals an eine Erziehungsberatungsstelle in Frankfurt wendet. 20 Jahre lebt sie schon in Hessen. Dort hat sie Andreas (Name geändert) kennengelernt, zog mit ihm zusammen, wurde schwanger. Doch die Beziehung ist längst zerrüttet, als sie einen schrecklichen Verdacht hat. Jakob verhält sich seit einiger Zeit extrem auffällig und äußert sich in einer Art und Weise, die die Mutter vermuten lässt: Der Junge ist vom Vater sexuell missbraucht worden. Sie geht mit dem damals Vierjährigen regelmäßig zum Kindertherapeuten und achtet darauf, dass Jakob und der Vater möglichst nicht alleine sind. Schließlich wendet sie sich an das Frankfurter Jugendamt. Sie macht eine Mutter-Kind-Kur an der Nordsee und kehrt auf Anraten der Behörde nicht mehr nach Hause zurück. Sie ziehen nach Hamburg, wo auch ihre Eltern leben. Die Experten des Jugendamts kommen zu dem Schluss, dass ein Missbrauch in der Tat nicht ausgeschlossen werden kann. Jakobs Vater wird mit den Vorwürfen konfrontiert - doch er streitet alles ab. Das Jugendamt schickt eine sogenannte Sachstandsmeldung an die Kollegen in Hamburg.
Katja Schulz wendet sich in Hamburg an das Familiengericht: Sie möchte das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für Jakob. Doch die Verhandlung im Dezember 2009 endet mit einem Schock. Das Gericht überträgt das Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht dem Wandsbeker Jugendamt. Außerdem ordnet es an, dass ein Gutachten über die Familie erstellt werden muss. Es ist der Beginn eines Dramas, das bis heute andauert. "Die Entscheidung des Gerichts war völlig unverhältnismäßig und überzogen", sagt Rudolf von Bracken.
Trotzdem ist die Welt für Jakob und Katja Schulz vorerst noch in Ordnung. Die damals 39-Jährige baut sich und ihrem Sohn ein neues Leben auf. Jakob besucht eine Kita und findet schnell neue Freunde. Er wird zu Kindergeburtstagen eingeladen, verabredet sich zum Spielen, genießt die Nähe zu den Großeltern. Den Vater sieht Jakob 2010 nicht. "Die Therapeuten haben mir geraten, den Kontakt zum Vater zu unterbinden, bis der Verdacht des Missbrauchs ausgeräumt ist", sagt sie.
Auch das Jugendamt sieht offenbar keine Probleme. Die "Vormünderin" vom Jugendamt, wie es im Amtsdeutsch heißt, besucht Mutter und Sohn in diesem Jahr laut Schulz nur zweimal. Die Gutachterin sei nur ein einziges Mal für 40 Minuten bei ihr zu Hause gewesen. Vier weitere Male treffen sie sich ohne Jakob, den die Gutachterin mehrmals in der Kita besucht. Katja Schulz hat nach den Gesprächen kein gutes Gefühl. "Ich hatte den Eindruck, dass sie sich schon längst eine feste Meinung gebildet hat." Wie dramatisch das Gutachten ihr Leben verändern wird, erfährt sie erst am 16. Februar 2011, als Polizei und Jugendamt vor ihrer Tür stehen und Jakob mitnehmen. "Das Gutachten war ein Schock für mich. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden", sagt Katja Schulz. Die Einschätzung der Frankfurter Kollegen spielt für das Wandsbeker Jugendamt keine Rolle mehr. Vielmehr kommt die Hamburger Gutachterin zu dem Schluss, dass Jakob nicht sexuell missbraucht worden sei. Zudem werde befürchtet, die paranoid akzentuierte Mutter, die eine symbiotische Bindung zum Kind hätte, könnte einen "erweiterten Suizid" begehen.
Rudolf von Bracken hat für den massiven Eingriff des Jugendamts nur eine Erklärung: "Ich glaube, dass das Jugendamt verschreckt war." Schließlich ging es um sexuellen Missbrauch - also um viel Arbeit und hohe Verantwortung. "Statt selbst genau hinzuschauen, hat sich das Jugendamt hinter einem höchst zweifelhaften Gutachten verschanzt und tut es heute noch."
Was nun folgt, nachdem Jakob in dem Kinderschutzhaus lebt, ist für den Anwalt skandalös. Denn nach nur dreieinhalb Wochen wird Katja Schulz mitgeteilt, dass sie ihren Sohn bis auf Weiteres nicht mehr sehen dürfe. Auch den Großeltern wird das Besuchsrecht verweigert. Und: Die Vormünderin will den Jungen sogar in die Psychiatrie stecken - in Darmstadt, in der Nähe seines Vaters. Als Katja Schulz zufällig durch den Kinderarzt davon hört, bekommt sie Panik. "Ich hatte furchtbare Angst um mein Kind." Für ihren Anwalt ist dieses Vorgehen durch nichts zu rechtfertigen: "Kein Gericht der Welt hätte solch einem Antrag zugestimmt."
Doch Rudolf von Bracken und seine Mandantin kämpfen unerlässlich für den Jungen - und sind zumindest in kleinen Schritten erfolgreich. Nachdem die Gutachterin Vater und Sohn gemeinsam beobachtet hat, legt sie ein Ergänzungsgutachten vor. Das Ergebnis: Es sei nun doch nicht zu befürworten, dass Jakob beim Vater lebe, da dieser gerade mit seiner Freundin in eine andere Stadt gezogen sei und das Kind somit nicht in sein gewohntes Umfeld kommen würde. Von Bracken beantragt daraufhin, dass der Junge unverzüglich zur Mutter zurück und der Missbrauchsverdacht durch ein neues Gutachten aufgeklärt werden muss. Doch das Gericht lehnt beide Anträge ab. Der Anwalt legt Beschwerde beim Oberlandesgericht ein und gibt eine psychologische Stellungnahme zum Gutachten in Auftrag, die Ende Juni vorliegt. In dem 31 Seiten langen Schriftstück listet eine Psychologin diverse Mängel sowie "grobe Verfahrensfehler" des Gutachtens und des Jugendamts auf. Es seien zur Mutter viele Spekulationen enthalten. Die Gutachterin habe ihre Kompetenz in "eklatanter Weise" überschritten.
Zeitgleich schickt die Miko-Mitarbeiterin einen Brief an das Wandsbeker Jugendamt. Ihr Anliegen ist eindeutig: Jakob benötige eine "sehr zeitnahe Rückführung zur Mutter". In der Begründung der Familientherapeutin heißt es: Er nimmt durch die Trennung seelischen Schaden. Zudem wirke Frau Schulz "in vollem Umfang erziehungsfähig". Und dennoch wird bei der Verhandlung vorm Oberlandesgericht Rudolf von Brackens Antrag abgelehnt - Jakob muss im Kinderschutzhaus bleiben. Aber es soll ein neues Gutachten erstellt werden. Es ist ein Strohhalm, an den sich die Mutter klammert.
Katja Schulz und ihr Anwalt sind nicht die Einzigen, die um den Jungen bangen. Auch Eltern, deren Kinder gemeinsam mit Jakob die Kita Martinistraße in Eppendorf besucht haben, setzen sich für den Jungen ein. "Wir alle haben ihn vor anderthalb Jahren als ein fröhliches, aufgewecktes und gut erzogenes Kind kennengelernt", sagt Gernot Stenger. Er ist Anwalt und Vizepräsident des FC St. Pauli. Sein Sohn ist eng mit Jakob befreundet und trifft ihn regelmäßig. "Bei seiner Mutter ging es dem Jungen gut. Doch seit er aus dem vertrauten Umfeld gerissen wurde, ist er verzweifelt." Deshalb hat er mit seiner Frau und zwei weiteren Elternpaaren im Juni einen Brief an das Jugendamt verfasst. "Wir wollten nicht tatenlos zusehen, wie das Kind leidet", sagt der zweifache Vater. Im Schreiben äußern die Eltern ihr Unverständnis darüber, dass ein Kind so lange in einer Einrichtung bleiben muss und es keine Verfahrensfortschritte gibt. "Wir wollen weder für die Mutter noch den Vater Partei ergreifen - uns geht es allein um den Jungen." Deshalb haben sich Gernot Stenger und die anderen Eltern mit zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamts getroffen. Es sei ein sachliches Gespräch gewesen. Doch die Frauen der Behörde kennen nur die Akten. Den Jungen haben sie nie gesehen.
Die Miko-Mitarbeiterin sieht Jakob zweimal die Woche. Er sei ein überdurchschnittlich intelligentes Kind, das seine Belange "überaus reflektiert" wiedergeben kann, schreibt sie in ihrem Bericht an das Jugendamt. Die Besuche der Mutter seien die Höhepunkte seiner Wochen. Zu seinem Vater habe Jakob dagegen "keine tragfähige" Beziehung. Ein emotionaler Austausch finde nicht statt, Jakob meide körperliche Nähe. Der Junge wünsche sich nur eines: endlich wieder bei seiner Mutter zu leben. Als Jakob am 13. August eingeschult wird, ist das Kinderschutzhaus immer noch sein Ersatzzuhause. Immerhin darf Katja Schulz diesen besondern Moment mit ihrem Sohn teilen. Ihr Kind zur Schule bringen, mit ihm Hausaufgaben machen - das darf sie nicht.
Katja Schulz hofft, dass sich das bald ändert. Bei einem Gerichtstermin vor zwei Wochen gibt das Jugendamt eine neue Einschätzung ab: Jakob soll zu seiner Mutter zurück, weil keine akute Kindeswohlgefährdung vorliege. "Die Trennung kann laut Jugendamt zeitnah beendet werden", sagt von Bracken. Zufrieden sei er trotzdem nicht. "Die Gutachterin fordert bei Gericht eine psychiatrische Therapie für Mutter und Kind, bevor sie wieder zusammenkommen." Der Anwalt schätzt, dass sich die Rückkehr des Kindes so um weitere ein bis zwei Monate hinziehen wird. "Das ist inakzeptabel." Die Trennung mache Jakob kaputt. "Es ist ein Irrsinn, den das Jugendamt hier veranstaltet." Rudolf von Bracken fordert: "Jakob muss sofort freikommen. Und es muss sichergestellt werden, dass so etwas nie wieder in Hamburg passiert." Bis zum heutigen Freitag sollen alle Beteiligten zur sofortigen Rückkehr von Jakob zu seiner Mutter Stellung nehmen - eine Anordnung des Oberlandesgerichts. Ob das Jugendamt den Fall heute anders beurteilt? Wandsbeks Bezirkschef Thomas Ritzenhoff (SPD) sagte auf Anfrage des Abendblatts lediglich: "Wir dürfen uns dazu nicht äußern."
Wann Katja Schulz ihrem Sohn wieder Spaghetti kochen und ihm Gute-Nacht-Geschichten vorlesen kann, ist ebenso ungewiss. Ihr bleibt nur, sich auch nächsten Dienstag ins Auto zu setzen und zu Jakob zu fahren. Es wird der Höhepunkt ihrer Woche sein, wenn sie den Siebenjährigen um punkt 15 Uhr in ihre Arme schließen kann. Nach 60 Minuten wird sie ihn wieder verlassen müssen, ihren Sohn noch mal küssen und ihm sagen, dass sie ihn sehr lieb hat. Dann muss sie wieder stark sein.
Hamburger Abendblatt
Erneut soll ein Hamburger Jugendamt Hinweisen auf Kindesmissbrauch nicht nachgegangen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Hamburg – Neunjährige musste Pornofilme gucken
Hamburger Sozialarbeiter sollen Hinweisen nicht
nachgegangen sein. Eine Neunjährige musste wohl über Jahre Erwachsenen
beim Sex zusehen und sich Pornofilme anschauen.
Von Jens Meyer-Wellmann und Olaf Dittmann
Drei Monate nach dem
Methadontod der elfjährigen Chantal in einer Junkiefamilie in
Wilhelmsburg gibt es neue schwere Vorwürfe gegen Hamburger
Jugendhilfeeinrichtungen.
So sollen die
Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) des Bezirksamtes Wandsbek Hinweisen
auf Kindeswohlgefährdung und Missbrauch einer Neunjährigen nicht
energisch genug nachgegangen sein, die sie im Frühjahr 2010 aus dem
Umfeld der Familie erhielten.
Zweimal wurde
die damals 39 Jahre alte Mutter im Mai und im Juni 2010 ins Jugendamt
eingeladen, wie aus Briefen hervorgeht, die "WELT ONLINE" vorliegen. Als
die in Polen geborene Mutter den Aufforderungen nicht nachkam, ließ man
die Sache im Jugendamt Steilshoop auf sich beruhen, ohne weiter
nachzufassen.
Sexuelle Handlungen und Pornofilme
Erst als die
ältere Schwester der Neunjährigen sich ein Jahr später, im Juni 2011, an
ihre entfernte Verwandte, die Hamburger Journalistin Bea Swietczak,
wandte, kam Bewegung in die Sache. Swietczak informierte das Jugendamt
und schaltete auch die Hamburger Sektenbeauftragte Ursula Caberta ein –
wegen deren Erfahrung im Behördenalltag.
Aufgaben des Allgemeinen Sozialen Dienstes
- Aufgaben des ASD
„Kinder vor Gefährdungen zu bewahren und Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu beraten und zu unterstützen“. So beschreibt es der Senat. Bei Bedarf bewilligt der jeweils zuständige ASD weiter gehende erzieherische Hilfen oder vermittelt an andere kompetente Stellen.
- Mitarbeiter des ASD
In den letzten Jahren stieg die Zahl der ASD-Mitarbeiter um 100 auf 330. Nachdem zahlreiche Mitarbeiter über Überlastung geklagt hatten, teilte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) im November mit, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die ASD-Mitarbeiter erhalten rund 300 Euro mehr pro Monat. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass gute Kräfte ins Umland wechseln.
- Kritik am ASD
Zweimal war der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) zuletzt in die Kritik geraten. In beiden Fällen starben Kinder, obwohl der ASD in die Betreuung der Familien eingebunden war. Immer war der Bezirk Mitte betroffen: Anfang 2009 verhungerte das neun Monate alte Baby Lara Mia in Wilhelmsburg – obwohl die junge Mutter vom ASD betreut wurde. Und vor drei Monaten starb die elfjährige Chantal, nachdem sie Methadon eingenommen hatte – das Bezirksamt hatte sie in einer drogensüchtigen Pflegefamilie untergebracht.
Kurz darauf
leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen die Mutter
der Neunjährigen und deren 47 Jahre alten afghanischen Lebensgefährten
ein. Im Juli wurde die Wohnung durchsucht. Sowohl die Mutter als auch
ihr Freund werden in dem Durchsuchungsbeschluss beschuldigt, " sexuelle
Handlungen vor einem Kind" vorgenommen zu haben.
Dem Mann wird
zudem vorgeworfen, in seiner eigenen Wohnung "sexuelle Handlungen an"
dem Kind vorgenommen und ihm Pornofilme gezeigt zu haben, in denen es zu
"sexuellen Handlungen zwischen Menschen und Tieren kommt".
Die Neunjährige
wurde im Sommer 2011 aus der Familie genommen und bei einer Pflegemutter
untergebracht. Ihre leibliche Mutter, die offenbar an einer schweren
psychischen Erkrankung leidet, wurde in einer Klinik behandelt.
Parallelen zu einem weiteren Fall
Wenig später
stieß Journalistin Swietczak auf die Schreiben des Jugendamtes vom April
und Mai 2010. Auf ihre Anfrage, warum man der Sache nicht sofort
nachgegangen sei und das Kind noch mehr als ein Jahr in der Familie
leiden musste, hieß es, man habe seinerzeit keine Hinweise auf sexuellen
Missbrauch gehabt.
Dem
widersprechen die beiden Frauen aus dem Umfeld der Familie, die im
Frühjahr 2010 die Hinweise gaben, in einer schriftlichen Erklärung. Auch
der stellvertretende Wandsbeker Bezirksamtsleiter Frank Schwippert
beteuerte aber im Gespräch mit "WELT ONLINE" es habe 2010 keine Hinweise
auf Missbrauch gegeben.
Warum man erst
zwei Briefe schreibe, die Sache dann aber auf sich beruhen lasse, konnte
Schwippert allerdings auch nicht sagen. Genauso war es 2005 gewesen,
als in Jenfeld (ebenfalls Bezirk Wandsbek) die siebenjährige Jessica
verhungert war.
Die Mutter hatte nicht reagiert, die Behörden hatten ihre Bemühungen daraufhin einfach eingestellt. Das Kind war tot.
Jugendamt hätte früher vom Missbrauch wissen können
Anstatt dem
eigenen Versagen nachzugehen, drehte man in Wandsbek den Spieß im Sommer
2011 einfach um – und untersagte der immer kritischer nachfragenden
Journalistin Swietczak den Umgang mit ihrer entfernten Verwandten, dem
neunjährigen Mädchen.
Swietczak
schrieb sogar den Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) persönlich
an – ohne Erfolg. Schließlich erstattete sie Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft gegen sechs Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialen
Dienstes wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht – unter
ihnen die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Martina Kaesbach, die Amtsvormund
der Neunjährigen gewesen ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter
dem Aktenzeichen 4200 Js 946/11.
Kaesbach will sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Auch Bezirk und Sozialbehörde schweigen.
In ihrer
Anzeige wirft Swietczak den sechs Mitarbeiterinnen des Jugendamtes auch
vor, sie hätten sich schon seit vielen Jahren nicht ausreichend um den
Fall gekümmert. So habe bereits in den Jahren 2004 und 2005 der
leibliche Vater das Mädchen missbraucht.
Das Jugendamt
sei bei der Scheidung der Eltern und der Klärung des Sorgerechtes
eingeschaltet gewesen und habe über die schwierigen Verhältnisse und die
psychische Erkrankung der Mutter Bescheid wissen können, so die
Vermutung.
Komplettes Systemversagen
Swietczak
spricht mittlerweile von einem kompletten Systemversagen der
Jugendhilfe. "Ein normaler Bürger hat überhaupt keine Chance, sich beim
Jugendamt Gehör zu verschaffen", sagt sie und prophezeit: "Es wird bald
eine neue Chantal oder eine neue Lara Mia geben."
Auch die
Jugend- und Sektenbeauftragte des Senates, Ursula Caberta, sieht in
diesem neuen Fall ein erneutes Versagen der Hamburger Behörden. "Wenn
man einen Brief schreibt, hat man einen Verdacht, und wenn dann niemand
reagiert, dann muss man da gefälligst hingehen. Da geht es um das Wohl
eines Kindes", so Caberta. "Wofür ist denn das Jugendamt sonst da?"
Welt online