Stiller Protest auf Steig 5
Erstellt 27.09.2013
Seit zehn Wochen sitzt das Ehepaar auf Steig 5. Foto: Arton Krasniqi
Ihr Leben sei nicht schön im Moment, sagt Mputu. Aber sie wollten das so. Sie protestieren. „Wir leben im Freien, bis wir unseren Sohn wiederhaben.“ Sie wüssten ja nicht einmal, wo er sich aufhalte, sagen sie. Vor drei Jahren hat das Jugendamt ihren Sohn in Obhut genommen. Aus Datenschutzgründen möchte sich die Stadt Köln zu dem Einzelfall nicht äußern, generell aber sei jede Inobhutnahme, die das Jugendamt „leider gegen den Willen der Eltern durchführen“ müsse, zuvor vom Familiengericht zu prüfen, sagt Klaus Röttgen vom Jugendamt. Und: „Wir versuchen in jedem Einzelfall, den Kontakt zwischen Eltern und Kindern zu halten.“
„Wir sind nicht krank“
Wanda Mputu macht keinen Hehl daraus, dass sie in psychiatrischer Behandlung war – allerdings gegen ihren Willen, sagt sie. Viermal am Tag habe man ihr Medikamente gegeben. Nach fünf Wochen habe sie die Klinik verlassen dürfen. „Meine Frau ist nicht krank“, sagt ihr Mann, „wir sind beide nicht krank.“ Bei der Polizei haben sie Anzeige erstattet wegen Entziehung Minderjähriger.
Bis vor wenigen Monaten wohnten die Kongolesen in Porz. Aber sie mussten ausziehen, konnten sich die Miete für die Wohnung nicht mehr leisten. Die 43-Jährige lebt seit mehr als zehn Jahren in Deutschland. Ihr Mann war Schifffahrtsoffizier im Kongo, hat in Belgien Maritimwesen studiert und zog 2004 zu seiner Frau nach Köln. Sie besitzt ein befristetes Aufenthaltsrecht, er muss seine Duldung alle paar Monate verlängern.
Rund um den Breslauer Platz kennt fast jeder die beiden Afrikaner. Taxifahrer versorgen sie mit heißem Kaffee und Lebensmitteln. Pendler stecken ihnen Kleingeld zu und hören sich ihre Geschichte an. Eine Frau hat ihnen eine Bibel geschenkt. „Wir sind gläubige Christen“, sagt René Mputu.
Wie soll es weitergehen?
Vor ihnen stehen ein Rollkoffer mit Decken, zwei Taschen, zwei Rucksäcke mit ein paar Habseligkeiten und eine schwarze Aktentasche mit Dokumenten und Fotos von ihrem Sohn. An Kleidung besäßen sie nur das, was sie am Leib trügen. Schlafen würden sie im Sitzen.
Die Stadt hat den beiden ein Zimmer in einer Unterkunft an der Brühler Straße in Raderthal angeboten. Da waren sie auch, möchten aber nicht zurück. Ein Fenster lasse sich nicht schließen, außerdem liefen Ameisen herum, aber das Schlimmste sei: „Wenn wir weiter da wohnen möchten, müssen wir ein Gespräch mit einem Sozialbetreuer führen, das machen wir nicht, wir sind nicht krank“, wiederholt René Mputu wütend.
Wie es weitergehen soll? Der Winter naht, seiner Frau schmerzen die Füße, sie sind stark angeschwollen, passen kaum mehr in die Schuhe. Mputu zieht die Schultern hoch. Schließlich sagt er: „Wir bleiben hier. Gott wird uns den Weg zeigen. Er beschützt uns.“
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