München – Als einzige Partei setzt die CSU alles
daran, die Wahlfreiheit der Eltern in Sachen Erziehung der Kleinkinder
bis drei Jahren zu erhalten. Dagegen zeigt sich bei der Gegenseite, wenn
sie gegen das Betreuungsgeld agitiert, vor allem Staatsgläubigkeit und
Misstrauen gegenüber den Eltern. Dazu befragten Peter Hausmann und
Wolfram Göll die bayerische Familienministerin, Christine Haderthauer.
Die Eltern sind für Kleinkinder einfach unersetzlich. Leider
verschließen Ideologen die Augen vor dieser Wahrheit.Bild: drubig-photo –
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Bayernkurier: In der Betreuungsgeld-Debatte fällt
ein bösartiger, arroganter Zungenschlag der Gegenseite auf: Eltern
dürften keinesfalls Geld in die Hand bekommen, weil sie es eh nur
versaufen oder Flachbildfernseher kaufen, während sie ihre Kinder
vernachlässigen…
Christine Haderthauer: Daran sieht man, dass es
in Wahrheit gar nicht um die Sache geht. Weder die Höhe des Einkommens
noch der Schulabschluss oder die Herkunft machen uns zu guten oder
weniger guten Eltern. Pauschale Abwertung verunsichert Eltern nur und
setzt sie unnötig unter Druck. Gerade bei jungen Familien wird von den
Kritikern des Betreuungsgelds viel Porzellan zerschlagen. Kein Wunder,
wenn immer weniger junge Menschen Lust haben, Eltern zu werden.Bayernkurier: Immer stärker erschallt von links die Forderung, die Erziehung müsse grundsätzlich dem Staat und seinen Kinderkrippen überlassen werden, weil die Eltern angeblich unfähig sind, Kleinkinder aufs Leben vorzubereiten. Ist nun wirklich der Staat der bessere Erzieher?
Haderthauer: Das ist absurd. Nicht Krippe, Kindergarten oder Schule, sondern das Elternhaus ist der wichtigste Bildungsort. Damit später Bildung gelingen kann, muss in den ersten drei Lebensjahren das Grundbedürfnis nach verlässlicher Bindung gestillt werden. Daher müssen wir Eltern ermutigen: Ihre Zeit und Zuwendung sind die beste Bildungsinvestition für ihre Kinder. Nicht umsonst hat es die Natur so eingerichtet, dass das nächste Kind in der Regel erst mit einem gewissen Abstand auf die Welt kommt. In dem Alter von ein oder zwei Jahren dient die Krippe also weniger den Kinderbelangen als den Belangen der Arbeitswelt. Später im Kindergartenalter gewinnen dann das soziale Miteinander und Bildungsanreize von außen eine größere Bedeutung. Selbstverständlich können stabil gebundene Kinder auch unter drei Jahren gut mit einer Krippenbetreuung zurechtkommen. Grundfalsch ist es allerdings anzunehmen, die Krippe könne mangelnde Elternkompetenz ausgleichen. Das ist definitiv nicht der Fall. Damit wäre jede Krippe heillos überfordert. Die Krippe ist nicht die Reparaturanstalt für Elternversagen. Hier muss man bei den Eltern direkt ansetzen, ihnen Begleitung, beispielsweise durch Familienpaten, zur Seite stellen.
Bayernkurier: Wie kommt es denn dann zu diesem immer schiefen Weltbild? Gehen da Pseudo-Feminismus und schädliche Staatsgläubigkeit eine unheilige Allianz ein – zu Lasten der Kleinkinder?
Haderthauer: Wir haben in Deutschland leider ein schwieriges Verhältnis zur Familie, auch unter den Politikern. Die einen kommen aus der Sozialpolitik und sehen nur die Problemfälle, die anderen kommen aus der Schulpolitik und schauen auf Ein- und Zweijährige wie auf Schüler. Dazu kommen Stimmen aus der Wirtschaft, die, sehr kurzsichtig, nur das Fachkräftepotenzial junger Väter und Mütter im Blick haben. Und all das wird von den meisten Medien weitgehend kritiklos nachgeplappert. Ein Land, das die Bedürfnisse seiner Kleinstkinder in Konkurrenz mit dem elterlichen Arbeitsplatz stellt, übt einen unverantwortlichen und familienfeindlichen Druck auf junge Eltern aus und beraubt sich so seines eigenen Nachwuchses. Deswegen hat Frankreich den Trend von der frühen Krippenbetreuung bereits seit Jahren wieder zu Gunsten der Betreuung in der Familie gewendet. CSU-Familienpolitik stärkt die Leistung von Familie, anstatt sie strukturell zu behindern. Weil uns eines immer bewusst sein muss: Der Staat kann nur Geld, niemals Liebe schenken! Der Staat kann Familie niemals ersetzen.
Bayernkurier: Langzeitstudien belegen, dass Kindern, die zwischen 0 und 3 Jahren – und um die geht es ja in der ganzen Debatte – nicht von festen Bezugspersonen wie Eltern oder Großeltern, sondern von wechselnden Betreuern in Kinderkrippen erzogen wurden, später das psychologisch wichtige Grundvertrauen fehlt und sie stärker zu Depression und Suizid neigen. Ignorieren die staatsgläubigen Ideologen diese Erkenntnisse?
Haderthauer: Ja, weil sie nicht vom Menschen her, sondern vom System her denken. Im Mittelpunkt sollten das Kind und die individuelle Familiensituation stehen. Die Betreuungsform ist zweitrangig, wenn Eltern achtsam auf ihr Kind schauen. Meist ist das ja auch ein fließender Übergang: Wer das Einjährige lieber noch zuhause betreuen will, stellt eventuell ein paar Monate später fest, dass es gut mit einer Betreuung in der Krippe zurechtkommt. Damit Wahlfreiheit gegeben ist, nehmen wir hier in Bayern für den bedarfsgerechten Krippenplatzausbau und die Qualität so viel Geld in die Hand wie kein anderes Bundesland. Mittlerweile befinden sich die meisten bayerischen Kommunen auf der Zielgerade und werden 2013 den Bedarf abdecken können.
Bayernkurier: Die CSU betont als einzige Partei, sie wolle unbedingt die Wahlfreiheit der Eltern erhalten. Was heißt das?
Haderthauer: Die CSU will allen jungen Eltern helfen, nicht nur dem Drittel, das die Betreuungsform Krippe wählt. Denn egal wie, die Betreuung eines Einjährigen kostet Geld: Entweder weil man auf eigenen Verdienst verzichtet oder weil man jemanden dafür bezahlt. Wenn der Staat Eltern von Ein- und Zweijährigen in dieser Situation helfen will – und das hat die große Koalition 2007 beschlossen – dann bitte allen.
Bayernkurier: Selbst wenn man sich einig ist, dass es das beste für die Kleinkinder ist, wenn sie bei ihren Eltern oder Großeltern sind – bleibt doch die Frage, ob dies tatsächlich durch eine erneute Zuwendung des Staates wie das Betreuungsgeld untermauert werden muss. Muss es?
Haderthauer: Ja! Unbedingt! Alles andere würde gegen das Gleichheitsgebot der Verfassung verstoßen. Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz wäre ohne eine Entsprechung für Eltern, die diesen nicht brauchen, verfassungswidrig. Deshalb haben wir damals mit dem Rechtsanspruch auf den Krippenplatz auch das Betreuungsgeld gesetzlich verankern lassen. Das ist wie bei der Pflege: Die einen wählen die Sachleistung der Einrichtung, die anderen erbringen oder organisieren die Leistung selbst und erhalten eine Geldleistung. Die Sachleistung Krippenplatz im Wert von 1000 Euro monatlich können ja alle Eltern in Anspruch nehmen – ohne Rücksicht auf ihr Einkommen, vom Chefarzt bis zum Hartz-IV-Empfänger. Wer damit nichts anfangen kann, muss seinen Anspruch auf staatliche Hilfe für die Betreuung anders einlösen können. Der Bargeldanspruch in Form eines Betreuungsgeldes von 150 Euro ist da ohnehin nur ein Zuschuss. Wem das zu teuer ist, der muss auch den Krippenausbau einstellen.
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