04.05.12

Kinder mit Nadeln und Gerte gequält – Angeklagte schweigen - Die Vorwürfe sind unglaublich Zwei Mitarbeiterinnen eines Jugendheimes sollen Kinder mit Einwegspritzen und einer Reitgerte gequält haben



Zwei frühere Erzieherinnen eines Heims in Berlin-Adlershof sollen sechs Mädchen gequält und misshandelt haben. Zum Prozessbeginn am Mittwoch verweigerten die Angeklagten, die die anfangs fünf bis 12 Jahre alten Kinder wiederholt malträtiert haben sollen, die Aussage vor dem Berliner Landgericht.
Den Mädchen, darunter vier Schwestern, soll eine Aussage vor Gericht möglichst erspart werden, sagte Opferanwalt Roland Weber am Rande des Prozesses. 



Mutter erstattet Strafanzeige

Die Taten sollen sich in der Zeit von September 2008 bis Februar 2009 in einer im Stadtteil Adlershof angesiedelten Jugendeinrichtung abgespielt haben. Schon im Oktober 2008 hatte sich eine Kinderpsychiaterin, die eines der Mädchen zu therapieren versuchte, bei der Senatsverwaltung für Bildung und beim zuständigen Jugendamt beschwert und darauf hingewiesen, dass das Kind offenbar gefährdet sei. Im März 2009 meldete sich die Mutter eines der Mädchen bei der Polizei. Fast zeitgleich soll auch das Diakonische Werk Strafanzeige erstattet haben.
Im Laufe der Ermittlungen sollen dann noch fünf weitere Mädchen von Rohheiten berichtet haben. Zu den Vorwürfen gehören Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht und auf die Oberarme, Hiebe mit einer Reitgerte, eines der Mädchen soll beim Baden mit dem Kopf unter Wasser gepresst worden sein. Auch soll eine der Angeklagten die Hand des Kindes auf eine heiße Herdplatte gedrückt haben. Einige Mädchen berichteten, sie seien mit einer Einwegspritze und mit Pinnwandnadeln gestochen worden. Zudem sollen die angeklagten Frauen den Kindern Kopfnüsse gegeben, sie angeschrien, grob geschüttelt, geschubst haben. Auch soll den Kindern gedroht worden sein: „Wenn ihr den Mund nicht haltet, wird es noch schlimmer!“
Grundlage der Ermittlungen sind vor allem die Aussagen der Kinder, die nun wohl auch vor Gericht als Zeugen gehörten werden müssen. Da die Taten schon mehr als drei Jahre zurückliegen und die vorgeworfenen Taten konkreten Daten und Zeiten vermutlich nicht mehr zugeordnet werden können, dürfte sich die Beweisaufnahme aus Sicht der Staatsanwaltschaft und der Nebenklagevertreter als schwierig erweisen. Gestützt werden sollen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft aber auch von einer anderen Erzieherin, einer Hauswirtschaftskraft und einer Praktikantin, die zur Tatzeit in dem Kinder- und Jugendheim tätig waren.

Vom Dienst suspendiert

So soll die Hauswirtschaftskraft bei der Polizei unter anderem ausgesagt haben, dass die Kinder von der angeklagten Erzieherin häufig angeschrien wurden und ihnen mit dem Finger gegen den Kopf geschnipst worden sei. Als sie sich deswegen an die Gruppenleiterin wandte, habe diese eine merkwürdige Antwort gegeben: Ja, sie habe das auch schon beobachtet. Und sie habe zu der Erzieherin gesagt, wenn sie schon so etwas mache, dann solle sie sich dabei nicht erwischen lassen.
Auch die Praktikantin soll bei der Polizei Gewalttätigkeiten gegenüber den Kindern zu Protokoll gegeben haben: Sie seien von den Angeklagten angeschrien worden, hätten Klapse auf den Hinterkopf oder den Rücken erhalten. Geschehen sei das, wenn die Kinder zu langsam gegessen hätten oder wenn es Probleme bei ihren Schularbeiten gegeben habe. Die Angeklagten sollen sich bei der Polizei zu den Vorwürfen nicht geäußert haben. Beide sollen seit Aufnahme der Ermittlungen vom Dienst suspendiert sein.


Berliner Morgenpost  25.04.2012



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