28.03.12

Pflegemutter erneut verurteilt - Brüder menschenverachtend behandelt

Das Bonner Landgericht hat der 46-jährigen Erzieherin keinen Glauben geschenkt: 

Sie wurde erneut wegen Misshandlung, Körperverletzung und Nötigung zu anderthalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz.

BONN/KÖNIGSWINTER -  
Die Pflegemutter verließ den Gerichtssaal am Montag mit schleppenden Schritten. Gestützt wurde sie von ihrem Ehemann und einer ihrer Stieftöchter. Die beiden Familienmitglieder scheinen die Einzigen zu sein, die der 46-jährigen Erzieherin noch glauben. Das Bonner Landgericht jedenfalls hat gestern die "Wahrheit" der Angeklagten als Schutzbehauptung eingeordnet - und sie erneut wegen Misshandlung, Körperverletzung und Nötigung zu anderthalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz, gegen das die Frau vorgegangen war. Als Bewährungsauflage muss die ehemalige Pflegemutter 7500 Euro Schmerzensgeld zahlen.


Das Verhalten der Angeklagten gegenüber den beiden Brüdern, die sie und ihr Ehemann 2001 in ihre Patchwork-Familie aufgenommen hatten, sei "menschenverachtend" gewesen, hieß es im Urteil. Die beiden Halbwaisen - damals sieben und neun Jahre alt - wurden aus der Familie ausgeschlossen, mussten Berichte über ihr "Fehlverhalten" schreiben oder zur Strafe 1000 Kniebeugen machen.

Zwei Tage und zwei Nächte musste der damals Elfjährige nach Überzeugung des Gerichts in einer zwei Quadratmeter kleinen Gäste-Toilette ohne Fenster verbringen, bis er die Autorität der Pflegeeltern schriftlich anerkannte. Darüber hinaus war es zu Ohrfeigen, Würgen bis zur Bewusstlosigkeit und auch zum so genannten Begrenzen gekommen: Durch einen Polizeigriff wurden die Kinder gefügig gemacht; dabei wurde dem Älteren ein Arm gebrochen.






Die Angeklagte hat erneut alle Vorwürfe bestritten. In ihrer Wahrnehmung sind die beiden Brüder "Lügner". Der Prozess gegen sie sei ein Rachefeldzug der Pflegekinder, weil man sich nach fast fünf Jahren - Ende 2006 - von ihnen getrennt hatte. Damals schrieben die Pflegeeltern in einem abschließenden Entwicklungsbericht einen vernichtenden Verriss über die Kinder-Persönlichkeiten. Sie seien "narzisstisch gestört, größenwahnsinnig und renitent" und in kein soziales Gefüge einzuordnen.

Aber all diese Behauptungen der Pflegemutter wurden auch im zweiten Prozess widerlegt. Die Aussage vor allem des älteren, heute 19 Jahre alten Bruders sei ausgesprochen glaubwürdig und ohne Belastungstendenz, fand das Gericht. Fünfmal bereits hat er seine Geschichte - bei der Polizei, bei der Sachverständigen, zweimal jetzt auch in den Prozessen - erzählt. Die Schilderungen seien "jedes Mal sachlicher" geworden. Es gäbe keinerlei Hinweise auf zusätzliche Dramatisierungen. Auch, so hieß es im Urteil, habe der 19-Jährige keineswegs die Pflegeeltern pauschal der Misshandlung bezichtigt. Als Zeuge hatte er betont, dass er "vor allem Angst hatte, mit ihr allein zu sein." Wenn der Pflegevater da war, der ebenfalls als Erzieher in einem Heim arbeitet, sei "so was nicht passiert".

Auch das Kölner Kinderheim wunderte sich.
Es hatte nach den Berichten der Pflegeeltern mit "zwei Monstern" gerechnet. Tatsächlich kamen in dem Heim zwei verängstigte Kinder an.


Von Ulrike Schödel, 27.03.12 Kölnische Rundschau

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