Zwei frühere Erzieherinnen eines Heims in
Berlin-Adlershof sollen sechs Mädchen gequält und misshandelt haben. Zum
Prozessbeginn am Mittwoch verweigerten die Angeklagten, die die anfangs
fünf bis 12 Jahre alten Kinder wiederholt malträtiert haben sollen, die
Aussage vor dem Berliner Landgericht.
Den Mädchen, darunter vier
Schwestern, soll eine Aussage vor Gericht möglichst erspart werden,
sagte Opferanwalt Roland Weber am Rande des Prozesses.
Mutter erstattet Strafanzeige
Die Taten sollen sich in der
Zeit von September 2008 bis Februar 2009 in einer im Stadtteil Adlershof
angesiedelten Jugendeinrichtung abgespielt haben. Schon im Oktober 2008
hatte sich eine Kinderpsychiaterin, die eines der Mädchen zu
therapieren versuchte, bei der Senatsverwaltung für Bildung und beim
zuständigen Jugendamt beschwert und darauf hingewiesen, dass das Kind
offenbar gefährdet sei. Im März 2009 meldete sich die Mutter eines der
Mädchen bei der Polizei. Fast zeitgleich soll auch das Diakonische Werk
Strafanzeige erstattet haben.
Im Laufe der Ermittlungen
sollen dann noch fünf weitere Mädchen von Rohheiten berichtet haben. Zu
den Vorwürfen gehören Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht und auf
die Oberarme, Hiebe mit einer Reitgerte, eines der Mädchen soll beim
Baden mit dem Kopf unter Wasser gepresst worden sein. Auch soll eine der
Angeklagten die Hand des Kindes auf eine heiße Herdplatte gedrückt
haben. Einige Mädchen berichteten, sie seien mit einer Einwegspritze und
mit Pinnwandnadeln gestochen worden. Zudem sollen die angeklagten
Frauen den Kindern Kopfnüsse gegeben, sie angeschrien, grob geschüttelt,
geschubst haben. Auch soll den Kindern gedroht worden sein: „Wenn ihr
den Mund nicht haltet, wird es noch schlimmer!“
Grundlage der Ermittlungen
sind vor allem die Aussagen der Kinder, die nun wohl auch vor Gericht
als Zeugen gehörten werden müssen. Da die Taten schon mehr als drei
Jahre zurückliegen und die vorgeworfenen Taten konkreten Daten und
Zeiten vermutlich nicht mehr zugeordnet werden können, dürfte sich die
Beweisaufnahme aus Sicht der Staatsanwaltschaft und der
Nebenklagevertreter als schwierig erweisen. Gestützt werden sollen die
Vorwürfe der Staatsanwaltschaft aber auch von einer anderen Erzieherin,
einer Hauswirtschaftskraft und einer Praktikantin, die zur Tatzeit in
dem Kinder- und Jugendheim tätig waren.
Vom Dienst suspendiert
So soll die
Hauswirtschaftskraft bei der Polizei unter anderem ausgesagt haben, dass
die Kinder von der angeklagten Erzieherin häufig angeschrien wurden und
ihnen mit dem Finger gegen den Kopf geschnipst worden sei. Als sie sich
deswegen an die Gruppenleiterin wandte, habe diese eine merkwürdige
Antwort gegeben: Ja, sie habe das auch schon beobachtet. Und sie habe zu
der Erzieherin gesagt, wenn sie schon so etwas mache, dann solle sie
sich dabei nicht erwischen lassen.
Auch die Praktikantin soll bei
der Polizei Gewalttätigkeiten gegenüber den Kindern zu Protokoll
gegeben haben: Sie seien von den Angeklagten angeschrien worden, hätten
Klapse auf den Hinterkopf oder den Rücken erhalten. Geschehen sei das,
wenn die Kinder zu langsam gegessen hätten oder wenn es Probleme bei
ihren Schularbeiten gegeben habe. Die Angeklagten sollen sich bei der
Polizei zu den Vorwürfen nicht geäußert haben. Beide sollen seit
Aufnahme der Ermittlungen vom Dienst suspendiert sein.
Berliner Morgenpost 25.04.2012
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